Querschnitt Entwässerungsmühle mit archimedischer Schraube
Querschnitt Entwässerungsmühle mit archimedischer Schraube

In den Marschen der Westküste ist die Entwässerung genauso bedeutend wie der Deichbau. War ein neuer Koog entstanden, musste das ehemalige Meeresland nicht nur trockengelegt werden. Denn auch das Wasser von der Geest und aus großen Teilen des östlichen Hügellands fließt nach Westen in die Nordsee und muss durchgeleitet werden. Bedingt durch die letzte Eiszeit, die Weichseleiszeit (Eiszeitland), ist Schleswig-Holstein – vereinfacht – ein nach Westen abfallendes Pult. Die Wasserscheiden liegen in unmittelbarer Nähe der Ostseeküste. So etwa die in den „Fröruper Bergen“ westlich von Flensburg. Alles Wasser, was nicht unmittelbar über die Hänge nach Osten in die Förde abfließt, geht auf die weite Reise zur Nordsee und wird (heute) vor allem durch den Hauke-Haien-Koog (siehe Programm Nord) ins Wattenmeer geleitet. Erinnert sei auch daran, dass die Eider bei Kiel entspringt und vor Tönning in die Nordsee mündet.

Marschen brauchen Grüppen und Wettern

Entwässerungsmühlen in der Marsch

Die Marschen werden durch ein System von Gräben entwässert, das mit schmalen Grüppen auf Weiden und Äckern beginnt, die in zentralen Abläufen (Wettern oder Vorfluter) zusammenfließen. Das Wasser wird durch eine Schleuse im Deich, das Siel, ins Meer abgeführt.

Bis Anfang des 17. Jahrhunderts konnte an der Westküste Wasser nur dann in die Nordsee abgeführt werden, wenn das Meeresniveau unter dem Wasserstand hinter den Deichen lag. Das änderte sich, als Niederländer ins Land geholt wurden und damit die Phase des unternehmerischen Deichbaus begann. 1610 entstand auf Eiderstedt der erste Koog, der nicht mehr von den Anwohnern gebaut wurde. Nach 1619 legten in der Eider-Treene-Niederung Holländer Friedrichstadt an. Die Deichbauer und Siedler brachten aus ihrer Heimat das Wissen an die Westküste, wie mittels Schöpfmühlen auch unter Meereshöhe liegende Köge entwässert werden konnten. Damit wurde auch dort eine profitable Landwirtschaft möglich. Auch konnten nun Moore in Köge verwandelt und urbar gemacht werden. Da sich zudem viele Flächen nicht zuletzt durch den moorigen Untergrund senken, nachdem sie bedeicht sind, wurde die Kunst des Entwässerns zu einer Schlüsseltechnologie dieser Zeit. Das galt besonders für die Wilstermarsch, die immer weiter unter den Meeresspiegel sackte. Dort mußte durch eine Vielzahl von Schöpfmühlen der Wasserspiegel gesenkt werden. Heute leisten entlang der Küste meist elektrisch betriebene Schöpfwerke diese Arbeit. Sie sind inzwischen zum größten Teil veraltet. Der Ersatz und Neubau sind auch angesichts der notwendigen Energieeinsparungen eine große und teure Last. In Honigfleth bei Wilster ist die letzte (und 2000 renovierte) erhaltende hölzerne Schöpfmühle zu sehen. Die Krokermühler (Bockwindmühle) hebt das Wasser über eine archimedische Schraube. Die Entwässerung erfordert eine regelmäßige Pflege des Vorflutsystems, die im wesentlichen durch das Kleien geleistet wird.

-ju-(0902/0621/0422)

Quelle: Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt und Ortwin Pelc (Herausgeber), Schleswig-Holstein Lexikon, 2. erweiterte und verbesserte Auflage, 2006, Neumünster, Wachholtz-Verlag, ISBN 13: 9-783529-02441-2

Bildquelle: aus „Windmühlen in alten Ansichten, Band 3“, Walter Heesch, 1988