Das Stadtrecht ist in seinem Ursprung ein Sonderrecht. Es wurde vom Landesherren durch ein Privileg oder eine Handfeste verliehen und hob eine Siedlung aus dem gemeinen Recht des Landes heraus. Die Zeit der Städte beginnt auch im Norden im späten Hochmittelalter. Die neuen Städte unterschieden sich von denen der Antike dadurch, dass sie rechtlich anders behandelt wurden als das sie umgebende Land, durch das Marktrecht sowie durch eine eigene Topographie mit Stadthäusern, Befestigungen (Stadtbefestigungen) und Kirchen. Neue Elemente waren auch die Fürsorge und eine eigene innere Ordnung. Mit den Städten entstand eine neue gesellschaftliche Gruppe, die der Bürger.

1143 erhielt Lübeck als erste Siedlung im Norden das Stadtrecht. Die damals „civitas Liubice“ genannte Stadt war die erste an der Ostsee mit deutscher Bevölkerung. Sie entwickelte sich als Zugang für deutsche Waren in den Ostseeraum rasch zu einem Zentrum des Fernhandels und lief damit Schleswig bald den Rang ab. Auch Schleswig und die Hamburger Neustadt erhielten im 12. Jahrhundert Stadtrecht. Mitte des 13.Jahrhunderts endete die erste Phase der Stadterhebungen. Der Landesausbau im östlichen Hügelland Holsteins war damit weitgehend abgeschlossen. Rechtlich bestimmt von Lübeck, das 1226 zur freien Reichsstadt aufstieg und damit eigenständig gegenüber dem Landesherren wurde, war ein Netz von Städten entstanden. Die Distanz von einer Stadt zur nächsten lag bei knapp 30 Kilometer, also je ein Tagesmarsch. Anders war die Situation an der Westküste. Wie das östliche Hügelland sind auch die Marschen äußerst fruchtbar, blieben jedoch bis in das 19.Jahrhundert hinein „verkehrsfeindlich“. Nur Ripen, Tondern, Meldorf und Itzehoe konnten zu Städten aufsteigen. In der Landesmitte, die von Geest– und Sanderflächen (siehe Eiszeitland) bestimmt ist, schaffte es  nur Rendsburg (wahrscheinlich um 1235) Stadt zu werden. Dort kreuzten sich die Transitwege von der Eider über den Flemhuder See nach Kiel in West-Ost-Richtung sowie der Nord-Süd-Handelsweg, für den es bis 1200 bei Rendsburg den einzigen Flußübergang, die einzige Furt in der Mitte des Landes zwischen dem schleswigschen und dem holsteinischen Gebiet gab.

In Holstein und in Tondern wurde das Lübische Recht maßgebend, im schleswigschen Landesteil galt für die Städte ein aus dem Soester Recht entlehntes und durch das Jütische Recht (1241 Jyske Lov) modifiziertes Stadtrecht. In den Städten entstand die Selbstverwaltung der Bürger. Während das Marktrecht den Handel stützte, sorgten Ämter (Zünfte) für die Qualität der städtischen Handwerksproduktion und kämpften gegen „unzünftige“ Konkurrenz.

Mit dem Rückgang der Bevölkerung vom Beginn des 14. Jahrhunderts an stoppte die städtische Entwicklung. Erst als die Pest von Mitte des 16.Jahrhunderts ihre Schrecken verlor, erhielten weitere Orte Stadtrecht (1590 Tönning und Garding, 1603 Husum). Mit Glückstadt (1617) und Friedrichstadt (1621) werden erstmals zwei Reißbrettstädte mit Stadtrecht bewidmet, deren Bau auf freier Fläche vom Landesherren „befohlen“ wurde. Am 12.Januar 1867 wurden Schleswig und Holstein nach der Annexion preußische Provinz. Im September des gleichen entstanden durch die „Kreisordnung“ die Landkreise. Am 14.April 1869 folgte die erste einheitliche Städteordnung für die Provinz Schleswig-Holstein. Sie gab auch den Flecken als kommunalen Einheiten zwischen Dorf und Stadt eine Art gemindertes Stadtrecht. Die 1869 noch 25 Flecken wurden bald zu Städten erhoben, oder gingen in ihnen auf. Als Arnis 1934 Stadt wurde, war der letzte Flecken verschwunden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg bekamen im zunehmend dichter besiedelten Randgebiet Hamburgs Gemeinden das Stadtrecht (z.B. Norderstedt und Kaltenkirchen). Mit der Verleihung des Stadtrechts verbindet sich inzwischen im wesentlichen nur noch das Recht, sich Stadt nennen zu dürfen und eine für die städtischen Verhältnisse modifizierte Gemeindeverfassung. Vorerst jüngste Stadt in Schleswig-Holstin ist Schwentinental im Kreis Plön, das 2008 vor den Toren Kiels aus der Fusion der Gemeinden  Raisdorf und Klausdorf entstand.

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Quellen: Ulrich Lange (Hrsg.), Geschichte Schleswig-Holsteins – Von den Anfängen bis zur Gegenwart, 1996, Neumünster, Wachholtz Verlag, ISBN 3-529-0440-6; Horst Tilch (Hrsg.), Deutsches Rechtslexikon,1992, München, ISBN 3-406-36963-4; Haus/Schmidt-Eichstaedt/Schäfer (Hrsg.), Städte, Kreise und Gemeinden, 1968, Mannheim/Wien/Zürich, ISBN 3-411-02379-1; Pressemitteilung der SH-Landesregierung vom 091204