Unmittelbar nach der Machtübernahme am 30. Januar 1933 begannen Nationalsozialisten vor allem im nördlichen Schleswig-Holstein eine Diskussion um die Revision der 1920 geschaffenen deutsch-dänischen Grenze. Sie stellten damit die Ergebnisse der Abstimmung im Grenzland von 1920 in Frage. „Volk will zu Volk“ proklamierte der grenzpolitische Sprecher der schleswig-Holsteinischen NSDAP, Pastor Johann Peperkorn (*1890-1967†), am 24. Februar in Flensburg: „Wir wollen dem Norden die Hand geben und die seine nehmen; wenn die Freundschaft aber aus tiefster Seele kommen soll, so ist die Voraussetzung, daß ein Unrecht nicht zu allen Zeiten bestehen darf, und ein Unrecht ist uns zugefügt worden mit der Abtrennung Nordschleswigs.“ Peperkorns Rede schlug ein. Die dänisch Gesinnten sahen es als Angriff auf die durch den Versailler Vertrag festgelegten Garantien, die deutsche Minderheit in Nordschleswig hoffte auf eine Rückkehr ins Deutsche Reich. Der Plan vor Ort: Zunächst sollte die deutsche Minderheit „nazifiziert“ und dann „heim ins Reich“ geholt werden. Die Kampagne war nicht mit den NS-Oberen in Berlin abgesprochen, als der neue Führer des Schleswig-Holsteiner Bundes, Dr. Wilhelm Sievers (*1886-1966†), noch einen drauflegte und auf einer Veranstaltung zum 85. Jahrestag der schleswig-holsteinischen Erhebung am 24. März 1933 öffentlich forderte: „Wir wollen Nordschleswig wieder haben!“

Dr. Wilhelm Sievers
Pastor Johann Peperkorn

Der Sturm kommt auf

Die dänische Regierung schwieg zu all dem, die Presse – auch international – protestierte scharf. Das Auswärtige Amt in Berlin versuchte auf Sievers beruhigend einzuwirken. Gerade weil auch das nordische Rasseideal propagiert wurde, hatte man kein Interesse an einen offenen Konflikt mit Dänemark und Skandinavien. Peperkorn forderte wenige Tage vor Ostern erneut eine Grenzrevision und Kopenhagen und Berlin sollten direkt verhandeln. Damit erreichte die Kampagne ihren Höhepunkt und bekam deshalb den Namen „Ostersturm“. Die Dänen blieben jedoch weiter ruhig. Sie wollten keinen neuen „Grenzkampf“. Der Grenzschutz wurde nun verstärkt und ein Uniform-Verbot erlassen. Das deutsch-dänische Verhältnis war inzwischen ernsthaft belastet.

… und wird aus Berlin abgestellt

Um die Wogen zu glätten, folgten nun offizielle Stellungnahmen, die das nordische Wesen der Deutschen betonten und unterstrichen, dass Deutschland nicht in Konflikt zu Dänemark stehe. Die Provokationen von Peperkorn und Sievers seien „inoffizielle deutsche Auslassungen“ und nicht im Namen der NSDAP geschehen, hieß es aus Berlin. Während Sievers nachlegte, beruhigte Adolf Hitler. Alles spitzte sich zu, als am 18. Juni 1933 Sievers auf einer seit langem angekündigten „Grenzlandkundgebung“ eine Rede halten sollte. Sievers musste das Redemanuskript beim Auswärtigen Amt einreichen. Der inzwischen zum Landrat des Kreises Flensburg ernannte hielt in Rendsburg eine brave Rede, die in Dänemark beruhigte und den „Ostersturm“ abflauen ließ. Damit hatte der Maulkorb aus Berlin seinen Zweck erfüllt. Peperkorn, Sievers und andere verfolgten weiter das Ziel, die deutsche Minderheit in Nordschleswig weiter zu „nazifizieren“. Aber auch nach der Besetzung Dänemarks durch die Deutsche Wehrmacht am 9. April 1940 kam es zu keiner Grenzrevision.

-ju- (1222*)

Mehr zu Pastor Johann Peperkorn unter Pastoren im „Dritten Reich“

Eine Biographie von Dr. Wilhelm Sievers unter https://www.kiel.de/de/kiel_zukunft/stadtgeschichte/sp/stadtpraesident_sievers.php

Quellen: Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt und Ortwin Pelc (Hg.), Schleswig-Holstein Lexikon, 2. verbesserte Auflage, Wachholtz Verlag, Neumünster 2006, ISBN 9-783529-02441-2; Vimu – Virtuelles Museum 2008 bis 2016: 2http://vimu.info/fb.jsp?id=for_10_2_40_fb_ostersturm_de

Bildquellen: Peperkorn: Kirchengemeinde Viöl; Sievers: Wikipedia