Die Kartoffel kam erst spät nach Schleswig-Holstein

 

Gegen 1550 wurde die aus Chile und Peru stammende Kartoffel in Europa bekannt. In die Herzogtümern kam sie erst Mitte des 18. Jahrhunderts. Ihr Anbau wird erstmals 1750 für die Landschaft Schwansen erwähnt. Die 1759 – 1762 vom Dänischen König Friedrich V. (1746 – 1766) ins Land geholten Kolonisten, brachten den Anbau von „Potatos“ aus ihrer süddeutschen Heimat in den Norden. Auch wenn der Versuch, die Heide- und Moorflächen der schleswigschen Geest in Kultur zu bringen, in einem Desaster endete und 1765 vorerst eingestellt wurde, blieb die Kartoffel, deren Anbau sich nun schnell ausweitete. Der „Kartoffelpropst“ Philipp Ernst Lüders unterstützte  von den 1750er Jahren an mit vielen Schriften, seiner „Königlich Dänischen Ackerbauakademie“, dass sich der Kartoffelanbau verbreitete.  Der bot gerade für die ärmere Bevölkerung eine Alternative zu Getreide und Hülsenfrüchten, die in dieser Zeit im Preis anstiegen. Der Stellenwert der Kartoffel für die Ernährung nahm so schnell zu, dass die 1843 auftretende Kartoffelfäule in den Herzogtümern zur letzten großen Hungerkrise alten Typs führte. Preiswert, lagerfähig und gut transportierbar wurde die Kartoffel in der Zeit der Industrialisierung auch in den neuen Zentren zum Volksnahrungsmittel schlechthin. Die Anbaufläche wuchs deshalb ständig. Sie lag bezogen auf Schleswig-Holstein 1878 bei 2,7 Prozent, 1923 bei 4,4, 1938 bei 5,5 und erreichte 1948 mit 12,9 Prozent Anteil an der Ackerfläche ihren Höhepunkt. 1950 wurden in Deutschland pro Kopf und Jahr 190 Kilogramm Kartoffeln gegessen. Seit den 1960er Jahren sank die Produktion unter den Eigenbedarf. Der Pro-Kopf-Verbrauch ist inzwischen um mehr als zwei Drittel auf unter 70 Kilogramm gesunken. In Schleswig-Holstein wird inzwischen nur noch ein Prozent der Ackerflächen mit Kartoffeln bestellt, so dass auch hier Importe notwendig sind, um den Bedarf zu decken. Laut der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung verbrauchte im Wirtschaftsjahr 2020/2021  jeder Bundesbürger  59,4 Kilogramm. 24,2 Kilogramm wurden davon frisch verzehrt, der Rest als Pommes frites, Kartoffelsalat oder Chips. 

LS (0201/0204 / 0721 / 0322/ 0223)

Quellen: Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt und Ortwin Pelc (Hrsg.), Schleswig-Holstein Lexikon, Neumünster, 2000, Wachholtz Verlag, ISBN 3-529-02441-4; Jürgen H.Ibs/Björn Hansen/Olav Vollstedt, Historischer Atlas Schleswig-Holstein – 1867 – 1954, Herausgeber Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, 2001, Neumünster, erschienen bei Wachholtz, ISBN 3-529-02446-5; Ulrich Lange/ Ingwer E. Momsen/ Eckart Dege/ Hermann Achenbach, Historischer Atlas Schleswig-Holstein seit 1945, Herausgeber Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, 1999, Neumünster, erschienen bei Wachholtz, ISBN 3-529-02445-7; Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung