Reich durch Salz und Malz
Der Aufstieg Husums begann Ende des 14. Jahrhunderts nach dem Untergang des Handelsortes Rungholt durch die erste „Große Mandränke“ 1362. Die Sturmflut öffnete dem Ort auch den Zugang zur offenen See. Erstes Handelsgut war das „Friesensalz“. Es wurde durch das Verbrennen von im Wattenmeer gestochenen Torf gewonnen. Durch Aschereste bitter, wurde das Friesensalz durch das Baiensalz (aus der Bay von Bourgneuf), dann vom reinen Salinensalz vom Markt verdrängt. Husum war durch den Ochsenweg mit Flensburg verbunden und wurde so zum „Westhafen“ der im Norden mächtigen Handelsstadt. Es gewann seinen Reichtum vor allem aus dem Export der landwirtschaftlichen Überschüsse der Marsch. Sie wurden für die seit 1544 regierenden Herzöge von Gottorf zur wesentlichen Einnahmequelle. Obwohl keine Stadt und erst 1465 zum Flecken erhoben, entwickelte sich Husum im 16.Jahrhundert mit 5.000 bis 6.000 Einwohnern zum nach Flensburg zweitgrößten Ort in den Herzogtümern.
Reformation und Ende der „Wohlfahrt“
Stolz der Bürger wurde die 1437 begonnene Marienkirche. An ihr wurde 1527 als erster Kirche in den Herzogtümern, das Evangelium nach der neuen Lehre Martin Luthers gepredigt. Damit begann in Nordelbien die Reformation. Als Herzog Johann Adolf von Gottorf (*1575/1593-1616†) 1603 dem Flecken das Stadtrecht verlieh, hatte dessen Wirtschaft ihren Zenit bereits überschritten. 1626 schließlich endete eine fast 90-jährige Phase des Friedens und der „Wohlfahrt“. Die zweite „Große Manndränke“ von 1634 zerriß Altnordstrand und damit die Kornkammer vor den Toren der Stadt. Sturmflut und Krieg führten zum Niedergang der Wirtschaft. Im Großen Nordischen Krieg (1700 – 1721) fiel Husum 1713 wieder unter die Herrschaft des dänischen Königs in seiner Funktion als Herzog von Schleswig. In der Zeit des dänischen Gesamtstaates nach 1773 entstanden großzügige Pläne für den Ausbau des Hafens. Sie wurden gestoppt, nachdem sich auch die Husumer von 1848 bis 1851 an der Erhebung gegen Dänemark beteiligt hatten.
Husums Weg in die Moderne
Nach dem 2. Schleswigschen Krieg annektierte Preußen 1867 Schleswig und Holstein. Erst 1878 befreiten die Preußen die Husumer von der Rebellensteuer. Sie muss als historisches Kuriosum angesehen werden. 1472 verhängt, weil die Husumer sich an einer Rebellion gegen Christian I. (*1426/1448-1481†) beteiligt hatten, blieb sie trotz aller Herrschaftswechsel über 406 Jahre bestehen. Zeuge des 19.Jahrhunderts war der Dichter und Novellist Theodor Storm (*1817-1888†), der heute weltweit bekannteste Husumer. In der Zeit der Industrialisierung begann auch für Husum der Aufschwung. Die vom Land in die neuen Zentren gezogenen Menschen mussten versorgt werden. Die in den Marschen um die Stadt inzwischen vorherrschende Gräsermast ließ Husum, das seit 1854 per Eisenbahn mit Flensburg und nach 1887 auch mit Hamburg verbunden war, zum drittgrößten Viehmarkt in Deutschland wachsen. So traf die Stadt auch die Agrarkrise der 1920er Jahre schwer. Sie trug dazu bei, daß bei der Reichstagswahl im Juli 1932 die NSDAP in der Stadt 50,1 Prozent der Stimmen erzielte. Während des Zweiten Weltkriegs erlebten die Husumer das finsterste Kapitel ihrer Stadtgeschichte: 300 Häftlinge im KZ-Außenlager in Schwesing bei Husum starben als Folge der unmenschlichen Behandlung. Die Gefangenen nannten das KZ selber „Husumlager“ und waren oft durch die Stadt zur Arbeit am so genannten Friesenwall getrieben worden.
Von der Handels- zur Einkaufsstadt
Nach dem Krieg verdoppelte sich fast die Einwohnerzahl durch den Zustrom von Flüchtlingen. Während der Viehmarkt immer unbedeutender und Ende der 1960er Jahre schließlich eingestellt wurde, fand Husum als zentraler Einkaufsort, als Standort der Bundeswehr sowie als Verwaltungssitz eine neue wirtschaftliche Basis. Seit 1867 residierte die Kreisverwaltung im von 1577 bis 1582 durch die Gottorfer erbauten Schloss vor Husum. Als 1970 die Kreise Husum, Eiderstedt und Südtondern zum Landkreis Nordfriesland vereinigt wurden, entstand die neue Kreisverwaltung auf dem ehemaligen Viehmarkt. Während die über Jahrzehnte das Stadtbild mitbestimmende Bundeswehr seit den 1990er Jahre abgezogen wird und auch die Husumer Schiffswerft aufgeben musste, gewinnt die „graue Stadt am Meer“ mit ihren derzeit gut 20.000 Einwohnern vor allem durch einen wachsenden Städtetourismus sowie den Boom der Windenergie. 1989 startete die „Husum Wind“. 2014 wurden erstmals auf Drängen aus der Hansestadt statt Husum Hamburg Messeort. Seitdem wechseln sich Husum und Hamburg ab. 2021 ist wieder Husum der Ort der weltweiten Leitmesse für Windenergie.
Fiete Pingel (0403/0518/0721)
Quellen: Harry Kunz, Fiete Pingel, Thomas Steensen, Nordfriesland von A Bis Z, 1998, Bredstedt/Bräist, Verlag Nordfriisk Instituut; Holger Borzikowsky, Husum in alten Bildern, 1993, Heide, Boyens & Co, ISBN 3-8042-0633-6 ; Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt und Ortwin Pelc (Herausgeber), Schleswig-Holstein Lexikon, 2. erweiterte und verbesserte Auflage, 2006, Neumünster, Wachholtz-Verlag, ISBN 13: 9-783529-02441-2
Bildquellen: Vignette: Stadtansicht aus Braun und Hogenberg 1588, SHLB; Wappen: WappenLAS; Husumer Hafen: SH Landesmuseum; Markt: Storm-Gesellschaft, Husum; Viehtrieb: Archiv Jürgen E. Dietrich, Husum