Zwischen Dorf und Stadt existierte in Schleswig und Holstein bis 1934 die Gemeindeform des „Fleckens“, auch „Blek“ genannt. Die Flecken waren ländliche Mittelpunktsorte. Eine herausgehobene Rolle erhielten sie durch Zunftrechte für Handwerker, Freistellung von der Wehrpflicht sowie das Marktprivileg. Als die preußische Provinzregierung 1869 die erste einheitliche Städteverordnung für Schleswig-Holstein erließ, gab es 24 Städte und 25 Flecken. Für sie galt, angelehnt an die Rechtstradition, eine Art vereinfachtes Stadtrecht. Statt eines Bürgermeisters hatten Flecken Ortsvorsteher. Sie repräsentierten die Obrigkeit, weil es keine Magistrate gab. Die Fleckensverordneten, deren Zahl auf zwölf begrenzt war, fassten kollegial alle wichtigen Beschlüsse in Gemeindeangelegenheiten. Dazu gehörte auch der Antrag, zur Stadt erhoben zu werden. Im Zuge des allgemeinen Aufschwungs der letzten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts verschwanden die Flecken. Bis 1900 hatten schon 15 Flecken das Stadtrecht erlangt. Dazu gehörten Neumünster und Wandsbek (1937 zu Hamburg), die sich in dieser Zeit zu industriellen Zentren entwickelten. 1870 erhielten beide Stadtrecht, schon 1901 waren sie nach damaligem Verständnis Großstädte und wurden kreisfrei. Ein Sonderfall ist Meldorf (Dithmarschen). 1265 war der Ort im Zuge des Landesausbaus zur Stadt geworden, verlor diesen Status jedoch 1598 wieder. 1870 erhielt der Hauptort Süderdithmarschens sein Stadtrecht zurück. Ein anderer Fall ist Husum. Erst 1465 wurde der sich stürmisch entwickelnde Hafenort als Blek beurkundet. Doch schon sieben Jahre später wurden Husum die auch so genannten Weichbildrechte wieder entzogen, weil sich der Ort an einer Rebellion (Rebellensteuer) gegen Christian I. beteiligt hatte. Erst 1582 bekam der Ort sie zurück, 1603 schließlich wurde Husum zur Stadt erhoben. Die reiche Hafenstadt hatte dabei im 16. Jahrhundert über 5.000 Einwohner und gehörte damit in den Herzogtümern zu den größten Orten. Nachdem fünf Flecken nach der Grenzabstimmung (Abstimmungsgebiet) 1920 zu Dänemark gekommen waren, verschwanden mit einer Ausnahme durch Stadtwerdung oder Eingemeindung alle Flecken bis 1927. Die Ausnahme war der Flecken Arnis, der 1934 Stadtrecht erhielt und seitdem die kleinste Stadt Deutschlands ist. Einen Überblick gibt die Tabelle, die alle 25 Flecken auflistet, die bestanden, als 1869 die Städteordnung erlassen wurde (vereinfacht nach Dieter Pust, 1994).
Name | Fleckens Privilegium |
Stadt seit / oder |
Arnis | 1.3.1667 | 1.1.1934 |
Augustenburg | 3.9.1764 | 1920 dänisch |
Barmstedt | 4.1.1737 / 4.11.1754 | 27.12.1898 |
Bramstedt | (1274) 2.7.1652 | 12.3.1910 |
Bredstedt | (1510) 30.7.1632 | 1.11.1910 |
Christiansfeld | 9.12.1771 | 1920 dänisch |
Elmshorn | 4.1.1737 | 11.4.1870 |
Klostersande, Vormstegen | mit Elmshorn 3.6.1757 | 1878 zu Elmshorn |
Glücksburg | 7.7.1842 | 5.1.1870 |
Heide | (1577) 14.9.1765 | 7.7.1870 |
Hoyer | 3.12.1736 | 1920 dänisch |
Kappeln | (1533) 6.3.1846 | 7.3.1870 |
Kellinghusen | 8.2.1740 | 9.8.1877 |
Lügumkloster | vor 1739 | 1920 dänisch |
Meldorf | 1598 Stadtrecht aufgehoben | 28.2.1870 |
Neumünster | Wochenmarkt ab 1611 | 6.4.1870 |
Norburg | 18.4.1680 | 1920 dänisch |
Nortorf | 16.12.1861 | 17.7.1909 |
Pinneberg | 19.12.1826 | 15.7.1875 |
Preetz | „Bleke“ genannt 1442 | 19.5.1870 |
Reinfeld | 27.3.1840 | 1927 |
Uetersen | (1234 Burg) 11.11.1746 | 13.1.1870 |
Wandsbek | (7.6.1759) 8.10.1833 | 29.6.1870 |
Wedel | 1.12.1786 | 27.11.1875 |
Wyk auf Föhr | 14.4.1706 | 2.3.1910 |
Die in Klammern genannten Jahreszahlen weisen jeweils auf vorherige Nennungen oder Privilegierungen hin.
-ju- (1001/0403/0621)
Quellen: Dieter Pust, „125 Jahre schleswig-holsteinische Städteordnung – 60 Jahre Stadt Arnis – Ein Beitrag zur Fleckensverfassung in Schleswig-Holstein“, 1994, Die Heimat, Heft 5, Seite 116 ff; Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt und Ortwin Pelc (Herausgeber), Schleswig-Holstein Lexikon, 2. erweiterte und verbesserte Auflage, 2006, Neumünster, Wachholtz-Verlag, ISBN 13: 9-783529-02441-2