Ausschnitt aus einer Stadtansicht: Kloster und Klosterkirche von Segeberg um 1594
Ausschnitt aus einer Stadtansicht: Kloster und Klosterkirche von Segeberg um 1594

Das christliche Mönchtum hatte bereits eine nahezu tausendjährige Geschichte hinter sich, als im 12. Jahrhundert die ersten Klöster nördlich der Elbe entstanden. Zwischen Hamburg und Lübeck bis hoch zur Königsau gab es rund 50 Klöster verschiedener Orden beziehungsweise klosterähnliche Institute. Sie waren späte Ableger einer südlich der Elbe entwickelten Glaubenskultur, die übernommen wurde und im Norden keine besonderen Impulse erfuhr. Den Anfang machten die Benediktiner, ihnen folgten erst dies Zisterzienser, dann die Bettelorden und weitere Gemeinschaften. Die Zeit der Klöster endete im Norden im 16. Jahrhundert mit der Reformation. Nur vier Häuser auf dem Gebiet des heutigen Schleswig-Holstein wurden als Damenstifte weitergeführt. So erinnern uns heute vor allem Baudenkmäler an die Zeit, in der Nonnen und Mönche auch hierzulande ein fester Teil der Bevölkerung waren.

Die Wurzeln des Mönchtums

Das Schreiben gehörte zu den typischen Tätigkeiten der Mönche. Abbildung eines Benediktiners aus einer verlorenen Notkerhandschrift
Das Schreiben gehörte zu den typischen Tätigkeiten der Mönche. Abbildung eines Benediktiners aus einer verlorenen Notkerhandschrift

Zu Beginn des 4. Jahrhunderts stellte der Bischof, Theologe und Kirchenhistoriker Eusebius von Caesarea (gestorben 339) fest, dass sich innerhalb der christlichen Kirche eine eigenständige mönchische Lebensform herausgebildet habe. Diese “führt über die Natur hinaus, hat nichts zu tun mit der gewohnten und normalen Lebensweise. Sie gestattet die Ehe nicht noch das Zeugen von Kindern. Den Erwerb von Eigentum duldet sie nicht. Sie verwandelt die Lebensgewohnheiten der Menschen von Grund auf und macht, dass sie, von himmlischer Liebe angespornt, nur noch Gott dienen. Diejenigen, die sich zu dieser Art von Leben bekehrt haben, sind für die hergebrachte Lebensweise wie abgestorben und leben nur noch mit dem Körper auf der Erde, da ihre Seele auf geheimnisvolle Weise schon in den Himmel eingegangen ist”. Eusebius schildert in idealisierter Form Züge des christlichen Mönchtums, die es bis heute ganz wesentlich prägen: Askese, Armut und Abkehr von der “Welt”. Jesus war zwar kein Asket, aber sein Leben wies asketische Züge auf und wurde schon im frühen Christentum asketisch gedeutet. Seit der Mitte des 3. Jahrhunderts suchten Einsiedler in der Nachfolge Christi die Askese außerhalb der christlichen Gemeinden. Am bekanntesten sind die ägyptischen Eremiten, die zunächst weitgehend allein lebten. Das Wort “Mönch” leitet sich auch von griechisch “monachos” ab und bedeutet: “der, der allein oder einzigartig lebt”. Bald aber entstand ebenfalls in Ägypten unter Pachomius (ca. 290 – 346/7) das koinobitische Mönchtum (von griechisch “koinos bios” für “gemeinsames Leben”), das sich auf lange Sicht als die eigentlich mönchische Lebensform durchsetzen sollte. Im Abendland dominierte das Koinobitentum gleichfalls die Entwicklung des Mönchtums. Früh entstanden hier auch Frauenkonvente.

Beten und arbeiten

St. Johannis in Schleswig: die einzige noch erhaltene Klosteranlage in Schleswig-Holstein: Im Zentrum der Kreuzgang, oben die Kirche, unterhalb des westlichen Eingangs der Kapitelsaal, unten rechts der Speisesaal - das Refektorium, an der linken unteren Seite das Amtshaus, rund um den Kreuzgang die Schlafräume - das Dormitorium
St. Johannis in Schleswig: die einzige noch erhaltene Klosteranlage in Schleswig-Holstein: Im Zentrum der Kreuzgang, oben die Kirche, unterhalb des westlichen Eingangs der Kapitelsaal, unten rechts der Speisesaal – das Refektorium, an der linken unteren Seite das Amtshaus, rund um den Kreuzgang die Schlafräume – das Dormitorium

Zunächst existierten viele verschiedene Lebensformen mit eigenen Regeln nebeneinander. Erst zu Beginn des 9. Jahrhunderts wurde unter Karl dem Großen (*747/768-814†) und Ludwig dem Frommen (*778/813-840†)die Regel Benedikts von Nursia (gestorben um 560) die allein gültige. Nach der Benediktregel sollen sich die Nonnen und Mönche “von allen weltlichen Angelegenheiten fern halten” und gemeinschaftlich beten und arbeiten (“ora et labora”). Der Tagesablauf im Kloster wird durch acht gemeinsame Gebetszeiten genau geregelt. Über die Einhaltung der Ordnung haben die Äbtissin oder der Abt, die mit umfangreichen Vollmachten ausgestattet sind, zu achten. Vom Anfang des 9. Jahrhunderts stammt der St. Galler Klosterplan, der als idealer Bauplan die Reform des Mönchtums auf der Grundlage der Benediktregel ergänzte. Nach diesem Plan steht im Zentrum einer jeden Klosteranlage die Kirche mit dem Klausurbereich (Kreuzgang mit den Wohngebäuden der Mönche beziehungsweise der Nonnen). Bis heute prägen diese Vorgaben die Klosterarchitektur und unser Bild davon, wie ein Kloster auszusehen hat.

Der Verfall der Regel Benedikts

Für mehrere Jahrhunderte bildete die Benediktregel die Grundlage des abendländischen Mönchtums. Aber es gelang den Mönchen und Nonnen nicht immer, sich “von allen weltlichen Angelegenheiten fern zu halten”. Dies lag nicht nur an den nahezu unerfüllbaren Auflagen der Regel Benedikts. Die Klöster wurden von Königen, Adligen und Bischöfen gegründet, die dafür häufig Gegenleistungen erwarteten. Unverheiratete Töchter wurden in Klöstern untergebracht. Laien wünschten immer wieder das Grab im Kloster und ließen dort für ihr Seelenheil beten. Große Konvente hatten Aufgaben für König und Reich zu erbringen, mussten mitunter Truppen stellen und den König und seinen Hof beherbergen, wurden zur Mission herangezogen usw. Für diese Dienste wurden die Klöster beschenkt und privilegiert, sie wurden reich und zu feudalen Grundherrn. So verfiel oft das strenge Klosterleben und wurde Kritik an den Zuständen in den Konventen laut. Deshalb kam es wiederholt zu Reformen, insbesondere durch die Cluniazenser im 10. Jahrhundert und die Zisterzienser im 12. Jahrhundert. Auf der Basis der Benediktregel entwickelte sich daher eine Vielzahl von Lebensweisen und Orden. In diesem Zusammenhang sind auch die Augustiner-Chorherren zu erwähnen, die zwar Weltgeistliche waren, aber im 11. und 12. Jahrhundert die Regel des heiligen Augustinus (354 -430) annahmen und in ähnlicher Weise wie die Mönche lebten. Diese Regel befolgten auch die Augustinerinnen.

Vorposten der Mission

Die ehemalige Franziskaner-Klosterkirche in Kiel
Die ehemalige Franziskaner-Klosterkirche in Kiel

Bis in das 8. Jahrhundert hinein blieben die Menschen nördlich der Elbe ihren paganen Religionen treu. Erst Karl der Große unterwarf Anfang des 9. Jahrhunderts die Holsten und begann die Christianisierung. Nördlich der Eider nahm der dänische König Harald Blauzahn (ca. *940 – 985†) um 965 das Christentum an. Bis es sich zwischen Nord- und Ostsee durchsetzte, dauerte es aber lange. Erst für das Ende des 11. Jahrhunderts ist nachgewiesen, dass die Friesen den neuen Glauben übernommen hatte. Die in Ostholstein (Wagrien) siedelnden slawischen Abodriten widersetzten sich mit Gewalt allen Versuchen, sie zum Christentum zu bekehren. So bestand das um 1043 gegründete Benediktinerkloster Ratzeburg nur gut zwei Jahrzehnte und wurde im Abodritenaufstand 1066 zerstört. Im 12. Jahrhundert wurden die Versuche verstärkt, das slawische Gebiet zu kolonialisieren und zu missionieren. Nun entstanden Klöster dauerhaft im noch dünn besiedelten und kirchenarmen Holstein auch als eine Art Vorposten in der Nähe des Limes Saxoniae, der Siedlungsgrenze zwischen Slawen und Franken: ca. 1127 wurde ein Augustiner-Chorherrenstift in Neumünster, 1134 ein weiteres in Segeberg gegründet.

Klöster der Augustiner, Benediktiner und Zisterzienser

Augustiner Chorherren
Neumünster ca. 1127
Segeberg 1134
Bordesholm ca. 1330
BenediktinerBenediktinerinnen
Ratzeburg um 1043
Schleswig um 1170
St. Michaelis
Seem Mitte 12. JahrhundertSeem Mitte 12. Jahrhundert
Lübeck 1177
St. Johannis
Preetz 1209/11
Cismar 1231-56Schleswig 1196- vor 1250
St.Johannis
Hemmingstedt 1503
ZisterzienserZisterzienserinnen
Lügumkloster 1171/73Reinbek 1229
Reinfeld 1186-1200 Itzehoe 1230er- vor 1256
Guldholm 1191Uetersen 1235-37
Rüde 1209/10Lübeck 1246
Harvestehude 1246

Landesherren als Klostergründer

Klöster am Ende des Mittelalters: Vierecke: Männerklöster, Gelbe Punkte: Frauenklöster, rote Punkte: Frauenklöster oder Stifte, die nach 1581 verblieben sind
Klöster am Ende des Mittelalters: Vierecke: Männerklöster, Gelbe Punkte: Frauenklöster, rote Punkte: Frauenklöster oder Stifte, die nach 1581 verblieben sind

Südlich der Eider entstanden Männer- und Frauenklöster erst nach der Eroberung und Christianisierung Wagriens (nach 1143) und mit dem Landesaubau im 12. und insbesondere im 13. Jahrhundert. Aber auch in dem sich herausbildenden Herzogtum Schleswig ließen sich die Benediktiner und Benediktinerinnen erst im 12. Jahrhundert nieder. Das älteste Zisterzienserkloster wurde 1171/73 in Lügum gegründet. Stifter der Klöster waren zunächst die Landesherren, so gründete wohl der dänische König das Michaeliskloster zu Schleswig. Der Schauenburger Graf Adolf IV. von Holstein (*1205-1261†) engagierte sich besonders für die Zisterzienser. Auf seine Initiative hin entstanden die Nonnenklöster des Ordens in Reinbek und Itzehoe. Seine Gattin Heilwig war Stifterin des Zisterzienserinnenkonvents in Harvestehude. Es gab jedoch auch bischöfliche (Seem, St. Johannis in Lübeck, Lügumkloster, Guldholm) und adlige Anlagen (Uetersen). Die eigentliche Aufgabe der Benediktiner und Zisterzienser waren Arbeit und Gebet abseits der Welt in der Nachfolge Christi. Ihre Klöster trugen jedoch in Ostholstein (Reinfeld, Preetz, Cismar) und in den Elbmarschen (Itzehoe) auch zum Landesausbau bei. Dieser Beitrag darf aber nicht überschätzt werden. Eine wesentliche Funktion der Nonnenklöster war es, die unverheirateten Töchter des Adels, der Ritterschaft, zu versorgen. Kurz nach der Mitte des 13. Jahrhunderts war die erste Phase der Klostergründungen in Schleswig-Holstein abgeschlossen. Vor allem auf dem Land war wie im übrigen Europa damit ein relativ dichtes Netz von Klöstern entstanden.

Die Bettelorden

Dominikanermönch auf der Kanzel: Das Wort Gottes in der Stadt zu verkünden, galt als eine der zentralen Aufgaben der Bettelmönche
Dominikanermönch auf der Kanzel: Das Wort Gottes in der Stadt zu verkünden, galt als eine der zentralen Aufgaben der Bettelmönche

Die Bettelorden entstanden zu Beginn des 13. Jahrhunderts. Mit ihnen orientierte sich das Mönchtum neu. Die Bettelorden beriefen sich nicht auf die Regel Benedikts. Sie strebten zwar ebenfalls nach Askese und Armut, radikalisierten jedoch das Armutsgebot: Nicht nur die Mönche, sondern auch die Klöster und Orden durften über keinen Besitz verfügen. Die Brüder sollten allein vom Betteln leben. Die neuen Orden suchten auch nicht mehr die Abgeschiedenheit, die Klausur, sie begaben sich in die “Welt”, ließen sich in den aufstrebenden Städten nieder, um unter den Bürgern zu predigen und seelsorgerisch zu wirken. Am bekanntesten sind die Dominikaner und Franziskaner mit ihren Ordensstiftern Dominikus von Guzman (*um 1170-1221†) und Franz von Assisi (*1182-1226†). Nördlich der Elbe gab es auf dem Gebiet des heutigen Schleswig-Holstein im 12. Jahrhundert nur drei Städte: Lübeck, Hamburg und Schleswig. Erst im 13. Jahrhundert kam es im Rahmen des Landesausbaus zu einem Urbanisierungsschub. Zwischen 1235 und 1300 wurden mehr als 20 Orte mit einem Stadtrecht bewidmet. Bald nachdem der Papst die Dominikaner (1216) und die Franziskaner (1223) als Orden anerkannt hatte, kamen sie nach Schleswig-Holstein. Bezeichnenderweise entstanden ihre ersten Niederlassungen in den ältesten und am weitesten entwickelten Städten, also in Lübeck und Hamburg. Ein Franziskanerkloster wurde 1494 in Husum gegründet. 1465 war der Ort zum Flecken aufgestiegen und wurde erst 1603 Stadt. Obwohl nur Flecken, war Husum ein bedeutender Handelsort und hatte nach Flensburg – auch ohne Stadtrecht – nördlich der Eider die meisten Einwohner. Die Anlage der Bettelordensniederlassung bestätigt den weit vorangeschrittenen Stadtwerdungsprozess des Hafenortes in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.

Franziskaner und Dominikaner in Schleswig-Holstein

FranziskanerDominikaner
  
Lübeck, St. Katharinen ca. 1225Lübeck, Burgkloster bald nach 1227
Schleswig 1234Schleswig 1239
Hamburg 1236-39Hamburg bald nach 1227
Tondern 1238Hadersleben 1240-53
Kiel bald nach 1242Meldorf vor 1319
Flensburg vor 1263
Husum 1494 
Lunden 1517 

Adolf IV. – vom Grafen zum Bettelbruder

Der Kupferstich aus " Westphalens Monumenta ineddita" zeigt Lebensstationen von Adolf IV.: Der Graf als Sieger von Bornhöved 1227 und seinen Tod als Mönch in Kiel 1261
Der Kupferstich aus “ Westphalens Monumenta ineddita“ zeigt Lebensstationen von Adolf IV.: Der Graf als Sieger von Bornhöved 1227 und seinen Tod als Mönch in Kiel 1261

Auf dem Lande hatte Graf Adolf IV. insbesondere die Zisterzienserinnen unterstützt. Er stiftete in den wichtigsten Städten seiner Grafschaft, in Hamburg und Kiel, jeweils ein franziskanisches Haus und gründete zudem in Hamburg ein Dominikanerkloster. Bekanntlich soll Adolf während der Schlacht von Bornhöved (1227) geschworen haben, Mönch zu werden, falls ihm und seinen norddeutschen Verbündeten der Sieg gegen den dänischen König Waldemar II. (*1170/1202 -1241†) zufallen sollte. Er siegte und konnte damit die Herrschaft in der Grafschaft Holstein übernehmen, auf die sein Vater 1201 hatte verzichten müssen. 1239 gab Adolf sein gräfliches Amt auf und trat dem Franziskanerorden bei. Zunächst lebte er im Hamburger Konvent. Nachdem das Kieler Kloster 1245/46 funktionsfähig geworden war, siedelte er in dieses über. Hier starb er 1261. Mit seinem Engagement für die Zisterzienser und die Bettelorden – dies waren die wichtigsten Reformorden des 12. und 13. Jahrhunderts – leistete Graf Adolf IV. einen wichtigen Beitrag zur Integration der Gebiete zwischen Nord- und Ostsee in das christliche Europa. Eine entsprechende Europäisierung Schleswig-Holsteins ist auch in anderen Bereichen gerade im 13. Jahrhundert zu beobachten.

Die „religiöse Frauenbewegung“

Das Kloster in Preetz ist bis heute als adliges Damenstift der schleswig-holsteinischen Ritterschaft erhalten
Das Kloster in Preetz ist bis heute als adliges Damenstift der schleswig-holsteinischen Ritterschaft erhalten

Während des 12. und 13. Jahrhunderts hatten die Zisterzienserinnen und die Nonnenkonvente der Bettelorden einen so starken Zulauf, dass in der Forschung von einer “religiösen Frauenbewegung” gesprochen wird. Im Unterschied zu der modernen Frauenbewegung hatte die des Mittelalters zwar durchaus emanzipatorische Züge, war aber vor allem religiös geprägt. Die Orden sahen sich bald außerstande, alle Frauen, die Nonne werden wollten, auch aufzunehmen. Daher begannen am Ende des 12. Jahrhunderts Frauen in Flandern, sich in Beginenkonventen zusammenzuschließen. Diese Konvente waren keine klösterlicher Gemeinschaften im engeren Sinne, denn die Beginen legten kein Gelübde ab, das sie zu dazu verpflichtete, für den Rest ihres Lebens innerhalb eines Konvents oder Ordens zu verbleiben. Die Beginen führten ein gemeinsames asketisches Leben, das aus Arbeit, Gebet und mystischer Versenkung bestand. Die Konvente wurde Heimat für unverheiratete Frauen und boten die Möglichkeit, ein selbstbestimmteres Leben zu führen, als dies in dieser Zeit in der Rolle einer Nonne, Ehefrau oder Dienstmagd möglich war. Mehrere Beginenkonvente sind seit 1255 in Hamburg und Lübeck überliefert, wobei das Haus in Hamburg von den Schauenburger Grafen gegründet wurde. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts fanden sich Anlagen der Beginen in Lübeck, Plön, Neustadt und Neumünster, die nach der Augustinusregel lebten und sich “Schwestern vom gemeinsamen Leben” nannten.

Beginen in Nordelbien

Hamburg 1255
Lübeck Johanniskonvent vor 1270
Lübeck Kranenkonvent vor 1284
Lübeck Krusenkonvent vor 1295
Lübeck Aegidienkonvent vor 1297
Lübeck Katharinenkonvent 1301-05
Hamburg vor 1303
Lübeck Segebergkonvent 1451
Neustadt Schwestern vom gemeinsamen Leben vor 1461
Plön Schwestern vom gemeinsamen Leben 1468-70
Hardersleben Franziskaner-Beginen 1494
Neumünster Schwestern vom gemeinsamen Leben 1498

Das Spätmittelalter

Nonnen bringen einen "geschwollen und foll" - also betrunkenen - Abt nach einem Zechgelage nach Hause. Der Holzschnitt ist ein Spottbild aus der Mitte des 15. Jahrhunderts in dem die verweltlichte Lebensart in den Klöstern karikiert wurde
Nonnen bringen einen „geschwollen und foll“ – also betrunkenen – Abt nach einem Zechgelage nach Hause. Der Holzschnitt ist ein Spottbild aus der Mitte des 15. Jahrhunderts in dem die verweltlichte Lebensart in den Klöstern karikiert wurde

Der Zeit des Spätmittelalters (14. und 15. Jahrhundert) fehlen die großen Reformbewegungen wie die der Zisterzienser und Bettelorden im 12. und 13. Jahrhundert. Aber der häufig erhobene Vorwurf, das Spätmittelalter sei unfähig zur Reform gewesen und habe damit der Einführung der Reformation Vorschub geleistet, trifft nicht zu. Gewiss, Missachtung der klösterlichen Regeln und ein Verfall der monastischen Lebensformen wurden insbesondere im 15. Jahrhundert beklagt. Es sind aber auch neue Orden entstanden und entwickelten sich Reforminitiativen in den bestehenden. Die neuen Orden breiteten sich allerdings nicht so weit aus wie die Zisterzienser oder die Bettelorden. In Schleswig-Holstein entstanden nur wenige neue Klöster: Mohrkirchen (Antoniter), Ahrensbök (Kartäuser), Kuddewörde (Hospitaliter vom Heilig-Geist-Ordenund das Lübecker St. Annenkloster (Augustinerinnen) gehörten zu Reformorden des 12. Jahrhunderts. In Marienwohlde gründeten Bischof Detlef von Ratzeburg und Herzog Erich V. von Sachsen-Lauenburg ein Birgittenkloster. Der Birgittenorden war die bedeutendste Neugründung eines Klosterverbundes im 14. Jahrhundert. Er geht zurück auf die schwedische Mystikerin und Visionärin Birgitta von Vadstena (*1301/03-1373†). Als Beispiele für Erneuerungsbewegungen der älteren Orden seien unter den Benediktinern die Bursfelder Kongregation (seit 1434) und die franziskanischen Observanten (seit etwa 1350) genannt. Die Bursfelder Reformbestrebungen erreichten in Schleswig-Holstein Cismar und Preetz, die Observanz wurde seit dem Ende des 15. Jahrhunderts in Lunden, Husum, Schleswig, Flensburg und Tondern eingeführt.

Spätmittellalterliche Kirchengründungen

MohrkirchAntoniter 1391
AhrensbökKartäuser 1397
MarinenwohldeBirgittenorden 1413
KuddewördeHospitaliter 1497
Lübeck, St. AnnenAugustinerinnen 1502-15

Die Reformation und das Ende der Klöster

Die ehemalige Klosterkirche in Segeberg ist steinerner Zeuge der Zeit der Klöster in Schleswig-Holstein
Die ehemalige Klosterkirche in Segeberg ist steinerner Zeuge der Zeit der Klöster in Schleswig-Holstein

Die Reformation beendete im Norden die Zeit der Klöster. Nach der Rechtfertigungs- und Gnadenlehre Martin Luthers (*1483-1546†) war nicht zu begründen, warum vor Gott eine besondere, die monastische Lebensform existieren sollte. Trotz der spätmittelalterlichen Reformen waren die Klöster nicht mehr zu retten. Zwischen 1527 und 1530 wurden zuerst die städtischen Bettelordensklöster aufgelöst. Nachdem sich in Schleswig-Holstein mit der neuen Kirchenordnung 1542 die Reformation durchgesetzt hatte, wurden bis 1581 auch alle Klöster auf dem Lande aufgelöst. Ihr Vermögen fiel an die Landesherren. Lediglich vier Frauenklöster blieben bestehen – bis heute: Die Benediktinerinnenklöster in Schleswig und Preetz sowie die Zisterzienserinnenkonvente in Itzehoe und Uetersen wurden in Adlige Damenstifte umgewandelt. Bis 1777 verrichteten die Stiftsdamen noch das gemeinsame Chorgebet, waren also gewissermaßen evangelische Nonnen. 1951 wurde wieder ein Kloster in Schleswig-Holstein gegründet, das katholische Benediktinerkloster in Nütschau. Von der einst reichen Klosterkultur zeugen neben den vier Damenstiften heute nur noch Klosterkirchen und erhaltene Teile der früheren Klostergebäude, wie etwa in Cismar, Lübeck (franziskanisches Katharinenkloster, Burgkloster der Dominikaner) oder Schleswig (Graues Kloster der Franziskaner, heute Rathaus) und die schöne Anlage in Lügumkloster (seit 1920 dänisch).

Thomas Hill (TdM 0803 / 0721/0723)

Literatur: Jens Ahlers, Oliver Auge, Katja Hillebrand (Hg.): Glauben-Wissen-Leben. Klöster in Schleswig-Holstein. Ausstellungsbegleitband, Kiel 2011; Oliver Auge, Katja Hillebrand (Hg.): Klöster, Stifte und Konvente nördlich der Elbe. Zum gegenwärtigen Stand der Klosterforschung in Schleswig-Holstein, Nordschleswig sowie den Hansestädten Lübeck und Hamburg, Neumünster 2013 (= Quellen und Forschungen zur Geschichte Schleswig-Holsteins, Bd. 120); Oliver Auge, Katja Hillebrand: Klöster in Schleswig-Holstein. Von den Anfängen bis zur Reformation, Kiel 2017; Oliver Auge, Katja Hillebrand (Hg.): Klosterbuch Schleswig-Holstein und Hamburg. Klöster, Stifte und Konvente von den Anfängen bis zur Reformation, 2 Bde., Regensburg 2019. 

Bildquellen: Segeberg: Kreisarchiv Plön; Schreibender Mönch: aus Leben im Mittelalter, Büchergilde Gutenberg 1986; Plan Schleswig: Richard Haupt; Kiel: Landesamt für Denkmalpflege; Übersicht: Entwurf Wolfgang Prange, Grafik von Erwin Raeth, aktualisiert 2003 nach Hill; Dominikaner: Niedersächsische Landesbibliothek Hannover; Preetz: Kreisarchiv Plön; Trunkener Abt: Graphische Sammlung Albertina, Wien aus Katalog: Martin Luther und die Reformation in Deutschland, 1983; Segeberg: Landesamt für Denkmalpflege