Seekapitän Peter Hansen
Seekapitän Peter Hansen

Während der schleswig-holsteinischen Erhebung blockierte die dänische Korvette „Galathea“ den Hafen Kiels. Der Versuch sie im Mai 1848 zu kapern, geriet zu einer der skurrilsten Episoden des Krieges. Das Desaster in der Förde ist untrennbar verbunden mit Seekapitän Peter Hansen aus der Nähe von Arnis. 1787 geboren, 1803 zur See gegangen, hatte er ein bewegtes Leben hinter sich. Er hatte auf einer amerikanische Fregatte gedient, sich als Schmuggler, und Blockadebrecher betätigt und versucht, kurz vor dem Verbot der Sklaverei auch noch in dieser Branche Geld zu machen. 1834 schließlich hatte er sich zunächst in Kiel, später an der Schlei niedergelassen. Nach dem Beginn der Erhebung nahm er Kontakt zur provisorischen Regierung in Kiel auf. Sein Plan war, die „Galathea“ durch einen schneidigen Enterangriff aufzubringen. Der Plan überzeugte, und Mai 1848 trat Hansen für eine Gage von fünf Talern Courant pro Tag als „Admiral der deutschen Flotte“ in den Seedienst der Herzogtümer Schleswig und Holstein ein.

Ohne Personal war die Heldentat nicht zu vollbringen. Schon die Anwerbung von 350 Freiwilligen wurde zu einer bizarren Aktion. Hansen, klein, dick und nun in einer reichlich goldbetreßten Uniform steckend, machte sich mit seinem Vizeadmiral, einem ehemaligen Steward eines Rheinschiffes, auf nach Hamburg. Dort und in Altona konnte er unter kriegsbedingt arbeitslosen Seeleuten jedoch auch unter dem menschlichen Strandgut der Häfen mit seinen bombastischen Reden, durchsetzt mit englischen Brocken schnell Anhänger gewinnen. Neben dem Handgeld und dem freigiebig ausgegebenen Essen lockte vor allem der reichlich spendierte Alkohol. Auch unter dessen Einfluss wurde die Verlegung der 350 Freiwilligen per Eisenbahn nach Kiel laut Augenzeugenberichten zu einem sehenswerten Spektakel. Die Helden in spe feierten auch in Kiel weiter. Bestens verpflegt, mit Getränken aller Art reichlich versehen, fanden sie durch ihr übermütiges Verhalten kaum Kontakt zu den 350 Angehörigen des Freiwilligenkorps von der Tann, mit denen sie gemeinsam die „Galathea“ erobern sollten. Obwohl Admiral Hansen immer wieder propagiert hatte, das Unternehmen sei geheim, wusste bald die ganze Stadt davon (und wahrscheinlich auch die Besatzung der „Galathea“). Zwischen den Gelagen fand Admiral Hansens Enterkommando dennoch Zeit, den Angriff gründlich vorzubereiteten: 60 Boote wurden mit Waffen sowie Sturmleitern ausgerüstet und die Abläufe geübt. Am Abend des 20. Mai 1848, war alles bereit. Neun Uhr abends, saß das Kommando in den Booten. Trotzdem ging es nicht los, denn der Admiral fehlte. Damit nicht genug: am Ufer der Förde war schon bei Bellevue eine Rakete aufgestiegen und hatte die Dänen gewarnt. Verzweifelt suchten die Schleswig-Holsteiner nach Hansen. Erst gegen Mitternacht tauchte er endlich auf, mit ihm sein Vizeadmiral, beide sturzbetrunken. Endlich konnte das Unternehmen starten. Doch schon auf dem Weg zur „Galathea“ begann der Morgen zu grauen. Die Boote waren nun ein leichtes Opfer für die 26 Achtzehnpfünderkanonen der Korvette. Admiral Hansen musste umkehren. Mit diesem schmählichen Ende der glorreich begonnenen Expedition gegen die „Galathea“ hatte niemand gerechnet. Während der alkoholbedingte Ausfall des Admirals bald in der Stadt Gesprächsthema war, vergaß Hansen ihn und schrieb in seinem Bericht an die Provisorische Regierung nur, „widrige Umstände“ hätten den Plan vereitelt. An eben diesen scheiterten auch noch weitere, halbherzige Nachfolgeaktionen, um das Blockadeschiff aufzubringen. Die „Galathea“ wurde nie geentert. Hansen nahm seinen Abschied und setzte sich in die USA ab. Als er später zurückgekehrt war, berichtete er in seinen Memoiren detailliert über sein bewegtes Seemannsleben. Seine Zeit als Admiral und das Unternehmen „Galathea“ vergaß Hansen allerdings dabei.

Jann Markus Witt (0102/0821)

Bildquelle: Jann Markus Witt, Master next God? – Der nordeuropäische Handelsschiffskapitän vom 17. bis zum 19. Jahrhundert, Schriften des Deutschen Schiffahrtsmuseums, Band 57, Bremerhaven/Hamburg, 2001, Convent-Verlag, ISBN 3-934613-25-X