Glückstadt ist die einzige der insgesamt vier von Christian IV. (*1577/1596-1648†) gegründeten Städte, die das königliche „Kristian“ nicht im Namen führt. Ausgangspunkt für die Gründung war das Bestreben Christians, einen Stützpunkt in der Nähe Hamburgs zu unterhalten. Zwar war er als Herzog von Holstein nominell auch Landesherr über Hamburg, doch die reiche Handelsstadt hatte sich schon unter seinen Vorgängern weitgehend verselbstständigt. Sie strebte danach, sich von dem Landesherren zu lösen und eine freie Reichsstadt zu werden. Das wollte der reiche und unternehmende Renaissancefürst Christian nicht zulassen. Deshalb versuchte er noch vor Beginn des eigentlichen Kräftemessens mit Hamburg, die bereits von seinem Großvater ausgebaute Festung Krempe so nach vorne zu bringen, dass sie ihm als Stützpunkt dienen konnte (1598-1605). Er musste dann jedoch erkennen, dass die verkehrsferne Lage Krempes eine großzügige Lösung – vor allem einen Zugang zum Meer – nicht bieten konnte. So beschloss der König, in den Marschen an der Mündung des Rhins in die Elbe einen modernen Nordseehafen zu bauen. Der königliche Anteil der Herzogtümer Schleswig und Holstein besaß keinen für Seeschiffe geeigneten Nordseehafen, weil Husum und Tönning zum Anteil der Gottorfer gehörten. So kam es von 1615 bis 1628 zur Gründung und zum Ausbau Glückstadts. 1616, nachdem die „Wildnisse“ beiderseits der Rhinmündung eingedeicht waren, soll Christian selber den Grundriss für Stadt und Festung abgesteckt haben. Als offizielles Datum gilt der 22. März 1617, als Glückstadt das Stadtrecht verliehen bekam. Die neue Stadt im Herrschaftsbereich des Herzogs sollte nicht nur im Handel Hamburg Konkurrenz machen. Sie hatte ein wichtige strategische Funktion. Zeug-, Proviant und Gießhäuser wurden für die Garnison und den Flottenstützpunkt gebaut. Glückstadt sollte nicht nur helfen, die Interessen gegen Hamburg wahren, es war gleichzeitig als gesicherter Elbübergang für die Ambitionen Christians im Niedersächsischen Kreis wie auch als Rückzugspunkt im Falle militärischer Rückschläge gedacht. Zugleich wurde mit der Anlage eines repräsentativen Wohn- und Regierungssitzes, nämlich des Schlosses Glücksburg (1629-1631), auch für die Präsenz des Monarchen selbst gesorgt. Sie überdauerte ihren Bauherrn nur 60 Jahre. Denn sie war auf weichem Grund direkt am Hafen gebaut worden. Deshalb wurde die Glücksburg an der Elbe schon 1708 wieder abgerissen. Als Rest der Anlage blieb der ehemalige Wirtschaftshof direkt am Hafen, auf dessen Gelände heute das „Provianthaus“ steht.
Kurze Blüte
Die planvoll nach Art der Renaissance mit zwölf radial vom Marktplatz ausgehenden Straßen angelegte Stadt erhielt weit reichende Privilegien wie etwa das der freien Religionsausübung seiner Einwohner. Mit dem 1621 durch den Gottorfer Herzog Friedrich III. (*1597/1616-1659†) angelegten Friedrichstadt wurde Glückstadt zur „Toleranzstadt“. Im Gegensatz zu Friedrich gelang es Christian, die als äußerst tüchtig geltenden „portugiesische Juden„, die Sepharden, als Siedler anzuwerben. Damit und durch erhebliche Zuschüsse brachte er die Stadt zu einer kurzen Blüte. Während des Kaiserlichen Krieges (1625-1629) wurde Glückstadt 1628 von den Truppen Wallensteins belagert, konnte jedoch in Gegensatz zum benachbarten Krempe gehalten werden. Nach dem Tod Christian IV. 1648 sank die Bedeutung der Stadt, obwohl sein Sohn Friedrich III. (*1609/1648-1670†) 1649 dorthin die Regierungskanzlei der Herzogtümer (Glückstädter Kanzlei) verlegte. Glückstadt war damit quasi die Hauptstadt des königlichen Anteils der Herzogtümer. Einen leichten Aufschwung nahm die Stadt erst wieder im späten 18. Jahrhundert durch den Walfang und Robbenschlag. Während der Napoleonischen Kriege wurde die Stadt 1813/14 erneut und dieses Mal erfolgreich bis zur Kapitulation belagert. Als Folge des Kieler Friedens vom 14. Januar 1814 mussten die Festungswerke geschleift werden. 1845 begann mit dem Anschluss an die Eisenbahn für Glückstadt eine neue Zeit. Nun konnte Glückstadt davon profitieren, das die Elbe vor dem längst zur Großstadt gewachsenen Altona schnell vereiste und über die Bahn sich das elbabwärts gelegenen Städtchen als Winterhafen anbot. Von 1893 bis 1976 war Glückstadt Heimathafen einer Heringsfangflotte, die vor allem im Frühjahr in der Nordsee den begehrten Matjes nachstellte.
Christian Traum zerplatzt
Der Traum Christians hat sich nicht erfüllt: Glückstadt konnte nie mit Hamburg ernsthaft konkurrieren. Ein Grund dafür ist natürlicher Art. Vor der Zufahrt zum Glückstädter Hafen liegt in der Elbe die Rhinplate. Die ursprünglich kleine Sandbank wuchs zu einer ausgedehnten Insel und erschwerte damit zusehends die Zufahrt zum Hafen für die immer größer werdenden Seeschiffe. Heute hat Glückstadt gut 12.000 Einwohner. Größter Arbeitgeber ist heute eine Papierfabrik. Von Glückstadt führt eine Fährverbindung über die Elbe in das niedersächsischen Wischhafen. Zu den Projekten des Landes gehört der Anschluss Glückstadts an die A 20, die bei Glückstadt durch einen Tunnel unter der Elbe durch nach Westen geführt werden soll. Im Gegensatz zu seinen anderen Städtegründungen hat Christian IV. nicht seinen eigenen Namen zum Teil des Stadtnamens gemacht. Er gab ihr den symbolischen Namen „Glückstadt“ und die römische Göttin Fortuna auf der Weltkugel als Wappen. Nicht gesichert, aber schön ist die Legende dazu. Als bei einer Besichtigung vor Baubeginn gegenüber Christian IV. von seinem Stab immer wieder Zweifel an dem Projekt geäußert wurden, soll er auf Plattdeutsch ausgerufen haben: ”Dat schall glücken, dat mutt glücken un Glückstadt schall se heten”.
LS/ju (1101/0603/0404/0613/0721)
Quellen: Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt in Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt und Ortwin Pelc (Hrsg.), Schleswig-Holstein Lexikon, Neumünster, 2000, Wachholtz Verlag, ISBN 3-529-02441-4; Tatjana Ceynowa, Detlefsen-Museum, Glückstadt
Bildquelle: Stadt Glückstadt (alle Bilder); WappenLAS