Die „Privilegienlade“ der Schleswig-Holsteinischen Ritterschaft von 1500, seit 1504 mit 24 Wappen verziert. Heute wird sie im Landesmuseum auf Schloss Gottorf verwahrt

Vor allem im 14. Jahrhundert erwarben holsteinische Ritter zunehmend Grundbesitz im Herzogtum Schleswig. Damit wurden für den Adel die Herrschaftsteilungen im Norden zum Ärgernis. Erst mit dem Ende der Schauenburger 1459 gelang es, die Interessen der „Ritterschaft“ vertraglich zu untermauern. Die durch das „Privileg von Ripen“ 1460 erreichte Stellung konnte bis zum Beginn des Absolutismus im Königreich Dänemark 1660 gehalten werden, galt aber formal bis zum Ende der Verbindung zwischen dem Königreich Dänemark und den Herzogtümern 1864. 

Ripen als Wendepunkt

Im 12. Jahrhundert werden die ersten ritterschaftlichen Familien in Schleswig-Holstein urkundlich erwähnt. Seit dem Beginn des 14. Jahrhunderts erwarben holsteinische Adelige auch im Herzogtum Schleswig vermehrt Grundbesitz. Dadurch litten sie unter den Herrschaftsteilungen der Schauenburger Grafen. 1397 protestierte die Ritterschaft zum ersten Mal. 1422 gab es dann für die Ritter aus dem Herzogtum Schleswig und der Grafschaft Holstein korporativ die ersten Privilegien. Es wurde zum einen die Heerfolgepflicht geregelt, zum anderen wurden die Ritter von Steuern befreit (Steuern wurden „Bede“ genannt, es wurde also „Bedefreiheit“ gewährt). Als 1459 die Schauenburger ausstarben, waren Schleswig und Holstein ohne Landesherren. Diese Funktion wollte der seit 1448 in Dänemark regierende Oldenburger Christian I. (*1426/1448-1481†) übernehmen. Im März 1460 trafen sich der dänische Reichsrat und die Ritterschaft erstmals in Ripen. Im „Privileg von Ripen“ vom 5. März sicherten die Adeligen im ersten Schritt ihre Interessen in beiden Landesteilen ab. In der in Kiel am 4. April 1460 geschlossenen „Tapferen Verbesserung“ wurden die Rechte erweitert und verbrieft. Die Ritterschaft setzte auch durch, dass sie künftig mitbestimmen konnte, wer als Landesherr gewählt wurde. Von 1462 an gab es nun das Institut der Landtage. Christian I. kam in Not, weil er seinem Bruder Gerhard (Gerd) von Oldenburg (*1433-1500 †) nicht die für das Erbe von Holstein versprochenen 40.000 rheinischen Gulden auszahlen konnte. Deshalb unternahm Gerd 1465 und 1466 Kriegszüge nach Holstein und wollte Christian zwingen, ihn zum Statthalter zu ernennen. Das wollte der Adel verhindern und am 2. Mai 1469 verbündeten sich 143 Adelige mit einem Bundesbrief gegen Gerd. Dieser ließ sich nicht irritieren und von den Bauern in den Marschen huldigen. Als die Friesen 1472 einen Aufstand in Husum wagten, kam ihnen Gerd zu Hilfe, wurde jedoch vom König, zusammen mit Truppen aus Mecklenburg, Hamburg und Bremen geschlagen. Während Husum 406 Jahre mit der sogenannten „Rebellensteuer“ bis 1878 für diese Untreue büßen musste, erreichte die Ritterschaft nach dem Bundesbrief, dass ihr Gewicht weiter wuchs. 

Der Höhepunkt der Macht

Mit der ersten Landesteilung nach 1490 wurde nicht nur gegen das Privileg von Ripen verstoßen, es schwächte auch die Position der Ritterschaft. Obwohl Johann I. (*1455/1481-1513 †) als Nachfolger von Christian I. seit 1481 König von Dänemark war, setzte Christians Witwe Dorothea von Brandenburg durch, dass ihr jüngster Sohn Friedrich I. (*1471/1490 Herzog/1523 König-1533 †) Herzog von Schleswig und Holstein wurde. Damit war die Teilung vollzogen. Johann I. berief sich darauf, dass Holstein deutsches Lehen war. Damit drohte für die Ritterschaft eine Teilung der Herzogtümer. Sie stellten sich auf die Seite von Friedrich. Als dieser 1523 auch König von Dänemark wurde, belohnte er ein Jahr später die Ritterschaft. Sie bekam nun auch für ihre Territorien die Hand- und Halsgerichtbarkeit, mit der die Leibeigenschaft eingeführt wurde, durfte die Amtsmannstellen besetzen und – wirtschaftlich hoch lukrativ – wurde vom Zoll auf Getreide befreit. Zusammen mit regelmäßigen Landtagen in Kiel und Flensburg war damit der Höchststand der Privilgien und der Macht für die Ritterschaft erreicht. 

Reformation und neue Teilung

In der Reformation war die Ritterschaft gespalten. Sie konnte sich aber aus der Säkularisierungsmasse die Klöster Itzehoe, Preetz, Schleswig und Uetersen sichern, um dort die unverheirateten Töchter zu versorgen. Sie gehören bis heute der Ritterschaft. Mit der erneuten Landesteilung 1544 sah sich die Ritterschaft aufgerufen, sich erneut dafür einzusetzen, ihren Einfluss auf die Einheit der Herzogtümer zu erhalten. Im 17. und 18. Jahrhundert gingen der Ritterschaft die Ritter aus. Es gab nur noch zehn Familien des holsteinischen Uradels. Die sogenannten „Originarii“ sind die Familien, die vor der Formierung der geschlossenen Ritterschafts-Korporation von 1790 bereits in Schleswig-Holstein ansässig waren. Dazu kamen seit Anfang des 17. Jahrhunderts die sogenannten „Recepti“. Sie wurden durch einen besonderen Rechtsakt gezielt aufgenommen, um die Körperschaft der schleswig-holsteinischen Ritterschaft zu stärken. Auflage war, dass diese Familien seit drei Generation (in der Praxis 60 Jahre) in Schleswig-Holstein lebten und auf einem adeligen Gut ansässig waren.

Die Wappen der „Originarii“ der Schleswig-Holsteinischen Ritterschaft nach Christian Degn

Originarii

Die Originarii sind die Familien, die vor der Formierung der geschlossenen Ritterschafts-Korporation von 1790 bereits in Schleswig-Holstein ansässig waren. Dies sind neben den ausgestorbenen Wisch, Pogwisch und Qualen diese zehn Familien:

  • Ahlefeldt
  • Blome
  • Brockdorff
  • Buchwaldt
  • Holck
  • Rantzau
  • Reventlow
  • Rumohr
  • Schack
  • Thienen

Recepti

Die Recepti wurden seit Anfang des 17. Jahrhunderts aufgenommen, um die Körperschaft der schleswig-holsteinischen Ritterschaft zu stärken. Dies sind folgende Familien:

v. Abercron; Freiherren v. Ahlefeldt-Dehn; Grafen v. Ahlefeldt-Laurvig; Grafen v. Baudissin; Grafen v. Baudissin-Zinzendorf; Grafen v. Bernstorff (Stintenburg, Wotersen); Lehnsgrafen v. Bernstorff-Gyldensteen; v. Bethmann-Hollweg; Grafen v. Brockdorff-Ahlefeldt; Grafen v. Brockdorff-Dallwitz; v. Bülow (Alt-Bokhorst, Bossee, Bothkamp, Gudow, Wittmoldt); Grafen v. Bülow; Freiherren v. Donner; v. Hobe; Freiherren v. Jenisch; Grafen v. Hahn (Neuhaus); Grafen v. Holstein; Grafen v. Kerssenbrock; Grafen v. Kielmansegg; Freiherrn v. Liliencron; Grafen v. Luckner; Grafen v. Platen-Hallermund; Barone v. Plessen; Grafen v. Plessen; Lehnsgrafen v. Schack-Schackenborg; Lehnsgrafen v. Scheel-Plessen; v. Schiller; Grafen v. Schimmelmann; Grafen zu Stolberg-Stolberg; Freiherren v. Thienen-Adlerflycht; Grafen v. Thun und Hohenstein; Grafen v. Waldersee; Grafen v. Westphalen zu Fürstenberg

Ritterschaft und Absolutismus

Im Dänisch-Schwedischen Krieg, der 1660 endete, hatte der dänische Adel in den Augen von König Friedrich III. (*1609/1648-1670†) versagt. Friedrich vollzog deshalb als erster Monarch in Europa den Übergang zum Absolutismus. Der wurde 1665 mit dem Königsgesetz (Lex Regia) formal abgeschlossen und machte auch aus einer Wahl- eine Erbmonarchie. In den Herzogtümern wurde der Schnitt nicht so scharf gezogen. Dort wurde der Anspruch auf Teilhabe an der Macht von Ritterschaft, Klerus und Städten nie abgeschafft, er „entschlief sanft“ mit dem Auslaufen der Landtage 1675 (Degn). Sowohl bei der Verwaltung wie auch im Heerwesen, in dem nun schon lange die Ritterheere durch professionalisierte Söldnertruppen ersetzt waren, spielte der örtliche Adel kaum noch eine Rolle. 1775 regte die Ritterschaft zusammen mit den kirchlichen Würdenträgern, den Prälaten, an, eine „Fortwährende Deputation“ zu bilden. Die Ritterschaft nahm den Kampf zum Erhalt der alten Landesrechte auf. Sie wollte weiterhin ihren Vorrang in der Ständegesellschaft und auch die Sonderstellung der Herzogtümer wahren. Nicht erst mit dem Ende der Leibeigenschaft 1805 sank jedoch der Einfluss. Nach der Erhebung von 1848 bis 1851 ging dieser Prozess weiter. Mit der Annexion Schleswig-Holsteins als preußische Provinz 1867 verlor die Ritterschaft jegliche politische Bedeutung. Heute ist die Schleswig-Holsteinische Ritterschaft nach eigenem Bekunden ein Verbund von Familien, denen einerseits eine reiche Vergangenheit, andererseits aber das „Machen“ gemeinsam ist. 

-ju- (0122*)

Quellen: Ulrich Lange (Hrsg.), Geschichte Schleswig-Holsteins – Von den Anfängen bis zur Gegenwart, 1996, Neumünster, Wachholtz Verlag, ISBN 3-529-0440-6; Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt und Ortwin Pelc (Hrsg.), Schleswig-Holstein Lexikon, 2. erweiterte und verbesserte Auflage, 2006, Neumünster, Wachholtz-Verlag, ISBN 13: 9-783529-02441-2; Christian Degn, Schleswig-Holstein, eine Landesgeschichte, 1994, Neumünster, Wachholtz Verlag, ISBN 3-529-05215-9; Liste der Originarii und Recepti übernommen von <sh-ritterschaft.de>

Bildquellen: Privilegienlade: Schloss Gottorf; Wappen aus Christian Degn, Schleswig-Holstein eine Landesgeschichte, 1994, Neumünster, Wachholtz Verlag.