Ansicht von Schleswig 1584 bevor die Stadt zu einer "combinirten" zusammenwuchs
Ansicht von Schleswig 1584 bevor die Stadt zu einer „combinirten“ zusammenwuchs

Um die Ursprünge Schleswigs wurden vornehmlich im 16.Jahrhundert Sagen gesponnen. Belegt ist ein Ort Namens „Sliesthorp“ auf der Nordseite am Ende der Schlei (Förde) erstmals 804 in den Fränkischen Reichsannalen. Hauptort und zentraler Handelsplatz war zu dieser Zeit das auf den Südseite gelegte Haithabu. Dort endete das Danewerk, das die Landenge zwischen der Eider und der Treene bis zur Schlei gegen Angriffe auf die Dänen von Süden her schützte. Die Wikingersiedlung Haithabu entwickelte sich im 9. und 10. Jahrhundert zum zentralen Fernhandelsplatz Nordeuropas. In der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts führte deren Zerstörung zum Ausbau der schon bestehenden Siedlung „Sliaswich“ auf der anderen Seite der Schlei oder der Gründung. Ob das „Sliesthorp“ identisch mit „Sliaswich“ war, wird kontrovers diskutiert. Der Ort war bereits seit 948 zeitgleich mit Ripen und Århus zum Bischofssitz geworden. Schleswig übernahm für kurze Zeit die Funktion Haithabus. Kaufleute aus Friesland, Flandern und vom Niederrhein brachten ihre Waren nun dorthin, um sie in den Ostseeraum auszuführen. Sie organisierten sich in „Schwurbrüderschaften“ wie der Knudsgilde mit dem Ziel gegenseitiger Hilfe. Schon Ende des 12. Jahrhunderts verlor die Schleistadt jedoch ihre Stellung als zentraler Umschlagplatz im Ostseehandel an Lübeck. Schleswig wurde zu einer Ackerbürger- und Handwerkerstadt und hatte fortan vor allem als regionaler Marktort Bedeutung, blieb jedoch geistliches Zentrum. Sakralbauten wie etwa der im 13. Jahrhundert zur gotischen Hallenkirche ausgebaute St. Petri-Dom, das „Graue Kloster“ der Franziskaner sowie das St. Johanniskloster der Benediktiner zeugen davon noch heute.

Erste Stadt Nordelbiens

Die Fischersiedlung Holm an der Schlei vor dem Dom
Die Fischersiedlung Holm an der Schlei vor dem Dom

Als erster Ort im Ostseeraum (und vor Lübeck) entwickelte sich Schleswig zur Stadt. Der Prozess begann schon im 11. Jahrhundert. Seit den 1220er Jahren gab es ein komplexes Recht für die Stadt, das sich auf Elemente wie etwa des später (1242) festgeschriebenen jütischen Recht (Jyske Lov) jedoch auch auf Einflüsse aus dem deutschen Reichsgebiet stützte. Das Stadtrecht wuchs so und wurde nicht verliehen. Deshalb lässt sich auch keine Jahreszahl nennen, an der die Siedlung an der Schlei zur Stadt wurde.

Residenzstadt an der Schlei

Der "Rote Elefant" wurde als Sitz der Provinzialregierung gebaut. Heute beherbergt er das Oberlandesgericht und das Landessozialgericht sowie den Generalstaatsanwalt.
Der „Rote Elefant“ wurde als Sitz der Provinzialregierung gebaut. Heute beherbergt er das Oberlandesgericht und das Landessozialgericht sowie den Generalstaatsanwalt.

Neue Impulse bekam Schleswig nach der Landesteilung 1544. Die vor den Stadttoren errichtete Wasserburg diente fortan als Residenz des Hauses Schleswig-Holstein Gottorf. Aus der Burg vor der Stadt wurde im Laufe der Jahrhunderte ein repräsentatives Fürstenschloss. Mit dem Eintritt des dänischen Königs Christian IV. (*1577/1588-1648†) 1625 in den Dreißigjährigen Krieg (1618-48) begannen Streit und Reibereien zwischen dem Königshaus und den Gottorfern. Sie sollten fast 250 Jahre andauern und waren erst mit dem völligen Aufgehen der Gottorfer Landesteile im dänischen Gesamtstaat 1773 beendet. Die Stadt litt unter den Folgen des Kaiserlichen Krieges (1625 – 1629), des Schwedisch-Dänischen Krieges (1643 – 1645), während der Zeit des Dänisch-Schwedischen Krieges† (1658-1660) – auch „Polackenkrieg“ genannt – sowie unter dem Großen Nordischen Krieg (1700-12). Dennoch verhalf Herzog Friedrich III.(*1597-1659†) der Stadt im späten 17. Jahrhundert zu neuer Blüte. Repräsentative Bauten wohlhabender Hofbeamte entstanden in der Altstadt und in Nähe des in Schlosses. 1711 wurden die sieben Quartiere der Altstadt mit dem außen gelegenen Friedrichsberg zur „combinirten“ Stadt zusammengefasst. 1721 verloren die Gottorfer Herzöge ihre Anteile am Herzogtum Schleswig. Das Schloss diente fortan als Sitz der dänischen Statthalter. In seiner Bedeutung erheblich geschmälert erlebte Schleswig in der Zeit des umsichtigen Statthalters Landgraf Carl von Hessen nochmals einen bescheidenen Aufschwung.

Bescheidener Wohlstand

Der Schleswiger Dom auf einer Postkarte von 1910
Der Schleswiger Dom auf einer Postkarte von 1910

Verkehrsferne und eine einseitig auf Kopenhagen ausgerichtete Wirtschaftspolitik ließen Schleswig als Standort für Fabrikunternehmer wenig geeignet erscheinen. In der Stadt produzierten im 18. Jahrhundert nur eine Zuckerraffinerie und je eine Tabak-, Strumpf-, Kammertuch- und Möbelfabrik vorwiegend für den örtlichen Markt. Auch gab es zwei größere Flachspinnereien sowie die überregional bedeutsame Wagenfabrik des Schmiedemeisters Carl Hamrich. Porzellan aus der Fayencenmanufaktur zierte zahlreiche Haushalte. Mit dem Staatsbankrott des dänischen Gesamtstaats von 1813 brach der bescheidene Wohlstand in sich zusammen.

Schleswig-Holstein-Lied

Im Vorfeld der schleswig-holsteinischen Erhebung gegen den Gesamtstaat von 1848 bis 1851 wurde Schleswig zum Schauplatz nationaler Auseinandersetzungen. Nach dem Wiener Frieden hatte der Deutsche Bund auch dem dänischen Gesamtstaat auferlegt, für seine Teile Verfassungen zu schaffen und Ständeversammlungen zu etablieren. Die für das Herzogtum Schleswig trat 1836 erstmals im Ständesaal des Rathauses zusammen. Dort forderte der Abgeordnete Peter Hjort Lorenzen(*1791-1845†) 1842, im Herzogtum Dänisch als zweite Amtssprache einzuführen. Als der dänische König Christian VIII.(*1786/1839-1848†) die empörten, mehrheitlich deutschfühlenden Bürger 1844 bei der folgenden Ständeversammlung zur Mäßigung aufforderte, wurde der ursprünglich brave Text für das Schleswig-Holstein-Lied über Nacht zum Kampflied für ein geeintes „Schleswigholstein“ umgeschrieben. Es hatte beim Schleswiger Sängerfest Premiere und wurde im ganzen Land schnell populär. In der Nähe der Stadt unterlagen die deutschen Schleswigholsteiner am 25. Juli 1850 den dänischen Truppen bei Idstedt in der blutigsten und verlustreichsten Schlacht, die je auf dem Boden Schleswig-Hlsteins geschlagen wurde. Damit endete Traum der Erhebung von einem ungeteilten Land in einem deutschen Nationalstaat.

Die Preußenzeit

Wappen von Schleswig
Wappen von Schleswig

Seit 1867 gehörte Schleswig zum Königreich Preußen und damit von 1871 an auch zum Deutschen Kaiserreich. Die Stadt wandelte sich nach der Annexion zum Verwaltungszentrum der Provinz, das es bis 1947 blieb. Eine Hauptstadt im heutige Sinne war Schleswig damit nicht. Der Oberpräsident hatte seinen Sitz nur von 1879 bis 1917 an der Schlei, davor und danach residierte er in Kiel. Im Stadtgebiet entstanden eine Vielzahl öffentlicher Monumentalbauten wie etwa das backsteinerne Regierungsgebäude (das bald der „Rote Elefant“ genannt wurde) sowie Militäreinrichtungen. Zugleich erfolgte der Ausbau der Provinzial-Krankenanstalten und der Taubstummenanstalt, der heutigen Landesgehörlosenschule. Die Industrialisierung streifte Schleswig nur. Das Wirtschaftsleben konzentrierte sich auf die Bedürfnisse der Region. Die Einwohnerzahl stieg bis 1914 auf knapp über 20.000. Eine Großschlachterei sowie zwei Lederfabriken und eine Tauwerkefabrik belebten die Wirtschaft. Der Kaufmann und Konsul Emil Horn gründete eine expandierende Reederei, deren Sitz er später nach Flensburg verlagerte. Die Verkehrsinfrastruktur verbesserte sich durch den Anschluß an das Bahnnetz. Der Kreis baute dazu ein regionale Kleinbahn auf, um Stadt und Land besser zu verbinden. Durch die Volksabstimmung von 1920 (Abstimmungsgebiet), mehr jedoch durch die Inflation 1923 und die Weltwirtschaftskrise 1929 wurde Schleswig erneut hart in Mitleidenschaft gezogen. Betriebsschließungen und hohe Arbeitslosigkeit waren die Folgen. Die NSDAP erhielt darauf zu Beginn der 1930er Jahre in Schleswig und seinem Umland extrem hohen Zulauf. 1933 übernahmen die Nationalsozialisten die Macht im Rathaus.

Zweiter Weltkrieg und Wiederaufbau

Im Zweiten Weltkrieg blieb die Stadt von Kriegszerstörungen weitgehend verschont. Seit Mitte 1940 befand sich hier das Kriegsgefangenenstammlager „Stalag XA“ als zentrale Verteilungsstelle für den Arbeitseinsatz von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern in schleswig-holsteinischen Industriebetriebe und der Landwirtschaft. Einige hundert Psychiatriepatienten aus den Heilanstalten Schleswig-Hesterberg und Stadtfeld und wurden seit 1941 im Rahmen des menschenverachtenden nationalsozialistischen „Euthanasie-Programms“ zur Ermordung nach Bernburg, Hadamar und Meseritz-Obrawalde verfrachtet. Nach Kriegsende verlor Schleswig seine Funktion als Sitz der Provinzialverwaltung an Kiel, das zur Hauptstadt des neuen Bundeslandes wurde, erhielt jedoch als Ausgleich wichtige Landesbehörden wie das in den „Roten Elefanten“ einziehende Oberlandesgericht sowie mit dem Landesmuseum auf Schloss Gottorf und dem Landesarchiv im Prinzenpalais bedeutende Kultureinrichtungen. Schleswig mit seinen rund 26.000 Einwohnern ist heute von einer Vielzahl kleinerer Handels- und Handwerksbetriebe geprägt. 2003 musste die letzte Zuckerfabrik  im Land schließen. 2012 wurde die Dependance des dänischen „Danfoss-Konzerns“ mit 200 Mitarbeitern geschlossen. Die Produktion ging nach Flensburg.  Verstärkt werden die strukturellen Probleme Schleswigs durch den Abzug der letzten Bundeswehreinheiten. Deshalb wird nun vor allem auf den Fremdenverkehr gesetzt. Neben den Museen ist vor allem die sanierte Altstadt mit dem Dom und der Fischersiedlung „Holm“ ein Anziehungspunkt für Besucher.

Matthias Schartl (1201/ 0403/0721)

Tipp: Mehr zu Schleswig unter www.schleswig.de sowie bei der Kulturstiftung des Kreises Schleswig-Flensburg www.schleswig-flensburg.de

Quellen: Theo Christiansen, Schleswig 1836-1945, Schleswig 1973, Schleswiger Nachrichten; Theo Christiansen, Schleswig und die Schleswiger 1945-1962, Husum 1987, Husum Druck- und Verlagshaus, 3-88042-402-0; Hermann Kellenbenz, Schleswig in der Gottorfer Zeit 1544-1711, Schleswig 1985, Schleswiger Druck- und Verlagshaus, 3-88242-091-X; Joachim Skierka, Schleswig in der Statthalterzeit 1711-1836, Husum 1991, Husum Druck- und Verlagsgesellschaft, 3-88042-575-2

Bildquellen: Gemeinsames Archiv des Kreises Schleswig-Flensburg und der Stadt Schleswig; WappenLAS