Als Europa Anfang um 1800 erneut vom Krieg überzogen wurde, versuchte der dänische Gesamtstaat neutral zu bleiben. Doch er geriet in den Napoleonischen Kriegen zwischen die Interessen Frankreichs und Großbritanniens. Nach fast 100 Jahren Frieden und „Wohlfahrt“ (Wohlstand) wurde das Königreich innerhalb weniger Jahre in den Ruin getrieben und musste am 5.1.1813 den Staatsbankrott erklären. Napoleons Truppen waren inzwischen auf dem Rückzug. Russland, Preußen und Schweden waren angetreten, um zusammen mit England Napoleon zu besiegen. In Schweden regierte der ehemals französische Marschall Bernadotte als Kronprinz Karl-Johann (*1763/1818-1844†). Er wollte die neue Allianz vor allem nutzen, um das seit dem 14.Jahrhundert mit den Königreich Dänemark in Personalunion verbundene Norwegen zu gewinnen. Gegen den Widerstand der Alliierten setzte er durch, dass eine „Nordarmee“ aufgestellt wurde. Im Frühjahr 1813 kam es zu einem Vorspiel. Aus Hamburg hatten sich die Franzosen zurückgezogen. Unter dem Jubel der Hanseaten rückten Kosaken als Vorhut der Nordarmee ein. Die Szenen wiederholten sich auch im seit 1810 französisch besetzten Lübeck. Doch die Franzosen kehrten mit starken Verbänden nach Hamburg zurück. Erst am 1.12.1813 marschierte die bunt zusammengewürfelte Nordarmee mit rund 34.000 von 52.000 regulären Soldaten und Freicorps aus Russland, Schweden und Preußen bei Boizenburg über die Elbe nach Holstein ein. Der Plan Bernadottes war, die wohlhabenden Herzogtümer Holstein und Schleswig in „Geiselhaft“ zu nehmen, um Dänemark zu zwingen, Norwegen an Schweden abzutreten. Die dänischen Truppen zogen sich in die Festungen zurück.
Am 7.12.1813 kam es bei Bornhöved zu Kämpfen, am 10.12. konnte die dänische Besatzung von Kiel, die auf dem Rückzug in die sichere Festung Rendsburg war, bei Sehestedt der Nordarmee erhebliche Verluste zufügen. Schon am 15.12. wurde ein erster Waffenstillstand für Holstein geschlossen. Nur die Festungen Rendsburg, Glückstadt und Friedrichsort wurden weiter belagert. Bernadotte machte Kiel zu seiner Residenz. In der lokalen Geschichte ging das Kriegsgeschehen deshalb als „Schwedenwinter“ ein. In Holstein und Schleswig war bald vom „Kosakenwinter“ die Rede. Die nur gut 2.000 Kosaken hinterließen den größten Eindruck bei den Einheimischen. Das lag an ihrem fremdländischen Aussehen, jedoch auch daran, dass die Reiter mit damals unvorstellbarer Geschwindigkeit durch das Land zogen, unerwartet auftauchten und ebenso schnell wieder abzogen. So zogen Trupps zwischen dem 11. und 17.12. von Garding auf Eiderstedt über Erfde und Schleswig nach Tondern. Bernadotte führte einen Ermattungskrieg. Zwar wurden die Festungen belagert und auch genommen, doch nicht die Angriffe, sondern die Präsenz eines großen umherziehenden Heeres, das aus dem Land lebte und in einem ungewöhnlich kalten Winter ständig Nahrung, Branntwein, Quartier, Fronarbeit, Pferde, Luxuswaren und Geld forderte, erhöhte den Druck. Schon am 9.1.1814 kapitulierte Dänemark und trat am 14.1.1814 im Kieler Frieden Norwegen an Schweden ab. Die Leidenszeit für die Zivilbevölkerung war damit nicht vorbei. Dänemark musste an der Seite der Allianz in den Krieg gegen Frankreich eintreten. Auch blieben große Verbände der Nordarmee noch im Land, um das noch französisch besetzte Hamburg zu belagern. Die Besatzer hatten schon vor dem Friedensschluß versucht, den notwendigen Nachschub durch einheimische Beamte sicherstellen zu lassen. Nun wurde eine „Kommission zur Wiederinbesitznahme der Herzogtümer“ eingesetzt. Zu den einquartierten Soldaten kamen bald noch Tausende von Flüchtlingen aus Hamburg. Erst Mai 1814 ziehen die Franzosen aus Hamburg ab. Noch bis Mitte 1815 dauerte es, bis die letzten Soldaten abgezogen waren. Sie hinterließen ein Land, das viele Jahre brauchte, um sich wirtschaftlich wieder zu erholen. Die Kosaken, berüchtigt als „Geier der Schlachtfelder“, wurden zum Symbol dieser schrecklichen Winterzeit. Noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts wird auf der Geest in Dithmarschen in Tellingstedt und Wrohm der Abzug der Besatzer mit „Kosakenbällen“ gefeiert. In der Rückschau bleibt festzuhalten, dass die Kosaken zwar Schrecken verbreiteten, doch etwa Einquartierungen des hannorverschen Husarenregimentes unter Estorff sowie auch des später idealisierten Freicorps Lützow (dessen Uniformfarben Schwarz-Rot-Gold in den 1830ern zur Flagge der deutschen Revolution wurden) im Land weitaus tiefere Spuren hinterließen. Nur die Schweden galten als diszipliniert und „anständig“ gegenüber der Zivilbevölkerung.
-ju- (1201 / 0721)
Quelle: Dieter Kienitz, Der Kosakenwinter, 2000, Heide, WestholsteinischeVerlagsanstalt Boyens & Co, ISBN 3-8042-0865-7
Bildquelle: Titel „Der Kosakenwinter“ s.o., Ölbild: Archiv Kienitz, Repro Günter Pump