Im März 1848 begann die Erhebung der „Schleswigholsteiner“ gegen den dänischen Gesamtstaat. Das eigentlich unbedeutende Herzogshaus der Augustenburger witterte darin eine Chance, auf die es über 350 Jahre gewartet hatte: Es versuchte, nach der Landesherrschaft über die Herzogtümer Schleswig und Holstein zu greifen. Als der dänische König Friedrich II. (*1534/1559-1588†) seinen Bruder Johann dem Jüngeren (*1545-1622†) 1564 Teile seines Anteils an den Herzogtümern übertragen hatte, war der Nebenlinie des in Dänemark regierenden Hauses Oldenburg die Teilhabe an der Landesherrschaft durch die Stände verwehrt geblieben. Johann wurde kein „regierender Herr“, er war ein „abgeteilter Herr“. Das änderte sich nicht, als das Haus sich im Erbgang in weitere, noch kleinere Herzogtümer aufteilte. Dazu gehörte auch die Augustenburgische Linie. Sie erlangte im 19. Jahrhundert eine gewisse Bedeutung, da sie durch Erbrecht und Verfassung einen Anspruch auf die Herrschaft in den Herzogtümern Schleswig und Holstein erheben konnte. Als die Erhebung 1851 gescheitert war, mussten die Augustenburger das Land verlassen. Doch sie gaben nicht auf, 1863 versuchte Herzog Friedrich VIII. (*1829/1880†) ein weiteres Mal und endgültig erfolglos nach der Herrschaft über die Herzogtümer zu greifen. Schleswig-Holstein wurde 1867 durch die Annexion eine Provinz Preußens.
Das Nein zur dritten Landesteilung
1459 starb das Haus der Schauenburger aus. Schleswig und Holstein waren damit ohne Landesherren. Der Adel nutzte diese Chance, um seine Macht auszubauen. Er trotzte 1460 dem dänischen König Christian I. (*1428/1448-1481†) weitgehende Zugeständnisse ab. Um auch Landesherr über die (Noch-)Grafschaft Holstein und das Herzogtum Schleswig zu werden, stellte er eine Handfeste, das sogenannte „Privileg von Ripen„, aus. Darin musste Christian I. auch zusichern, dass künftig kein Landesherr gegen den Willen des Adels eingesetzt wurde. Auch erreichten die Stände die Zusage ”Dat se bliven ewich tosamende ungedelt”. Damit wollte der Adel den Frieden und seine in beiden Landesteilen bestehenden wirtschaftlichen Interessen schützen. Dieser Halbsatz sicherte allerdings die Herzogtümer nicht vor Landesteilungen durch die folgenden Generationen der Oldenburger. Die wichtigste war die von König Christian III. (*1503/1534-1559†) 1544 vorgenommene. Aus ihr entstand die Linie Schleswig-Holstein- Gottorf und ein kurzfristiges, nur eine Generation bestehende Herzogtum in Hadersleben. Der Adel beugte sich dieser Teilung, weil der König und seine zwei Brüder zwar Anteile an Schleswig und Holstein erhielten, aber eine „gemeinsame Herrschaft“ aller drei festgelegt war. Sein Nachfolger König Friedrich II. (1534*/1559-1580†) wollte 1564 erneut so verfahren, als er seinem Bruder Johann dem Jüngeren (*1545-1622†) Teile des königlichen Anteils übertrug. Doch der Landtag weigerte sich, die zu diesem Zeitpunkt dreigeteilte Herrschaft über die Herzogtümer ein weiteres Mal zu zerstückeln. Ohne die Huldigung der Stände jedoch war Johann ohne landesherrliche Macht, er war abgeteilt von der Herrschaft und damit der erste der Abgeteilten Herren .
Die „Abgeteilten Herren“
König Friedrich II. hatte seinem jüngeren Bruder Teile des königlichen Anteils an den Herzogtümern überlassen, nämlich Sonderburg, Norburg, Alsen, Ærø, Plön und das Kloster Ahrensbök. Dazu kamen später die Landschaft Sundewitt, das Kloster Reinfeld und das Rüdekloster bei Flensburg. Johann (nun) von Sonderburg teilte diesen Besitz wiederum unter seinen Erben auf. Daraus entstanden die Linien von Ærø, Norburg, Glücksburg (Ältere Linie) sowie Plön. In der folgenden Generation teilte Herzog Alexander von Sonderburg (*1573-1627†) seinen Besitz weiter auf, woraus unter anderem das Haus Augustenburg und das Haus Beck, später Jüngere Glücksburger Linie als Herzogtümer dritter Ordnung, das bedeutet Großgrundbesitzer im Fürstenrang oder Titularherzogtümer entstanden. Der Besitz jedes Herzogs fiel naturgemäß recht klein aus und war – gemessen an fürstlichen Ansprüchen – wirtschaftlich kaum auskömmlich. Nachdem die Plöner Linie 1761 erloschen war, blieben nur noch die Ältere Glücksburger und die Augustenburger Linie sowie die Linie Beck, die ihren Besitz weit außerhalb des Gesamtstaats hatte. Die beiden Letztgenannten sollten erst im 18. und vor allem dann im 19.Jahrhundert ihren großen Auftritt in der Landesgeschichte haben.
Herzog Friedrich Christian I.
Das 18. Jahrhundert begann für das Haus Augustenburg mit großen wirtschaftlichen Problemen. Friedrich Christian I. (*1721-1794†) hatte zunächst von seinem Vater Christian August I. (*1696-1754†) den hoch verschuldeten Güterkomplex Augustenburg und Gravenstein übernommen. Ihm wurde dann jedoch gestattet, königliche Lehen in Eigentum umzuwandeln. So konnte er seinen Besitz im südlichen Teil der Insel Alsen und im Sundewitt arrondieren und stieg zum größten Gutsherrn Schleswigs auf. Das versetzte Friedrich Christian in die Lage, 1770 den Bau von Schloss Augustenburg zu beginnen. Das Könighaus hatte Friedrich Christian großzügig geholfen. Trotzdem blieb das Verhältnis zwischen Kopenhagen und Augustenburg nicht ungetrübt. So gaben die im 18. Jahrhundert so wichtigen Fragen des Vorrangs bei Hofe Anlass zu Verstimmungen. Es ging aber auch immer wieder darum, durch die Präsenz bei Vertrags- und Erbschaftsangelegenheiten, alte Ansprüche zu bekräftigen und für die Zukunft aufrechtzuerhalten. Erst als Außenminister Andreas Peter Bernstorff (*1735-1797†) eine Ehe zwischen dem Erbprinzen Friedrich Christian II. (*1765-1814†) und der Tochter König Christians VII., Louise Augusta (*1771-1843†) – genannt „la petite Struensee“ *) – anbahnte, verbesserte sich das Verhältnis zwischen dem Herzog und dem Königshaus wieder.
Vorspiel zum Bruch
Friedrich Christian II. nahm am Kopenhagener Hof und in der Regierung Stellungen ein, die seiner Position als Schwiegersohn des (nervenkranken) Königs und als Schwager des seit 1784 regierenden Kronprinzen entsprachen. Sie kamen zugleich auch seinen eigenen gelehrten Neigungen und weltbürgerlichen Interessen entgegen. Bereits 1786 wurde er Staatsrat und 1788, noch nicht ganz 24-jährig, Patron der Universität von Kopenhagen. In diesen Ämtern konnte er sich der Bildungspolitik und insbesondere dem höheren Bildungswesen widmen. Als Oberhaupt einer Nebenlinie des Oldenburger Hauses wollte Friedrich Christian allerdings auch die Rechte seines Hauses auf den dänischen Thron wahren.
Die „holsteinische Angelegenheit“
Auf Dauer gelang es jedoch nicht, den Konsens mit dem Königshaus zu bewahren. Die napoleonischen Kriege wälzten Europa völlig um. Das ermöglichte Kronprinz Friedrich VI. (*1768/1008-1839†), mittels königlicher Deklaration 1806 das Herzogtum Holstein mit der dänischen Monarchie zu vereinigen ”als ein in jeder Beziehung völlig ungetrennter Teil derselben und solchem nach von nun an Unserer alleinigen unumschränkten Bothmäßigkeit unterworfen”. Im augustenburgischen Interesse war dagegen ein weiterhin selbständiges Holstein, das nur durch Personalunion mit der Krone verbunden war. Der Herzog rechnete sich nämlich aus, dass die Ansprüche seiner Familie auf den Königsthron angesichts der in Dänemark möglichen weiblichen Erbfolge recht entfernt lagen. Im zum deutschen Reichsgebiet gehörenden Holstein dagegen galt die rein männliche Erbfolge. Damit waren die Augustenburger dort einem Herrschaftsanspruch erheblich näher, solange verhindert werden konnte, dass Holstein mit dem Königreich vereinigt und damit der dänischen Thronfolge unterworfen würde. Das Einvernehmen, ja der freundschaftliche Umgang zwischen Friedrich Christian und Kronprinz Friedrich hatte Schaden genommen, die „holsteinische Angelegenheit“ von 1806 war jedoch nur das Vorspiel für den endgültigen Bruch 1810.
Konkurrenz um Schwedens Thron …
Der drei Jahre jüngere Bruder Friedrich Christians, Christian August (*1768-1810†), hatte die Offizierslaufbahn eingeschlagen. Er durchlief eine militärische ”Bilderbuchkarriere”. Stand und Können ließen ihn rasch aufsteigen. 1809 wurde er von seinem Vetter Friedrich VI. zum Statthalter und Oberstkommandierenden in Norwegen ernannt. Zur gleichen Zeit hatte sich die politische Situation in Schweden durch den Sturz König Gustav IV. Adolf (*1778/1792-1809/1837†) im Jahre 1809 geändert. Friedrich VI. von Dänemark – seit 1808 König – rechnete sich deswegen Chancen aus, zum schwedischen König gewählt zu werden. Als drittes Königreich neben Dänemark und Norwegen zu einem Teil des wirtschaftlich tief in der Krise steckenden dänischen Gesamtstaats zu werden, erschien den Schweden jedoch wenig verlockend. Gewann man dagegen den Statthalter in Oslo als König, bestand zusätzlich die Chance, dass die Norweger sich von Dänemark trennten und Schweden anschlossen. Die Schweden trugen deshalb Christian August die Kandidatur an. Er versuchte alles zu vermeiden, was ihn in Verdacht hätte bringen können, die Separation Norwegens von Dänemark zu fördern. Die Annahme der Kandidatur für den schwedischen Thron machte er davon abhängig, dass der dänische König zustimmte. Dennoch geriet er in Kopenhagen ins Zwielicht, und Friedrich VI. ließ sich Zeit. Erst im Januar 1810 durfte der jüngere Augustenburger schließlich doch in Stockholm von König Karl XIII. (*1748/1809-1818†) adoptiert und unter dem Namen Karl August zum Thronfolger erklärt werden. Doch schon im Mai des gleichen Jahres starb er, noch nicht einmal 42-jährig, an einem Schlaganfall.
… zweiter Akt der Königssuche
Erneut auf der Suche nach einem Nachfolger fragte Karl XIII. von Schweden beim älteren Bruder des Verstorbenen, Herzog Friedrich Christian II. (*1765-1814†) von Augustenburg, an. Wie schon sein Bruder bat er um das Einverständnis seines Schwagers König Friedrichs VI. Der ließ ihn jedoch wissen, er bewerbe sich selbst erneut um die schwedische Krone. Da der Augustenburger eine Wahl seines Schwagers auch im zweiten Anlauf für äußerst unwahrscheinlich hielt, schickte er zwar eine Absage nach Schweden, ließ dabei aber so viel Raum, dass man ihn trotzdem hätte wählen können. Nun geschah etwas, das Friedrich Christian zutiefst erbitterte: König Friedrich VI. ließ die Insel Alsen durch Kanonenboote blockieren – angeblich, um den Herzog vor einer Entführung nach Schweden zu schützen. Mehr noch: Friedrich Christian erfuhr, die Quelle des Gerüchts von einer Entführung sei seine eigene Frau Louise Augusta gewesen. Sie hatte sich damit in den Dienst der Interessen ihres Bruders und gegen ihren Mann gestellt. Friedrich Christian zog sich darauf ganz vom Hof und aus dem Staatsdienst zurück. Er lebte mehr und mehr getrennt von seiner Frau in Augustenburg und Gravenstein und verfasste Schriften, die sich mit den historischen Voraussetzungen der augustenburgischen Ansprüche und ihres Erbrechts beschäftigten.
Kurzer Familienfrieden
Nach dem frühen Tod Friedrich Christians 1814 wurde die Verbindung mit dem Kopenhagener Hof durch die enge geschwisterliche Beziehung Louise Augustas zu König Friedrich VI. wieder enger. Die Tochter Karoline Amalie von Augustenburg (*1796-1881†) wurde 1815 die zweite Frau von Thronfolger Christian VIII. (*1786/1839-1848†). Auch die jungen Söhne Friedrich Christians II., Christian August II. (*1798-1869†) und Friedrich zog es an den Hof. Es war für sie kein Widerspruch, auf der einen Seite die Rechte und Ansprüche des Hauses Augustenburg entschieden zu betonen, andererseits sich der Aufmerksamkeit und der Ehren zu vergewissern, die ihnen als Neffen des dänischen Königs entgegengebracht wurden. Christian August II. zog sich jedoch bald auf die Stammsitze an der Flensburger Förde und auf Alsen zurück. Er hatte sich den Unmut des Königs zugezogen, weil er ohne den erforderlichen Konsens seines Onkels abzuwarten, geheiratet hatte. In Augustenburg und Gravenstein interessierten ihn vor allem Pferdezucht und Pferderennen, und er pflegte – der Mode der Zeit entsprechend – ein Leben im Stil der englischen Aristokratie. Doch blieb er politisch aktiv. Durch die sogenannte „erbliche Virilstimme“ war er quasi geborenes Mitglied der 1836 für Schleswig eingerichteten Ständeversammlung.
Das „nationale Problem“ entsteht
Die Ständeversammlungen in Schleswig und Itzehoe waren auch Forum eines neuen, des „nationalen“ Konfliktes. Auch im Norden definierte sich der Staat nicht länger allein über die Anerkennung des regierenden Fürsten durch die Untertanen. Nationen wurde zunehmend auch als volkssprachliche Gemeinschaften begriffen. Seit den 1770er Jahren wurde so in Kopenhagen die vorwiegend aus dem schleswig-holsteinischen Adel stammende deutschsprachige Führungselite angefeindet. Die nur über Personalunion in den Gesamtstaat eingebundenen Herzogtümer sollten fester an das Königreich gebunden und es sollte zumindest im nördlichen Landesteil die Dominanz der deutschen Sprache aufgehoben werden. Damit drohte die Spaltung der Herzogtümer. Das rief die „schleswigholsteinische Bewegung“ auf den Plan. Juristen und Historiker wie Nikolaus Falck (*1784-1850†) und Friedrich Christoph Dahlmann (*1785-1860†) holten das alte Landesrecht hervor. Sie interpretierten um 1815 das Privileg von Ripen neu: Was 1460 mit dem Ziel niedergelegt worden war, die Landesherrschaft durch die Oldenburger zu ermöglichen, ohne die in beiden Herzogtümern bestehenden Interessen des Adels zu gefährden, sollte nun die Unteilbarkeit und den Anspruch auf Eigenstaatlichkeit begründen. 1841 wurde das propagandistisch und populär auf die Formel „Op ewig ungedeelt“ verkürzt. Das war Wasser auf die Mühlen von Christian August. Der erzkonservative Herzog suchte nun die Nähe zur liberalen schleswigholsteinischen Bewegung. In der Ständeversammlung in Schleswig polemisierte er daher scharf dagegen, die dänische Sprache zu stärken. Dahinter stand weniger nationales Bewusststein als vielmehr das Bestreben, alles zu verhindern, was Schleswig enger an die dänische Krone binden könnte. Es ging wieder darum, Erbansprüche zu betonen.
Eine eigenartige Koalition
Nach Beginn der Revolution in Kopenhagen zündete im März 1848 der revolutionäre Funke auch in Kiel. Er entfachte das, was in Schleswig und Holstein als die ”Erhebung”, in Dänemark als ”Oprør” – also „Aufruhr“ – bezeichnet wird. Dadurch kam es zu einer Koalition zwischen der revolutionären Provisorischen Regierung und dem äußerst konservativen Herzog von Augustenburg. Er spekulierte darauf, als Regent eingesetzt zu werden. Allerdings sympathisierte niemand in der Provisorischen Regierung mit diesem Gedanken. Christian August schien nicht nur durch seine konservative Haltung und seines Unverständnisses gegenüber der nationalen Problematik untragbar. Er war auch schroff und eigensinnig und gehörte nicht gerade zu den bequemsten Zeitgenossen. Trotzdem spielten die Augustenburger eine wichtige Rolle während der Erhebung. Der Bruder von Christian August, Prinz Friedrich (*1800-1865†) – nach seinem Wohnort an der Eckernförder Bucht „Prinz von Noer“ genannt – wurde zum Oberbefehlshaber der schleswig-holsteinischen Truppen. 1851 war die Erhebung niedergeschlagen. Die Güter und die drei Schlösser Christian Albrechts wurden von der dänischen Krone eingezogen, der Herzog mit 2,25 Millionen Taler preußisch Courant entschädigt und des Landes verwiesen.
Im schlesischen Exil
Die Herzogsfamilie Christian Augusts ging nach Schlesien und erwarb die Herrschaft Primkenau. Der Herzog hatte auf seine Erbansprüche verzichten und akzeptieren müssen, dass der kinderlose Friedrich VII. die jüngere Glücksburger Linie als Nachfolger für den dänischen Thron bestimmt hatte. Die europäischen Mächte hatten das 1852 im Londoner Vertrag anerkannt. Bevor sie dem beigetreten waren, hatten sich allerdings die beiden deutschen Großmächte, Österreich und Preußen, von Dänemark in der sogenannten „Januarkundgebung“ von 1852 bindend zusichern lassen, dass die Teile der Monarchie gleichberechtigt sein sollten. Insbesondere sollte es keine Inkorporation des Herzogtums Schleswig in das Königreich geben. 1863 kam mit Christian IX. (*1818/1863 – 1906†) der erste Glücksburger auf den dänischen Thron. Er unterzeichnete am 15. November 1863 eine neue Verfassung, die Dänemark und Schleswig fest verbinden sollte, und brach damit die Auflagen der „Januarkundgebung“. Im fernen Primkenau witterte der inzwischen 65-jährige Christian August sofort die Chance für die Augustenburger, Besitz und Macht in den Herzogtümern zurückgewinnen zu können. Er verzichtete auf seine Ansprüche zugunsten seines Sohnes, der nunmehr als Herzog Friedrich VIII. (*1829 – 1880†) der Deutschen Bundesversammlung seine Thronbesteigung anzeigte.
„Mein Recht ist eure Rettung“
Mit der Proklamation „Schleswig-Holsteiner!“ wandte sich Herzog Friedrich VIII. am 16.November 1863 an die Bewohner der Herzogtümer. Er erklärte, als erstgeborener Prinz der nächsten männlichen Linie des Oldenburgischen Hauses die Regierung in den Herzogtümern Schleswig und Holstein antreten zu wollen: „Mein Recht ist eure Rettung“ lautete die emphatische Anrede. Als Grundlage seiner Ansprüche war Herzog Friedrich bereit, das Staatsgrundgesetz vom 15. September 1848 anzuerkennen und darauf seinen Eid abzulegen. Mittel, seine Ansprüche durchzusetzen, hatte er allerdings nicht. Nur im Tross der einrückenden Bundestruppen konnte Herzog Friedrichs VIII. so im Dezember 1863 in Holstein einreisen. Dennoch zog er in Kiel wie ein Sieger nach einer gewonnenen Schlacht ein. Die schleswig-holsteinische Presse vertrat inzwischen vehement die Sache des Ausgustenburgers. Sein Erscheinen war so laut und energisch gefordert worden, dass in der Tat der Eindruck entstehen konnte, mit seiner Ankunft in Kiel sei die Errichtung eines weiteren deutschen Mittelstaates praktisch schon vollzogen.
Die „Augustenburgische Bewegung“ scheitert
Doch Huldigungsadressen aus dem Volk und Fackelzüge zu seinen Ehren ersetzen keine staatsrechtliche Legitimation. Die verweigerte vor allem der preußische Kanzler Otto von Bismarck (*1815-1898†). Sein Ziel war es, das deutsche Kaiserreich unter preußischer Führung wiedererstehen zu lassen. Einen weiteren Kleinstaat auf die politische Landkarte Deutschlands zu setzen, lief dieser Vision entgegen. Bismarck vollzog so 1867 die Annexion der Herzogtümer als Provinz Schleswig-Holstein im Königreich Preußen. Friedrich VIII. zog sich verbittert nach Primkenau zurück und bewirtschaftete nach dem Tod seines Vaters 1869 die augustenburgischen Güter Primkenau sowie ein Gut in Schweden und Schloss Gravenstein, das er zurückerhalten hatte. Die 1863 kurzfristig entstandene „Augustenburgische Bewegung“, eine Schleswig-Holsteinische Landespartei, bestand noch eine Weile, fand sich jedoch spätestens mit der Reichsgründung 1871 mit der preußischen Lösung ab. Kurz vor seinem Tod 1880 erlebte Friedrich noch, dass die Heirat seiner Tochter mit dem hohenzollernschen Thronfolger Wilhelm (dem späteren Kaiser Wilhelm II.) angebahnt wurde. Die 1881 vollzogene Trauung war ein Trostpflaster für die enttäuschten augustenburgischen Hoffnungen. An Herzog Friedrich VIII. selbst erinnert nicht mehr viel im Lande: Sein Denkmal in Kiel ist zerstört, das Geschlecht der Augustenburger in männlicher Linie 1931 ausgestorben. Nur auf der seit 1920 dänischen Insel Alsen (Als) erinnern noch der Name und das Schloss an die Herzogsfamilie.
Frank Lubowitz (0304/0621/0824)*
*) Der Leibarzt und Radikalreformer Johann Friedrich Struensee (*1737-1772†) stieg am Hof des geisteskranken Christian VII. nach 1770 zum eigentlichen Regenten Dänemarks auf. Mit der der Frau des Königs Caroline Mathilde (*1751-1775†) unterhielt er ein Liebesverhältnis. Daraus soll 1771 Louise Augusta hervorgegangen sein. Struensee wurde 1772 hingerichtet, Louise Augusta galt als „la petite Struensee“.
Literatur: Johannes H. Gebauer, Christian August. Herzog von Schleswig-Holstein. Stuttgart, Leipzig 1911. Niels Neergaard, Under Junigrundloven. 2 bd., København, Christiania 1892 – 1916. Kristian Erslev, Augustenborgernes Arvekrav. København 1916. Erik Møller, Helstatens Fald. København 1958. Jørgen Steen Jensen, Hertug Hans den Yngre. Sønderborg 1971. Alexander Scharff, Wesen und Bedeutung der schleswig-holsteinischen Erhebung 1848-1850. Neumünster 1978. H. P. Clausen, Jørgen Paulsen, Augustenborgerne. Slægt – slotte – skæbne. Sønderborg 1980. Kurt Jürgensen, Die preußische Lösung der Schleswig-Holstein-Frage 1863-1867. In: Bismarck und seine Zeit. Hrsg. Von Johannes Kunisch. Berlin 1991. Frank Lubowitz, Die Ankunft Herzog Friedrichs VIII. von Augustenburg am 30 Dez. 1863 in Kiel. In. Mare Balticum. Beiträge zur Geschichte des Ostseeraums in Mittelalter und Neuzeit. Festschrift für Erich Hoffmann. Sigmaringen 1992. Harm-Peer Zimmermann, ”…schmeißt die Preußen aus dem Land!” – Die demokratische und augustenburgische Opposition in Schleswig-Holstein 1863-1881. In Demokratische Geschichte 8, 1993. Ulrich Lange (Hrsg.), Geschichte Schleswig-Holsteins. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Neumünster 1996. Henning Unverhau, Gesang, Feste und Politik. Deutsche Liedertafeln, Sängerfeste, Volksfeste und Festmähler und ihre Bedeutung für das Entstehen eines nationalen und politischen Bewußtseins in Schleswig-Holstein 1840-1848. Frankfurt a.M. 2000. Jann Markus Witt, Heiko Vosgerau, Schleswig-Holstein von den Ursprüngen bis zur Gegenwart. Hamburg 2001
Bildquellen: Vignette/Schloß Augustenburg: Sammlung Christian Degn; Johann der Jüngere/Christian IX./Friedrich: Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek (SHLB); Christian August: Dansk Centralbibliotek for Sydslesvig