Bauer, Müller und Bäcker – Das Eindruckblatt vom Ende des 15. Jahrhunderts zeigt eindringlich, das die Müllerei das einzige Gewerbe war, das seit dem Mittelalter über eine Maschine verfügte
Bauer, Müller und Bäcker – Das Eindruckblatt vom Ende des 15. Jahrhunderts zeigt eindringlich, das die Müllerei das einzige Gewerbe war, das seit dem Mittelalter über eine Maschine verfügte

Mühlen prägen Landschaften. Um gut im Wind zu stehen, beanspruchten sie bis weit in die Zeit der Industrialisierung hinein die höchsten Plätze auf dem Land und in der Stadt. Im kornreichen Land nördlich der Elbe soll es nach dem deutsch-französischen Krieg 1871 an die 1.200 Windmühlen gegeben haben. Doch es war eine Scheinblüte. Wie auch bei Pferden kündigte sich das Ende der Ära der Windmüllerei mit einem kurzen, heftigen Boom an. Nur knapp 200 Jahre dauerte in Schleswig-Holstein die Zeit der Holländermühlen. Sie konnten sich nach dem ersten Weltkrieg nur noch mit Mühe und neuen Produkten gegen Industriemühlen mit ihren Quetsch- und Walzenwerken halten.

Die erste Fabrik

Ein steinzeitlicher Mahltrog: Die Getreidekörner werden auf die Fläche des größeren Steines (meist Granit oder Quarz) gegeben und dann mit einem runden oder ebenen härteren Stein (meist Feuerstein oder Trachyt) zerquetscht oder zerrieben.
Ein steinzeitlicher Mahltrog: Die Getreidekörner werden auf die Fläche des größeren Steines (meist Granit oder Quarz) gegeben und dann mit einem runden oder ebenen härteren Stein (meist Feuerstein oder Trachyt) zerquetscht oder zerrieben.

Die Anfänge sind bescheiden. Um den Mehlkörper von den für Menschen unverdaulichen Frucht- und Samenschalen zu trennen, wurden die Getreidekörner per Hand zwischen Steinen zerrieben oder in Mörsern zerstoßen. Mahlen war – wie backen – Hausarbeit. Das änderte sich erst, als die Menschen begannen, die Kräfte von Wasser und Wind zum Mahlen einzusetzen. Der Aufwand für und die Effizienz der neuen Maschinen war so groß, dass sie das Korn vieler Bauern verarbeiten konnte und musste. Die Mühle war damit die wohl erste Lebensmittelfabrik.

Wasser treibt wenig …

Querschnitt durch eine oberschlächtige Wassermühle aus Böcklers „Schauplatz der mechanischen Künste“ von 1661
Querschnitt durch eine oberschlächtige Wassermühle aus Böcklers „Schauplatz der mechanischen Künste“ von 1661

Der flache Norden ist zwar reich an Wasser aber arm an Gefälle. Deshalb mussten häufig große Mühlteiche angelegt werden, um durch Aufstauen für eine ausreichende Fließgeschwindigkeit und oder Fallhöhe für den Betrieb einer Mühle zu sorgen. Deshalb blieb die Zahl der Wassermühlen nördlich der Elbe überschaubar. Bei den stehenden Wasserrädern (deren Achse also horizontal gelagert ist) wird zwischen unter-, mittel- oder oberschlächtigen Rädern unterschieden. Der Begriff ist von „schlägig“ abgeleitet, was in übertragenem Sinn „vom Wasser geschlagen“ meint.

… Wind mahlt viel

Die Süderholmer Bockmühle in Dithmarschen Anfang des 20. Jahrhunderts. Um 1909 wurde sie abgebrochen. Das Vorhaben, dort eine mit Dampfkraft betriebene Mühle einzurichten, wurde jedoch nie verwirklicht.
Die Süderholmer Bockmühle in Dithmarschen Anfang des 20. Jahrhunderts. Um 1909 wurde sie abgebrochen. Das Vorhaben, dort eine mit Dampfkraft betriebene Mühle einzurichten, wurde jedoch nie verwirklicht.

Im windreichen Küstenland dominierten die Windmühlen. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts herrschte der Typus der Bockmühle vor. Merkmal ist ihr kastenförmiger Bau mit quadratischem Grundriss. Mit dem bis zum Erdboden reichenden „Steert“ muss das ganze Gebäude um den senkrecht stehenden Hausbaum in den Wind gedreht werden. Im Erdboden sind im Radius des Steerts in regelmäßigen Abständen so genannte „Kroipfähle“ eingerammt. Mit der am unteren Ende des Steertes befestigten Steertwinde, einer hölzernen Winde mit Kettenzug, wird die Mühle von Pfahl zu Pfahl bewegt. Das Flügelkreuz besteht aus zwei Ruten: Der näher zum Gebäude liegenden Haus- und der äußeren Feldrute. Bockmühlen tragen meist Segelgatterflügel. Auf das gatterförmige Lattengestell, Hecken oder Heckerei genannt, werden die leinenen Segel gespannt.

Von der Bock- zur Turmmühle

Schnitt durch eine Bockmühle: Auf dem Bockgerüst und dem Hausbaum (rot) gelagert, wurde das gesamte Mühlenhaus (rosa) mit dem Steert in den Wind gedreht. Das Kammrad (gelb) war fest mit dem Getriebe des Mahlgangs verbunden (blau), der von unten gedreht wurde.
Schnitt durch eine Bockmühle: Auf dem Bockgerüst und dem Hausbaum (rot) gelagert, wurde das gesamte Mühlenhaus (rosa) mit dem Steert in den Wind gedreht. Das Kammrad (gelb) war fest mit dem Getriebe des Mahlgangs verbunden (blau), der von unten gedreht wurde.

Bockmühlen haben zwei Nachteile: Zum einen können in dem drehbaren Mühlenhaus höchsten zwei der schweren Mahlgänge untergebracht werden. Das bedeutet nicht nur, die Menge des Mahlgutes ist begrenzt: Es können in einer Mühle auch nur maximal zwei verschiedene Produkte hergestellt werden. Rutenspitzen, Haus, Getriebe, Mahlgänge sind trotzdem sehr schwer und ruhen unten nur in einem Punkt, dem „Sattel“, auf dem Bock. Deshalb wurden diese Mühlen bei Sturm immer wieder umgeweht. Die Aufgabe war also, eine Windmühle zu finden, die mehr leistete und stabiler war.

Die Königswelle

Skizze von Leonardo da Vinci für eine Turmmühle mit drehbarer Kappe.
Skizze von Leonardo da Vinci für eine Turmmühle mit drehbarer Kappe.

Standfester war eine Windmühle, wenn man darauf verzichtete, mit dem Flügelkreuz das gesamte Mühlenhaus zu drehen. So zeichnete schon Leonardo da Vinci einen Turm mit einer drehbaren Kappe. Doch wie sollte die Kraft der horizontalen drehenden Flügelachse auf die Mahlgänge übertragen werden? Die überlieferte Skizze da Vincis lässt dieses zentrale technische Problem offen. Gelöst wird es schließlich durch die „Königswelle“. Die leicht geneigte Achse der Flügel in der drehbaren Turmkappe gibt ihre Drehung über das große Kammrad weiter. Sie treibt nun nicht mehr direkt nur einen Mahlgang, sondern die senkrecht über drei Mühlenstockwerke reichende „Königswelle“. Im untersten, wo sie gelagert ist, dreht sich mit der Welle das große Stirnrad. Und dort können die Antriebswellen für die im Stockwerk darunter stehenden Mahlgänge eingekuppelt werden. Bis zu fünf verschiedene Mahlwerke von der Weizen- über den Schrot- bis hin zum Grützgang fanden nun Platz. Die neuen, überlegenen Mühlen mit ihrem typischen aus Fachwerk gebauten konischen Achtkant, kamen aus den Niederlanden und wurden deshalb „Holländermühlen“ genannt.

Der Siegeszug der Holländermühle

Nur noch die (grüne) Kappe der Holländermühle dreht. Das (gelbe) Kammrad kann über den gesamten Drehkreis seine Kraft auf die fest im Achtkant stehende (rote) Königswelle abgeben. An ihr großes Stirnrad lassen sich bis zu fünf von oben betriebene Mahlgänge(z.B. blau) einkuppeln. Mehl, Schrot oder Grütze werden im darunter liegenden Absackboden gesammelt (gelb).
Nur noch die (grüne) Kappe der Holländermühle dreht. Das (gelbe) Kammrad kann über den gesamten Drehkreis seine Kraft auf die fest im Achtkant stehende (rote) Königswelle abgeben. An ihr großes Stirnrad lassen sich bis zu fünf von oben betriebene Mahlgänge(z.B. blau) einkuppeln. Mehl, Schrot oder Grütze werden im darunter liegenden Absackboden gesammelt (gelb).

Sicherer, effektiver und vielseitiger als die alten Bockmühlen begannen die Holländermühlen im Norden im 18. Jahrhundert sich durchzusetzen. Bei den stabilen Achtkantständerbauten unterscheidet man in Erd-, Keller- sowie Zwickstell- oder (häufiger) Galerieholländer. Der Erdholländer ist ebenerdig gebaut. Der Kellerholländer ist von dem um ihn herum künstlich aufgeschütteten Mühlenberg und der Galerieholländer von einer hölzernen umlaufenden Galerie aus zu bedienen. Letztere Variante kam im Lauf des 19. Jahrhunderts oft in den immer enger bebauten Städten vor, um die Häuser überragende Höhen zu erreichen, damit der Wind weiterhin optimal ausgenutzt werden konnte. Bock- aber vor allem Holländermühlen wurden immer wieder versetzt und umgebaut. Gerade die Holländermühle mit ihrem zerlegbaren Achtkant war im Wortsinn eine Mobilie.

Windrose und Jalousie

Die vier Grundtypen: der flach auf dem Land stehende „Erdholländer“; der Steert des „Keller-„ oder „Bergholländer“ wird von einem künstlich ausgeworfenen Hügel aus bedient, beim „Gallerieholländer“ passiert das von einen auch „Zwickstell“ genannten umlaufenden Balkon aus und beim „Dach-„ oder „Unterbauten Holländer“ passiert dasselbe von den Dächern aus
Die vier Grundtypen: der flach auf dem Land stehende „Erdholländer“; der Steert des „Keller-„ oder „Bergholländer“ wird von einem künstlich ausgeworfenen Hügel aus bedient, beim „Gallerieholländer“ passiert das von einen auch „Zwickstell“ genannten umlaufenden Balkon aus und beim „Dach-„ oder „Unterbauten Holländer“ passiert dasselbe von den Dächern aus

Bereits in den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts waren Windrose und Jalousieflügel entwickelt worden. Beide Erfindungen werden dem Schotten Andrew Meikle zugeschrieben. An der Rückseite der Kappe, dem Dach der Mühle, auf einem Bock montiert, sorgte die sechs- bis acht-flügelige Windrose dafür, dass sich die Kappe mit den Flügeln automatisch in den Wind stellte. Das mühsame Drehen per Steert blieb den Müllern dadurch erspart. Auch das Kraft raubende Segelsetzen fiel weg. Stattdessen wurden Jalousieflügel mit beweglichen Klappen aus Pappelholz oder aus mit Öl und Farbe getränkten, in Drahtrahmen gespannten Segeltüchern verwendet. Das Öffnen und Schließen der Klappen erfolgte mittels einer Zugstange, die durch die Flügelwelle führt und das Gestänge der Klappen verbindet.

Der Mühlenzwang

Der Bau dieser ersten Nahrungsmittel-„Fabriken“ erforderte viel Kapital. Deshalb waren lange die Landesherren, Klöster oder Städte, die Besitzer der Mühlen. Sie verpachteten sie oder ließen sie durch Verwalter führen. Um die Baukosten zu decken und die Mühle instand zu halten, wurden die Einwohner eines bestimmten Gebietes von der Obrigkeit als so genannte Zwangsgäste verpflichtet. Sie mussten ihr Getreide auf einer ihnen zugewiesenen Mühle (Zwangsmühle) verarbeiten zu lassen. Als Lohn – als so genannte „Matte“ – erhielt der Müller einen Anteil (meistens ein sechzehntel) des Mahlgutes. Unter Umständen hatten die Mahlgäste daher weite Wege zurückzulegen. Einzig Dithmarschen nahm eine Sonderstellung ein, weil dort Mühlenfreiheit galt. Mühlenneubauten wurden dort deshalb aus privater Hand finanziert, wobei allerdings auch hier eine Abgabe zu leisten war. Mit der 1667 erlassenen Verordnung „Zur Verbesserung der königlichen Intraden“ wurde nämlich die Rekognition, auch Wind- oder Erkenntnisgeld genannte, jährliche Abgabe an die Obrigkeit erhoben.

Die Mühlenfreiheit

Die Hollingstedter Mühle von 1865 steht heute im Schleswig-Holsteinischen Freilichtmuseum in Molfsee bei Kiel
Die Hollingstedter Mühle von 1865 steht heute im Schleswig-Holsteinischen Freilichtmuseum in Molfsee bei Kiel

Im Herzogtum Schleswig wurde der Mühlenzwang 1853 aufgehoben, im Folgejahr in Holstein sowie Lauenburg. Damit wurde das Wirtschaften erleichtert und Investitionen in den technischen Fortschritt rechneten sich. Für Dithmarschen ergaben sich jedoch gravierende Nachteile. Grundsätzlich mussten Mühlenneubauten nun bei den zuständigen Behörden angemeldet werden, und zwar mit dem amtlichen Nachweis des Bedarfs. Entscheidender war allerdings die jährliche Abgabe von 25 Talern pro Mahlgang. Eine immense Teuerung, denn vorher waren in Süderdithmarschen zunächst 4 Taler, Mitte des 19. Jahrhunderts in der Regel 8 Taler zu zahlen. In Norderdithmarschen wurden die Zahlungen offensichtlich nach der Höhe der Einkünfte berechnet, die die Müller unter Eid angeben mussten. Der Konzessionszwang fiel erst Juni 1869, als für den gesamten Norddeutschen Bund, dem Schleswig-Holsteinein seit seiner Annexion durch Preußen 1867 angehörte, die Gewerbefreiheit gewährt wurde.

Pfingstmontag ist Mühlentag

Jedes Jahr am Pfingstmontag, dem Deutschen Mühlentag, werden bundesweit die Türen dieser technisch-kulturhistorischen Baudenkmäler für Besucher geöffnet. Von den rund 70 unter Denkmalschutz stehenden Wind- und Wassermühlen in Schleswig-Holstein nahmen seit dem ersten Mühlentag 1997 bis 2007 jährlich durchschnittlich 60 Mühlen teil. Ihren aufwändigen und kostenintensiven Erhalt nehmen eigenes für diesen Zweck gegründete örtliche Vereine, Nachkommen aus Müllerfamilien oder neue private Eigentümer mit viel Engagement auf sich. Im Norden wurde 1961 der „Verein zur Erhaltung der Wind- und Wassermühlen in Schleswig-Holstein und Hamburg“ gegründet. Auch auf Bundesebene sind die Freunde der Mühlen organisiert (www.muehlen-dgm-ev.de)

Vom Mühlenbauer …

Der Hennstedter Mühlenbaubetrieb Peter Hinrich Suhr Anfang des 20. Jahrhunderts. Der Firmeninhaber auf dem Stuhl ganz rechts im Bild. Die in Dithmarschen ansässige Mühlenbauerdynastie Suhr arbeitete in ganz Schleswig-Holstein.
Der Hennstedter Mühlenbaubetrieb Peter Hinrich Suhr Anfang des 20. Jahrhunderts. Der Firmeninhaber auf dem Stuhl ganz rechts im Bild. Die in Dithmarschen ansässige Mühlenbauerdynastie Suhr arbeitete in ganz Schleswig-Holstein.

Die Berufsbezeichnung „Mühlenbauer“ setzte sich erst spät durch. Sie kam auf, als sich das Zimmereihandwerks während der Industrialisierung im Lauf des 19. Jahrhunderts spezialisierte. Es dauerte jedoch bis zum Anfang des 20.Jahrhunderts, bis sich ein eigenständiger Berufsname durchgesetzt hatte. Viele Wartungsarbeiten und Reparaturen führten die Müller selbst aus. Ansonsten fielen Bau und Betreuung der Wasser- und Windmühlen lange in den Aufgabenbereich der Zimmerleute. Im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts waren Müller- und Zimmerhandwerk üblicherweise gekoppelt. Dies ging auch in die Ausbildung an den im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts gegründeten Müllerschulen ein. Bereits im 18. Jahrhundert wurden aufwändige Bauanleitungen, so genannte „Mühlenbaukünste“, veröffentlicht. Seit 1864 lehrte man an der Baugewerbeschule in Holzminden Mühlenbau. Dennoch etablierte sich erst Mitte des 19. Jahrhunderts die Bezeichnung „Mühlenzimmermann“. Sie blieb bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts gebräuchlich. Grund dafür war wohl, dass Schulen vieles handwerkliche nicht vermitteln konnten. Es wurde weiter von dem Vater auf den Sohn und vom Meister an die Lehrlinge und Gesellen weitergegeben. In Dithmarschen beispielsweise ist erst von Ende des 19. Jahrhunderts geborenen Zimmermeistersöhnen bekannt, dass sie an der Königlich-Preußischen Baugewerkeschule in Eckernförde lernten und sich danach „Mühlenbauer“ nannten.

… zum Maschinenbauer

Mit der Industrialisierung musste ein Mühlenbauer mehr wissen als die Zimmerleute bisher für den Bau von Bock- und Wassermühlen benötigt hatten. Die Bockmühlen waren nun endgültig durch die Holländermühlen mit drehbarer Kappe verdrängt worden. Die blieben von Wind abhängig. Um im Wettbewerb mit den aufkommenden Industriemühlen bestehen zu können, erhielten die Windmühlen „Flautenschieber“. Dampfmaschinen, später Motoren trieben über lange Lederriemen über die Königswelle die Mahlgänge. Es war also nicht mehr allein der Mühlenbau im klassischen Sinn gefragt, sondern zusätzlich das Know-how des Maschinenbaus. Die Hilfsantriebe waren nur ein Übergang.

Mühlensterben

1873 erfand der Schweizer Friedrich Wegmann den „Walzenstuhl“. Gegeneinander laufende Zylinder quetschen nun das Korn. Die Technik löst die Mühlsteine ab, die zwischen Boden- und Läuferstein das Mahlgut schnitten.
1873 erfand der Schweizer Friedrich Wegmann den „Walzenstuhl“. Gegeneinander laufende Zylinder quetschen nun das Korn. Die Technik löst die Mühlsteine ab, die zwischen Boden- und Läuferstein das Mahlgut schnitten.

Der Aufwärtstrend des Mühlenwesens hielt sich bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Viele Kleinmühlenbetriebe versuchten, zum Beispiel mit der Anschaffung von Walzenstühlen und Schlagmühlen, sich gegen die konkurrierenden Industriemühlen zu behaupten. Doch die Qualität des industriell produzierten Mehls entsprach den gestiegenen Kundenansprüchen in deutlich besserer Weise. Ein bis in das erste Drittel des 20. Jahrhunderts stabiler Erwerbszweig der Kleinmühlenbetriebe blieb das Mahlen von Futterschrot. Mit der fortschreitenden Elektrifizierung schafften sich aber die meisten Landwirte eigene Schrotmühlen an, so dass auch diese Produktion einbrach. Eine kurze Blütezeit erlebten die Kleinmühlenbetriebe in den Notzeiten nach dem Zweiten Weltkrieg. Diese Phase dauerte jedoch nur bis zu Beginn der 1950er Jahre. Mit dem am 27. Juni 1957 verabschiedeten Mühlengesetz sollte die Mühlenwirtschaft auf ein volkswirtschaftliches vertretbares Maß reguliert werden. Das damals einsetzende „Mühlensterben“ ging auf die gleichfalls gesetzlich verankerte Stilllegungsprämie zurück. Zahlreiche Mühlenbetreiber sahen das als einen Ausweg aus ihrer wirtschaftlichen Zwangslage. Die kleinen Mühlenbetriebe waren nicht mehr in der Lage, soviel zu erwirtschaften, dass sie instand gehalten werden konnten und den Müller ernährten. Die Prämie bekam nur, wer nachweisen konnte, dass die Mühle nicht mehr produzieren konnte. Auch wenn in der Folge oft noch das Mühlengebäude stehen blieb, so gingen meist die Mahleinrichtungen deshalb durch Demontage verloren.

Sandra Scherreiks (TdM 0807/0521/0721)

Literatur: Hans-Peter Petersen/Sandra Scherreiks, Mühlengeschichte Dithmarschens, 2006, Heide; Friedrich Drube, Mühlen in Schleswig-Holstein, 1935, Kiel; Uwe Karstens, Wind, Korn und Wasser. Von Müllern und Mühlenbauern im Kreis Plön, 1990, Großbarkau; Uwe Karstens, Der Mühlenbaumeister. Versuch einer Begriffsbestimmung, in: Mühlen + Menschen. 40 Jahre Mühlenerhaltung in Schleswig-Holstein und Hamburg, hrsg. Verein zur Erhaltung der Wind- und Wassermühlen in Schleswig-Holstein und Hamburg e.V., 2000, Großbarkau, S. 46-52; Mühlen + Menschen. 40 Jahre Mühlenerhaltung in Schleswig-Holstein und Hamburg, hrsg. Verein zur Erhaltung der Wind- und Wassermühlen in Schleswig-Holstein und Hamburg e.V., 2000, Großbarkau;; Franz Scheuch, Vom Getreide zum Brot. Fachliche Abhandlung über das Wissenswerteste der Mehl- und Brotbereitung in einer vollständig neuen Bearbeitung unter Mitarbeit im bäckerei-fachtechnischen Teil von erfahrenen Fachleuten, 1951, Feldkirch; Taschenbuch des Müllers, 8. Ausg., hrsg. MIAG, Mühlenbau und Industrie A.G., 1927, Braunschweig.

Bildquellen: Vignette: Foto Werner Junge; Bauer-Müller-Bäcker: Einblattdruck von P.Wagner 1453 bis 1500 aus „Glück zu“, Dithmarscher Pressedienst 1981, Heide; Mahltrog im Heimatmuseum Hohenwestedt: Foto Sandra Scherreiks; Wassermühle aus Böklers „Schauplatz der mechanischen Künste“ 1661; Süderholmer Bockmühle: Mühlenarchiv des Vereins für Dithmarscher Landeskunde e.V.; Schnitt Bockmühle: nachkolorierte Zeichnung von Ludwig Meyer aus „Mühlen in Schleswig—Holstein“, Heide, 1969, Boyens; Skizze da Vinci: Reproduktion des Landesamtes für Denkmalpflege; Plan Holländermühle: nachkolorierte Zeichnung von Horst von Bassewitz aus „Glück zu“, Dithmarscher Pressedienst 1961, Heide; Typen: nachkolorierte Zeichnung von Gerald P. Parkinson aus „Glück zu“, Dithmarscher Pressedienst 1961, Heide; Hollingstedter Mühle: Foto Werner Junge Mühlenbaubetrieb Peter Hinrich Suhr – Mühlenarchiv des Vereins für Dithmarscher Landeskunde e.V.; Kopie Bauzeichnung – Mühlenarchiv des Vereins für Dithmarscher Landeskunde e.V.