Ein friesischer Fastnachtsbrauch ….
Das Biikebrennen auf den Inseln und Halligen der nordfriesischen Utlande wird heute am 21.Februar, dem Abend vor Petritag (Petri Stuhlfeier), gefeiert. Das friesische Wort „Biike“ bedeutet Zeichen, Seezeichen (Bake) oder Feuermal. Das Biikebrennen gilt als nordfriesisches „Nationalfest“. Es hat seinen Ursprung wahrscheinlich schon in heidnischer Zeit und sollte die bösen Geister vertreiben und die neue Saat schützen. Nach der Christianisierung wurde es als Fastnachtsbrauchtum weitergeführt. Weil es ein fröhliches Fest, ein „Tanzfest“, war, mußte es vor die Fastenzeit fallen. Das Feuer brannte zunächst an langen, bakenähnlichen Stangen. So ist es für 1740 überliefert, und noch 100 Jahre später wurde sie als brennende, mit Teer und Stroh gefüllte Tonne auf einer Stange beschrieben. Die heute üblichen großen Feuerstöße sind wahrscheinlich erst nach der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden. Sie setzten sich auch durch, weil seit Ende des 19. Jahrhunderts auch in den Peseln (guten Stuben) der Nordfriesen Tannenbäume aufgestellt wurden. Sie bilden bis heute einen wesentlichen Anteil des Biikematerials.
…. wird uminterpretiert
Der Keitumer Chronist Henning Rinken berichtete, das vor 1760 sich alljährlich am 22. Februar in Keitum auf Sylt die Seeleute versammelten, um ihre Abfahrt zu den Walfanghäfen zu besprechen, und Heuerverträge für die kommende Fangsaison abzuschließen. Aus dieser einfachen Tatsache entwickelte um 1830 der Keitumer Lehrer C.P. Hansen die „alte Tradition“, dass die Walfänger auf den Inseln mit einem großen Feuer verabschiedet wurden. Diese Legende hält sich – wie viele andere im 19.Jahrhundert erfundene historische Mythen – zäh bis auf den heutigen Tag. Sie ist allein deshalb schlecht erfunden, weil die Seefahrt mit den noch hölzernen Schiffen erst aufgenommen werden konnte, wenn die Häfen eisfrei waren. Und das war in der so genannten „Kleinen Eiszeit“ weitaus später der Fall wie heute. C.P.Hansens Erzählkunst ist auch die Deutung zu verdanken, die Biike sei ein Opferfeuer für den germanischen Gott Wodan.
… und bekommt seinen festen Tag
Ursprünglich lag der Termin des Biikefestes nicht fest, er wurde örtlich an verschiedenen Tagen gegangen, jedoch stets vor Beginn der Fastenzeit. Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurde das „nordfriesische Nationalfest“ fest auf den Abend des 21. Februar, dem Abend vor Petri Stuhlfeier terminiert. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde der friesische Volksbrauch für Propagandazwecke mißbraucht. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er nur noch in den Utlanden begangen. Erst nachdem der Landkreis Nordfriesland entstanden war, wurde auch vor dem Hintergrund des wiedererwachten nordfriesischen Regionalbewußtseins 1972 zum ersten Mal wieder auf dem Festland eine Biike entzündet. Heute brennen die Feuer am 21. Februar wieder in 60 bis 70 Gemeinden und längst nicht mehr allein in Nordfriesland. Besonders auf Sylt und Föhr ist das Winterfest der Inselgemeinden inzwischen zu einem touristisch vermarkteten „Event“ geworden.
und ist seit 2014 Kulturerbe
Das Biikebrennen wurde auf Initiative des Friesenrates Sektion Nord e:V. 2014 in das bundesweite VErzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Damit genießt es besonderen Schutz. Am Vorabend des 1.Mai gibt es in Dithmarschen, Oldenburg und auf Fehmarn sogenannte „Beeken- oder Bakenbrennen“, die zwar von der Begriffsbedeutung einen Bezug zur friesischen Biike haben, sich als Maifeuer jedoch auf andere Traditionen gründen.
Tipp: www.nordfriiskinstituut.de
-ju- (0203/0621/0424)
Quelle: Harry Kunz, Thomas Steensen, Sylt Lexikon, herausgegeben vom Nordfriisk Instituut, Bredstedt/Bräist, 2002, erschienen im Wachholtz-Verlag, Neumünster, ISBN 3-529-05518-2; Albert Panten, Nordfriesland, Zeitschift des Nordfriisk Instituuts, Bredstedt/Bräist, Nr. 105, 3.1994
Foto: Ulf Dahl