Mit dem Vertrag von Zarskoje Zelo (Puschkin) vom 1. Juni 1773 begann offiziell die Zeit des „Dänischen Gesamtstaates„. 250 Jahre ist das her und Zeit für das Landesarchiv darauf zurückzublicken. Das geschieht nun mit der Ausstellung „1773. Schleswig. Holstein. Dänemark“, die von einem umfangreichen Vortrags- und Exkursionsprogramm begleitet wird und bis Ende August 2024 im Erdgeschoss des Prinzenpalais in Schleswig zu sehen ist.
Der „Gesamtstaat“ bescherte nicht nur eine lange Zeit des Friedens. Er schuf nach Ansicht von Kurator Dr. Martin Rackwitz auch die Grundlagen für das moderne Schleswig-Holstein. Denn in dem aufgeklärten absolutistischen Staat wurde in die „Wohlfahrt“ investiert. Der Schleswig-Holsteinische Canal und erste Chausseen wurden gebaut, in Büdelsdorf entstand eine große Gießerei, Eisenbahngleise durchzogen das Land und machten die wachsende Bevölkerung mobil. Und: Mit Volkszählungen wurden erstmals Bedarfe ermittelt und die Politik wurde auf neue Grundlagen gestellt. Der Start in die neue Zeit gelang dem Gesamtstaat auch, weil er die Gottorfer Frage nach 150 Jahren Streit löste und damit die Luft für Reformen schuf. Mit der Verkoppelung wurde die Landwirtschaft privatwirtschaftlich und modern, sie schenkte Schleswig-Holstein die Knicks und mit der Pockenimpfung sowie anderen Dingen begann ein modernes Gesundheitswesen.
Dass die Gesamtstaatszeit vor allem von der deutschen Geschichtsschreibung lange Zeit kritisch gesehen wurde, hängt natürlich mit den europäischen Prozessen im 19. Jahrhundert zusammen. Nachdem sich Dänemark auf die Seite Napoleons geschlagen hatte, musste es am Ende büßen. 1813 gab es den Staatsbankrott, 1814 im Kieler Frieden verlor es Norwegen. Dazu kamen nun stärkere nationale Strömungen in den Herzogtümern. Sie führten 1848 zur „Erhebung„. Die Zeit des Gesamtstaates und die Folgen der Erhebung sind unter anderem Themen im umfangreichen Begleitprogramm zur Ausstellung, das Julia Liedtke zusammengestellt hat und betreut. Sie weist auch darauf hin, dass die Ausstellung „1773.Schleswig.Holstein.Dänemark“ zwei Teile hat. Der zweite beginnt am 16. Juni 2023 in Kiel im Stadtmuseum Warleberger Hof. Bis zum 22. Oktober 2023 geht es dort um den kulturellen Aufbruch durch den Gesamtstaat. Die Vorträge und Exkursionen zu der Ausstellung in Schleswig sind hier unter Veranstaltungen zu finden.
Werner Junge (060623*) Foto: Der Leiter des Landesarchivs Prof. Rainer Hering, Julia Liedtke und Dr. Martin Rackwitz