Die schleswig-holsteinische Erhebung gegen Dänemark 1848-1851 war ein Teilvorgang der europäischen und deutschen Revolution. Mit ihr kamen staatsrechtliche, nationale, liberale, demokratische, soziale und militärische Probleme sowie europäische Machtinteressen auf die politische Tagesordnung. Seit den 1840er Jahren hatte der deutsch-dänischen Gegensatz im Gesamtstaat an Schärfe zugenommen. Die dänischen Nationalliberalen, die Eiderdänen, erstrebten einen dänischen Nationalstaat, dessen Südgrenze die Eider bilden sollte. Die deutsch gesinnten Schleswig-Holsteiner wünschten, dass ganz Schleswig und Holstein einem künftigen deutschen Nationalstaat mit der Königsau als Nordgrenze angeschlossen werden sollte. Beide, Deutsche und Dänen, beanspruchten das ganze Herzogtum Schleswig, und beide unterbauten ihre Ansprüche mit historisch-rechtlichen Argumenten. Gemeinsam war beiden nationalen und liberalen Bewegungen die Gegnerschaft zum dänischen Absolutismus sowie der Wunsch nach einer freiheitlichen Verfassung. Aber der vordringende Nationalismus hatte einer gemeinsamen liberalen Frontstellung längst den Boden entzogen. Am 18. 3. 1848 forderten die schleswig-holsteinischen Stände (Ständeversammlung) und eine Volksversammlung in Rendsburg unter anderem die Aufnahme Schleswigs in den Deutschen Bund, Presse- und Versammlungsfreiheit sowie eine Volksbewaffnung. Die Forderung führte in Kopenhagen zur Bildung eines konservativ-liberalen Ministeriums auf Grundlage der Eiderpolitik. Dies veranlasste die führenden Männer der schleswig-holsteinischen Landespartei am 24. 3. 1848 eine Provisorische Regierung (Friedrich Graf Reventlow, W. H. Beseler, Prinz Friedrich von Noer, Theodor Olshausen u.a,) zu bilden. Mit ihrem legitimistisch-liberalen Aufruf „Mitbürger“ (Aufrechterhaltung der Rechte des Landes und des angestammten Herzogtums, Anschluss an die Einheits- und Freiheitsbestrebungen Deutschlands) gewann sie die Mehrheit der konservativen und deutsch-national gesinnten Schleswig-Holsteiner für sich. Krieg mit Dänemark war die Folge. Gleichwohl hat die Provisorische Regierung mit den vereinten Ständen und der nach allgemeinem und direktem Wahlrecht gewählten Landesversammlung eine Reihe von Reformen eingeführt: Presse-, Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Bürgerbewaffnung und allgemeine Wehrpflicht; sozial ungerechte Steuern und Privilegien wurden abgeschafft. Das Staatsgrundgesetz vom 15. 9. 1848 ist bezeichnet worden als „die demokratischste Verfassung, die man in Europa bis dahin gesehen hatte“ (H. P. Clausen). Gleichwohl fehlte der Mehrheit der Liberalen und erst recht den Konservativen weithin das Verständnis für die unruhig gewordenen kleinen Leute in den Gutsdistrikten und an der Westküste. Den Krieg, in dem die Schleswig-Holsteiner von Bundestruppen und von Preußen unterstützt wurden, beendete der am 26. 8. 1848 auf Druck der Großmächte zustande gekommene Waffenstillstand von Malmö, in dem der Rücktritt der Provisorischen Regierung (22. 10. 1848) und die Einsetzung einer konservativen „Gemeinsamen Regierung“ festgelegt worden war. Nach Ablauf des Waffenstillstandes brach der Krieg am 3. 4. 1849 wieder aus; er endete abermals durch Einwirkung der Großmächte mit dem Berliner Waffenstillstand vom 10. 7. 1849. Die Ende März eingesetzte schleswig-holsteinische Regierung, die Statthalterschaft (Reventlow, Beseler), blieb auf Holstein beschränkt; Schleswig wurde fortan von einer dänisch-preußischen Kommission (Landesverwaltung) regiert, mit einem Engländer als 91 Schiedsrichter. Am 2. 7. 1850 wurde in Berlin ein Friedensvertrag unterzeichnet, ein einfacher Friede, der die Wiederherstellung des Gesamtstaats vorsah. Die Statthalterschaft schätzte die politische Situation falsch ein, schlug auch sachkundigen Rat in den Wind und riskierte wieder einen Krieg, der mit der Niederlage bei der Schlacht bei Idstedt am 24. und 25. Juli 1850 praktisch entschieden war. Preußen arrangierte sich mit Österreich und die schleswig-holsteinische Sache wurde dem Frieden geopfert. Beide deutschen Großmächte bewirkten die Unterwerfung der Landesversammlung und der Statthalterschaft am 1. 2. 1851. Im folgenden Jahr wurde Schleswig-Holstein wieder der Autorität des dänischen Königs unterstellt. Die Großmächte erkannten die Integrität des Gesamtstaats im Londoner Protokoll vom 8.5.1852 an, ohne sie freilich zu garantieren. Viele der schleswig-holsteinischen Protagonisten der Erhebung entgingen den neuen ungewollten Verhältnissen und auch der Verfolgung durch Auswanderung in den USA wurden sie als „Forty-Eighter“ – also 1848 bezeichnet.
Manfred Jessen-Klingenberg (0501/0621/0423)
Quelle: Manfred Jessen-Klingenberg, aus: Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt und Ortwin Pelc (Herausgeber), Schleswig-Holstein Lexikon, 2. erweiterte und verbesserte Auflage, 2006, Neumünster, Wachholtz-Verlag, ISBN 13: 9-783529-02441-2
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