Erst Ende des 16. Jahrhunderts ließen sich die ersten Juden in den Herzogtümern nieder. Es waren „Aschkenasen“, das bedeutet „deutsche Juden“. Eine Ausnahme bildete Glückstadt. Christian IV. (*1577/1593-1648†) warb für die von ihm planmäßig seit 1616 angelegte Stadt „portugiesische Juden“ an, die seit dem Ende des 16. Jahrhunderts ihre Heimat in kleiner Zahl verlassen hatten. Der Stadtgründer lockte die Sepharden mit Freiheiten und Privilegien. Dazu gehörten – einmalig zu dieser Zeit im christlichen Europa – Sitz und Stimme im Rat der Stadt. An den Sepharden, zu denen alle iberischen Juden, also auch die spanischen gehören, bestand besonderes Interesse, denn sie besaßen einen ganz anderen kulturellen und sozialen Hintergrund als die Aschkenasen: Ihre Vorfahren hatten von der maurischen Hochkultur auf der Iberischen Halbinsel unter arabischer Herrschaft profitiert und diese Tradition an die Nachfahren weitergegeben. Darüber hinaus pflegten die Sepharden enge Kontakte zu den Zentren der Alten und der Neuen Welt. Christian IV. wußte also genau, warum er portugiesische Juden einlud, sich in der neuen Stadt niederzulassen. Von 1619 an zogen Kaufleute, Ärzte, Münzmeister, Naturwissenschaftler und andere Gelehrte in die Stadt. 1623 waren es 29 Familien, 1691 jedoch nur noch zehn Personen. Der Traum Christians IV., mit Glückstadt der mächtigen Hansestadt Hamburg Konkurrenz zu machen, hatte sich zerschlagen. Solange die Gemeinde der Sepharden in Glückstadt bestand, genoss sie in den Herzogtümern eine Sonderposition. So unterlag sie nicht wie die übrigen jüdischen Gemeinden dem Oberrabiner sowie dem Rabinatsgericht in Altona.
Nicht Toleranz, sondern handfeste wirtschaftliche Interessen waren das Motiv, die Sepharden in den Norden zu holen. Auch der Gottorfer Herzog Friedrich III. (*1597/1616 – 1659†) bemühte sich, im von ihm 1621 gegründeten Friedrichstadt deshalb neben den niederländischen Religionsflüchtlingen Sepharden anzusiedeln. Jedoch verpflichtete ihn der 1627 mit Spanien geschlossene Handelsvertrag, keine iberischen Juden aufzunehmen. So waren es dann doch aschkenasische Juden, die seit 1675 in die Treenestadt kamen und zeitweilig die zweitgrößte religiöse Gruppe in der Stadt waren. Ein Sepharde wurde trotzdem für den Gottorfer Hof bedeutend. Er kam aus Glückstadt und war mit seinen beiden Söhnen der erste einer kleiner Reihe von gottorfschen Hofjuden, die versuchten, Geld für den über seine Verhältnisse lebenden Kleinstaat zu besorgen.
Frauke Dettmer (0603/0721)
Quellen: Michael Studemund-Halévy (Hrsg.), Die Sefarden in Hamburg – zur Geschichte einer Minderheit, 1994, Hamburg, Buske Verlag, Teil I ISBN 3-87548-048-1, Teil II ISBN 3-87548-099-6
Bildquelle: Sabine Kruse und Bernd Engelmann (Hrsg.), Mein Vater war portugiesischer Jude … , Ausstellungskatalog 1992