Im 12. und 13. Jahrhundert begann die Zeit der Städte. Sie nahm ihren Ausgang entlang der Ostsee zwischen Lübeck und Schleswig. Im Inneren des Landes entstanden die Städte weitaus später. Die Ausnahme bildete Rendsburg. Grund dafür war seine Lage. Der Ort wuchs auf einer Insel in der Eider. Sie lag günstig am zentralen Kreuzungspunkt des Flusses mit dem Wegesystem durch die jütische Halbinsel, das später als Ochsenweg bezeichnet wurde. Schon ehe sich die Ansiedler niederließen, gab es am Nordende der Insel eine befestigte Anlage, die Reinoldsburg. Wohl schon seit Anfang des 11. Jahrhunderts war der strategisch wichtige Platz befestigt worden. Einer der ersten Burgherren war ein Ritter Reinold. Sein Name verknüpfte sich mit dem seiner Burg und gab, verkürzt auf Rendsburg, schließlich der Siedlung, die um sie herum wuchs, ihren Namen. Erstmals erwähnt wurde sie, als der Graf von Holstein, der Schauenburger Adolf III.(*1160-1225†), 1199 ihren Wiederaufbau begann. Vollendet wurde er ein Jahr später vom aus dem Norden vorrückenden dänischen König Waldemar II. (*1170/1202-1241†). Aus dem Ort wurde schnell eine Stadt. Auch wenn darüber keine Urkunde vorliegt, kann davon ausgegangen werden, dass Rendsburg von etwa 1235 an Stadtrecht (Edward Hoop) genoss. Seit Mitte des 13. Jahrhunderts gehörte die Stadt wieder zur Grafschaft Holstein, die unter den Schauenburgern aufgeteilt war. Markantester Vertreter der Rendsburger Line war Gerhard III.(*um1293-1340†), der in der Stadt als „de groote Geert“ verehrt wurde. Er brachte nicht nur das Herzogtum Schleswig unter seine Herrschaft, sondern in einer Schwächeperiode des dänischen Königtums gelang es ihm auch, ganz Dänemark zu unterwerfen. Für die Dänen wurde er zu einem Ausbeuter und Unterdrücker. 1340 schließlich fiel er in Randers einem Attentat zum Opfer. In seinen Anfängen war Rendsburg Grenzstadt der Grafschaft Holstein zum Herzogtum Schleswig. Diese Funktion verlor Rendsburg mit dem Privileg von Ripen, das den dänischen König Christian I. zum Landesherrn über beide Landesteile machte.
Handelstadt
Bis 1669 blieb Rendsburg vor allem eine Handelsstadt. Auf ihrem Markt wurden Holz und Getreide aus der Umgebung verkauft und eiderabwärts ausgeführt. Auch hatte die Stadt einen kleinen Anteil am Warenstrom, der aus dem Ostseeraum in die bevölkerungsreichen Niederlande ging. Er kam über Land vom Hafen in Eckernförde und ging per Schiff eiderabwärts zur Nordsee. In diese Zeit fällt auch der Landtag von 1542. Mit ihm wurde die Reformation in den Herzogtümern abgeschlossen. Ein Jahr zuvor war der Wall um die Stadt vollendet worden. Christian III. (*1503/1534-1559†) ließ ihn bauen, um sich in Zeiten der Unruhe und von Thronstreitigkeiten gegen Angriffe aus dem Süden zu schützen. In der Zeit des Dreißigjährigen Krieges wurde Rendsburg immer wieder das Ziel von Angriffen. So im Kaiserlichen Krieg, als Wallensteins Truppen die Stadt für zwei Jahre besetzten. Die katholischen kaiserlichen Truppen befreiten 1644 die protestantische Stadt im Schwedisch-Dänischen Krieg jedoch von den protestantisch schwedischen Besatzern. 1645 belagerten die Schweden erneut Rendsburg. Fünf Monate wurde die Stadt gehalten. Vor ihrer Kapitulation endete der Krieg. Die Schweden zogen ab. Doch Rendsburg war weitgehend zerstört, und es war klar, dass die Wallanlagen nicht mehr reichten, um den strategisch wichtigen Ort am Eiderübergang zu schützen.
Festungstadt
1669 begann so für Rendsburg die zweite Phase seiner Geschichte. Der dänische König ließ die Handelsstadt planmäßig zur stärksten Festung in den Herzogtümern ausbauen. Sie sollte das Königreich vor Überfällen aus dem Süden schützen. Zunächst wurden nur die bestehenden Wälle auf der Eiderinsel verstärkt. Doch schon während der Bauarbeiten zeigte sich, dass die Anlage nicht auf der Höhe der Festungsbaukunst ihrer Zeit war. Zwischen 1690 und 1695 wurden auf dem Süd- und dem Nordufer der Eider halbkreisförmige Anlagen errichtet, das Kron- und das Neuwerk. Das südlich der Altstadt gelegene „Neuwerk“ war so groß, dass sein Innenraum Platz für einen neuen Stadtteil bot. Um ihn mit Leben zu erfüllen, lud Christian V. (*1646/1670-1699†) Juden ein, sich im Neuwerk (und nur dort) anzusiedeln. Er lockte mit Privilegien, die Rendsburg neben Glückstadt und Friedrichstadt zur dritten „Toleranzstadt“ in den Herzogtümern machte. Auch wenn Vorrechte wie der Handel auch mit neuen Gütern bald bestritten wurden, entwickelte sich das Neuwerk zu einem Zentrum jüdischen Lebens. Mit seinem barocken Charakter und den aus der Mitte radial auf die Bastionen zulaufenden Straßen hob sich das Neuwerk deutlich von der Altstadt ab. Rund um den Paradeplatz ist die Anlage von damals noch heute klar erkennbar. Waffenarsenal, Provianthaus und K sind – wie fast das gesamte Ensemble – erhalten. In der Zeit der schleswig-holsteinischen Erhebung gegen Dänemark 1848 bis 1851 spielte Rendsburg eine zentrale Rolle. Die Festung war Basis für militärische Aktionen, und die Stadt wurde für einige Monate zum Sitz der Provisorischen Regierung. Der Traum eines unabhängigen „Schleswigholstein“ endete mit der militärischen Niederlage bei Idstedt. Die alten Rechte des dänischen Gesamtstaates wurden wiederhergestellt. 1852 kam aus Kopenhagen der Befehl, die Festungswerke abzubrechen. Allerdings blieb Rendsburg bis vor wenigen Jahren Garnision.
Kanalstadt
Mit der Inbetriebnahme des Nord-Ostsee-Kanals begann die vorerst letzte Phase der Rendsburger Stadtgeschichte. Der neue Kanal war Nachfolger des 1784 vollendeten Schleswig-Holsteinischen Canals. Rendsburg bildete zwar den Übergang von der von Tönning genutzten schiffbaren Eider in die 34 Kanalkilometer bis nach Holtenau und war Zoll- und Stapelplatz, doch brachte er der Stadt kaum Vorteile. Es fehlte an Unternehmen, die Vorteil aus dem Handel zwischen den Meeren hätten ziehen können. Die Festungszeit hatte zu eem Niedergang der Wirtschaft geführt. Zudem blieb der Kanal Wasserstraße für die kleine Küstenfahrt. Als die Dänen 1853 anordneten ihn in Eiderkanal umzubenennen, passierte das, weil nach der Erhebung der Begriff „Schleswig-Holstein getilgt werden sollte. Es spiegelte jedoch auch, dass der einst größte Kanal Europas zu einer regionalen Wasserstraße geworden war. Mit der Eröffnung des Kaiser-Wilhelm-Kanals änderte sich die Situation. Rendsburg nahm den lange ersehnten Aufschwung. Wie eine Brücke zur Welt sollte die Koloniale Frauenschule wirken in der nach Ende des deutschen Kolonialbesitzes von 1927 bis 1945 junge Frauen für ein Leben in Übersee ausgebildet wurden.
Rendsburg in der Gegenwart
Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden 10.000 Flüchtlinge und Vertriebene in Rendsburg eine neue Heimat. Sie trugen wesentlich zum Wachstum der Stadt bei, die heute knapp 30.000 Einwohner hat. Rendsburg ist Kreisstadt (Landkreise) und wirtschaftlicher und kultureller Mittelpunkt für fünf Umlandgemeinden. In ihnen und der Stadt leben etwa 50.000 Menschen. Wie schon in den Anfangszeiten kreuzen sich hier wichtige Verkehrswege. Wahrzeichen der Stadt ist so die 1913 gebaute, 2,5 Kilometer lange Eisenbahnhochbrücke mit ihrer Schwebefähre, die den 200 Meter breiten Kanal überspannt. In Ihrem Schatten liegt auch der Kreishafen, der einzige Tiefwasserhafen im schleswig-holsteinischen Binnenland. Die Autobahnen 210 und A 7 laufen bei Rendsburg zusammen, seit dem Abbau der Drehbrücke Anfang der 1960er Jahre wird die B 202 durch einen Tunnel (eingeweiht 1961) unter dem Kanal und zuletzt über viele Jahre saniert hindurchgeführt. Von 1969 bis 1972 entstand für die A 7 die vierspurige Rader Hochbrücke. Sie ist mit 1.498 Metern die zweitlängste Straßenbrücke in Deutschland. Inzwischen gilt sie als marode und dem Verkehr nicht mehr gewachsen. 2014 begannen so die Planungen für die parallel entstehende neue Rader Hochbrücke. Seit April 2023 wird an der nun sechsspurigen Brücke gebaut, die 2029 fertig sein soll. Mit einen zusätzlichen Fußgängertunnel gibt es in um um Rendsburg damit vier Kanalquerungen. Die Stadt liegt in der geographischen Mitte Schleswig-Holsteins und ist deshalb ein beliebter Tagungsort. Die Stadt gilt auch als die „Bauernhauptstadt“. Diesen Ruf bekam sie in erster Linie durch die Landwirtschaftsausstellung NORLA und als Sitz des Bauernverbands („Grüner Kreml“).
-ju- (0702/0603 /0721/0824)
Tipps: Neuwerk und Altstadt sind einen lohnenswertes Ausflugsziel. Auf dem Neuwerk bietet das Städtische Museum im Arsenal einen Einblick in die Entwicklung der Stadt. Mehr Informationen gibt es unter www.rendsburg.de
Quellen: Edward Hoop, Geschichte der Stadt Rendsburg, Rendsburg, 1989, Verlag Heinrich Möller Söhne; Edward Hoop, Geschichte der Stadt Rendsburg, Band 2, Rendsburg, 2000, Verlag der Buchhandlung Reichel
Bildquellen: Wappen: Stadt Rendsburg; Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein, LDSH, www.denkmal.schleswig-holstein.de; WappenLAS