Trachten aus Dithmarschen auf einem kolorierten Kupferstich von Braun und Hogenberg
Trachten aus Dithmarschen auf einem kolorierten Kupferstich von Braun und Hogenberg

Dithmarschen hat vom Mittelalter bis in die frühe Neuzeit in der Geschichte Schleswig-Holsteins eine Sonderrolle gespielt. Durch seine geschützte geographische Lage konnte es sich einer dauerhaften und durchsetzungsfähigen Herrschaft lange erwehren. Erstmals erwähnt wird Dithmarschen im 9. Jahrhundert als „Thiatmaresgaho“. Es war einer drei sächsischen Gaue nördlich der Elbe, die 804 von Karl dem Großen (*747 o. 748/768-814†) in das fränkische Reich eingegliedert wurden. Nach wechselnder Herrschaft fiel Dithmarschen nach der Schlacht bei Bornhöved 1227 an das Erzbistum Bremen. Der Einfluss des Erzbischofs blieb jedoch gering. Gefahr ging hingegen von dem benachbarten Grafen von Holstein und dem Herzog von Schleswig aus, die beide versuchten, Dithmarschen zu unterwerfen. 1319 unterlag der Holsteiner Graf bei Wöhrden. Knapp ein Jahrhundert später scheiterte in der Süderhamme 1403/04 der Versuch des Grafen Albrecht von Holstein und des Herzogs Gerhard IV., das Land zu erobern.

Die Hochzeit der Bauernrepublik

Die innere Entwicklung Dithmarschens im Mittelalter war geprägt durch die Ausbildung von „Geschlechtern“. Sie hatten Ihren Ursprung in genossenschaftlichen Zusammenschlüsse für die gemeinsame Arbeit beim Deichbau. Gleichzeitig vollzog sich die Verwaltungsorganisation Dithmarschens in „Kirchspielen“. Im Verlauf des 14. Jahrhunderts gewannen sie an Einfluss, so dass Dithmarschen zu einer Föderation eigenständig handelnder Kirchspiele wurde. Die Eigeninteressen der Kirchspiele führten jedoch zu Spannungen untereinander, denen man 1447 durch die Aufzeichnung des „Dithmarscher Landrechts“ zu begegnen versuchte. Mit dem neuen Recht wurde auch ein Obergericht mit 48 auf Lebenszeit eingesetzten Richtern geschaffen. Das Kollegium der „Achtundvierziger“ entwickelte sich in den folgenden Jahrzehnten zum eigentlichen Führungsorgan der „Republik Dithmarschen“. 1434 hatte man sich erstmals auf neutralem Boden in „Rüsdorp op de Heyde“ versammelt. Um den Versammlungsort entstand Heide, das Meldorf als Hauptort der Bauernrepublik ablöste. Besonders die beträchtlichen Überschüsse an Getreide, ließen eine Art Bauernaristokratie entstehen, die auch die Achtundvierziger stellte. Getreide aus Dithmarschen wurde nach Hamburg, Lübeck und vor allem die Niederlande ausgeführt. Die großen Hansestädte waren die Hauptverbündeten Dithmarschens. Trotzdem gelang es der Bauernrepublik nicht, Mitglied der Hanse zu werden, sie erreichte für die Freiheit ihres Handels jedoch eine gewisse Sonderstellung.

Hemmingstedt und die „Letzte Fehde“

Auch der erhebliche Wohlstand führte dazu, dass zum Ende des 15. Jahrhunderts die Kriegsgefahr wieder wuchs. Der dänische König Johann (*1455/1481-1513†) und Herzog Friedrich (*1471/1490 Herzog von Gottorf/1523 König von Dänemark-1533†) rüsteten zum Krieg und fielen in Dithmarschen ein. Am 17.Februar 1500 wurde das hochgerüstete Ritter- und Söldnerheer in der Schlacht bei Hemmingstedt von den Dithmarschern vernichtend geschlagen. Erst 1559 gelang es unter dem Feldherren Johann Rantzau Dithmarschen am 13. Juni in Heide entscheidend zu schlagen. Nach der „Letzten Fehde“ wurde Dithmarschen zwischen den am Feldzug beteiligten Herzog Adolf von Gottorf, dem dänischen König Friedrich II. und dem Herzog Johann von Hadersleben aufgeteilt. Nach dem Tod Johanns 1580 blieb die Teilung in die Landschaften  Norder- und Süderdithmarschen, die bis 1970 Bestand hatte. Trotz  des Verlustes der Unabhängigkeit gelang es der Delegation Dithmarschens in den Kapitulationsverhandlungen 1559, viele Freiheiten und große Teile der Strukturen der Republikzeit in die Fürstenzeit zu retten. Zwar waren Abgaben zu entrichten, doch die bäuerliche Führungsschicht wurde nicht entmachtet, der Handel blieb frei, es gab keinen Mühlenzwang (Mühlen) und das 1567 reformierte Dithmarscher Landrecht, hatte Bestand bis 1864.

Kampf um Heide 1559 während der "Letzten Fehde"
Kampf um Heide 1559 während der „Letzten Fehde“

Krisen im 19. und 20. Jahrhundert 

Die folgende Friedenszeit war wirtschaftlich erfolgreich, Dithmarschen wuchs sogar, etwa 1585 durch die Landfestmachung der Insel „Busen“ (Büsum) und weiterer erfolgreicher Deichbauprojekte. Im 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts litt Dithmarschen unter den Folgen schwerer Sturmfluten und Kriegen, in deren Folge es auch zu inneren Streitigkeiten kam, auch dadurch bedingt, dass die Landschaften unterschiedliche Landesherren in den Kriegen des 17. und 18. Jahrhunderts zur Heerfolge verpflichtet waren.  Es folgte eine Phase des erneuten Aufschwungs, die erst durch die Napoleonischen Kriege beendet wurde. Besonders der Kosakenwinter 1813/14 brachte große Not. Nachdem 1839 schon die Zollfreiheit gefallen war, verlor Dithmarschen mit der Annexion von Schleswig und Holstein  durch die Preußen 1867 endgültig seine politischen Sonderrechte. In Gegen Ende der 1920er Jahre kam es durch die Krise der Landwirtschaft zu Protesten. Eine antirepublikanische Grundstimmung führte schon 1928 dazu, dass die NSDAP (Nationalsozialismus) in Dithmarschen ein vielfaches der Stimmen bekam wie im übrigen Reich. Der politische Streit zwischen Links und Rechts nahm immer radikalere Formen an. Bei einen Straßenkampf zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten am 29.März 1929 starben zwei SA-Leute. Nach der von den Nationalsozialisten so genannten „Blutnacht von Wöhrden“ kam Adolf Hitler zur Beerdigung nach St. Annen. Dieser Auftritt bedeutete den weiteren Durchbruch der NSDAP in Dithmarschen. Sie erreichte dort 1933 bei den Reichstagswahlen über 60 Prozent. Im zweiten Weltkrieg blieb Dithmarschen bis auf Angriffe auf die Raffinerie in Hemmingstedt (Erdöl) und Brunsbüttel weitgehend verschont. Nach der Kapitulation wurden Dithmarschen und Eiderstedt (zusammen damals unter 120.000 Einwohner) zum Internierungsgebiet der Alliierten für bis zu 400 000 Soldaten. Dazu kamen zahlreiche Flüchtlinge und Vertriebene. 1970 wurde im Rahmen der Kreisreform (Landkreise) die seit 1581 bestehende Teilung in Süder- und Norderdithmarschen aufgehoben, Meldorf verlor seinen Status als Kreisstadt. Mental fiel Meldorf oder den „Süderditmarschenern“ der Abschied schwer. Das zeigte sich, als es 2012 möglich wurde die durch die Kreisreform 1970 entfallene Autokennzeichen wieder einzuführen. In Schleswig-Holstein machten davon nur der Kreis Rendsburg-Eckernförde mit der Rückkehr von „ECK“ auf den Nummernschildern und Dithmarschen mit der Rückkehr von „MED“ für Meldorf Gebrauch.

Martin Gietzelt (0601/0621)

Quellen:  Martin Gietzelt (Redaktion), Geschichte Dithmarschens – von den Anfängen bis zu zum Ende der Bauernrepublik, Herausgegeben vom Verein für Dithmarscher Landeskunde,  Heide, 2015, Boyens Buchverlag, ISBN  978-3-8042-1427-9; Martin Gietzelt /Redaktion), Geschichte Dithmarschens – 1559-1918, Herausgegeben vom Verein für Dithmarscher Landeskunde,  Heide, 2014, Boyens Buchverlag, ISBN 978-3-8042-1004-0

Bildquelle: Eckardt Opitz, Reinhard Scheiblich in Geschichte Dithmarschens, Boyens & Co, Heide 2000; Repro Günter Pump