Am Treppengiebel des "Herrenhauses" am Husumer Markt sind die sogenannten "Rebellenköpfe" zu finden. Zwar tragen sie individuelle Züge, doch gilt heute nicht mehr als sicher, daß sie wirklich Portraits der Rebellen sind.
Am Treppengiebel des „Herrenhauses“ am Husumer Markt sind die sogenannten „Rebellenköpfe“ zu finden. Zwar tragen sie individuelle Züge, doch gilt heute nicht mehr als sicher, dass sie wirklich Portraits der Rebellen sind.

1472 kam es in Husum zu einer folgenschweren Rebellion des mächtigen Fleckens und seines nordfriesischen Umlandes gegen Christian I. (*1426/1448- 1481†). Christian I., der seit 1448 König von Dänemark und seit 1460 in Personalunion auch Herzog von Schleswig und Graf von Holstein war, rückte darauf mit Hilfe aus Lübeck, Hamburg und Mecklenburg gegen Husum vor. Husum ergab sich ohne Kampf und erlebte ein schreckliches Strafgericht. An die 70 Rädelsführer sollen geköpft oder gerädert worden sein, dem Ort wurde die damals enorme Summe von 30.000 Mark Brandschatzung auferlegt, um der Zerstörung zu entgehen. Husum verlor zudem die erst 1465 verliehenen „Blek-“ oder Fleckensrechte. Die Häuser der Aufständischen wurde zudem mit der sogenannten „Rebellensteuer“ belegt. Sie wurde deren Nachfahren erst nach 406 Jahren und nach sechsmaligem Wechsel der Landesherrschaft 1878 durch die Preußen erlassen und ist damit ein historisches Kuriosum.

Bruderstreit

Gesamtansicht des Hauses Markt 3
Gesamtansicht des Hauses Markt 3

Auslöser des Aufstandes war der Streit Christians I. mit seinem jüngeren Bruder Gerhard (*1439-1500†). Als der Oldenburger 1460 auch zum Landesherrn über Schleswig und Holstein gewählt wurde, musste er im Privileg von Ripen auch zusichern, dass er für Ansprüche gegen ihn aufkam, ohne dafür zusätzlich Steuern (Bede) zu erheben. Doch sein Streben, neben Dänemark und Norwegen auch Schweden unter seiner Herrschaft als drittes Königreich in der zerfallenden „Kalmarer Union“ zu halten, fraß seine Mittel auf. So kam 1465 Gerd in den Norden und setzte sich in Rendsburg fest, um seine Ansprüche durchzusetzen. Christian lenkte zunächst ein. Gerd wurde von 1466 bis 1470 zum königlichen Statthalter. Da sein Bruder in seiner Geldnot große Teile des Landes an den Adel verpfändet hatte, der das wiederum ausnutzte, um hohe Abgaben zu fordern und Bauernland einzuziehen, war der Unmut groß. Gerd nutzte diese Situation und erreichte durch geschickte Agitation, dass vor allem Bauern direkt an ihn die Bede entrichteten. Er setzte dabei vor allem darauf, dass sein königlicher Bruder nachgiebig blieb. Doch 1470 war das Maß voll. Es kam zum Streit zwischen den Brüdern. Christian forderte, Gerd solle die Bücher offenlegen. Zunächst floh er, konnte dann jedoch in Rendsburg gestellt und schließlich des Landes verwiesen zu werden. 1471 verlor Christian in Brunkeberg vor Stockholm die entscheidende Schlacht um die Herrschaft über Schweden. Besonders in den Marschen keimte darauf erneut der Widerstand gegen ihn auf. Grund dafür war die neue Koalition Christians mit den Hansestädten. Er war sie auch eingegangen, um Gerd aus dem Land zu werfen. Hamburg war dabei vor allem daran gelegen, sein Stapelrecht durchzusetzen und damit den lukrativen Direkthandel mit Weizen der Marschen mit Flandern und den Niederlanden zu unterbinden. In dieser Situation „luden“ die Husumer Gerd ein, als Landesherr ihre Interessen durchzusetzen. 1472 kam Gerd auch nach Husum. Er floh jedoch schon, bevor Christian durch die Hilfe seiner Verbündeten mit annähernd 2.000 Bewaffneten vor dem Ort auftauchte. Er setzte damit die königliche Macht durch. Übrigens – zumindest an der Westküste – auch gegen den Adel. Das ist einer der wesentlichen Gründe, warum in den Marschen im Gegensatz zur Ostküste die Bauern frei blieben und nicht in Abhängigkeit oder Leibeigenschaft des Adels kamen. Der Aufstand der Husumer führte auch dazu, das Husum als der nach Flensburg mit fast 5.000 Einwohnern zweitgrößter Ort im Herzogtum  erst 1603 Stadtrecht bekam.

-ju- (0403 /0721)

Quellen: Erich Hoffman in Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Geschichte Schleswig-Holsteins – Spätmittelalter und Reformationszeit, vierter Band, Teil II, 1986, Neumünster, WachholtzVerlag; Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt und Ortwin Pelc (Hrsg.), Schleswig-Holstein Lexikon, Neumünster, 2000, Wachholtz Verlag, ISBN 3-529-02441-4; Dr. Ulf von Hielmcrone, Gesellschaft für Husumer Stadtgeschichte

Bildquelle: Zeichnung aus: Brar V. Riewerts, Die Stadt Husum in Geschichte und Gegenwart, Husum, 1969, Verlag Hermann Hansen; Foto Archiv Jürgen E. Dietrich, Husum