Der Idstedt Löwe auf dem Alten Friedhof in Flensburg
Der Idstedt Löwe auf dem Alten Friedhof in Flensburg

Der gewaltige Idstedt Löwe des Bildhauers Herman Wilhelm Bissen (*1798-1868 †) hat wie kein anderes Denkmal in der Geschichte Dänemarks und des Grenzlandes Emotionen geweckt, Diskussionen und auch Streit verursacht. Auf den Tag zwölf Jahre nach der Schlacht bei Idstedt wurde am 25. Juli 1862 der nach Süden zur Eider blickende Idstedt Löwe auf dem alten Friedhof in Flensburg aufgestellt. Er war Symbol des dänischen Sieges über die „Schleswigholsteiner“ am Ende der Erhebung. Im Zweiten Schleswigschen Krieg 1863/64 siegten Preußen und Österreich. Der Idstedt Löwe wurde 1867 nach der Annexion der Herzogtümer durch das Königreich Preußen als Siegestrophäe nach Berlin geschafft. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges brachten Amerikaner das Denkmal nach Kopenhagen. Am 10. September 2011 kehrte das ehemalige Siegesdenkmal nach 147 Jahren als Symbol deutsch-dänischer Freundschaft auf den alten Friedhof in Flensburg zurück.

Es beginnt mit dem „Landsoldat“

Der Durchbruch für den in Schleswig geborenen Bissen gelingt 6. Juli 1858. In Frederica wird seine Bronze „Der Landsoldat“ enthüllt. Nun hat der Künstler Bissen es geschafft, ist als Nachfolger von Bertel Thorvaldsen (1770* – 1844†) akzeptiert, im Königreich Dänemark der Vertreter der entstehenden „Skandinavischen Nationalkunst“. Vor allem der Politiker Orla Lehmann (1810* – 1870†) war begeistert. Er begann für ein weiteres Denkmal zu sammeln. 1860 – zehn Jahre nach dem Sieg der Dänen über die „Schleswigholsteiner“ bei Idstedt – sollte ein von Bissen geschaffener Löwe an den dänischen Triumph erinnern. Eine Wahl mit hohem Symbolwert: Drei Löwen führt Dänemark im Wappen, zwei Löwen (davon) stehen für das Herzogtum Schleswig (Wappen und Flagge).

Für einen Zoobesuch nach Paris

Am 2. Juli 1859 datierte Bissen dieses 26 Zentimeter hohe Wachsmodell in Paris
Am 2. Juli 1859 datierte Bissen dieses 26 Zentimeter hohe Wachsmodell in Paris

Ende der 1850er Jahre war das Verhältnis zwischen Dänemark und vor allem Preußen als Garantiemacht des in den Londoner Protokollen 1852 fixierten Friedens nach der Erhebung angespannt. Die Garantiemächte sicherten zwar den Fortbestand des dänischen Gesamtstaates, verboten jedoch, die Herzogtümer in Dänemark einzuverleiben. Und der Wunsch, Schleswig zu einem festen Teil des Königreiches zu machen, war zentrales Anliegen der dominierenden eiderdänischen Politik dieser Zeit. Für Bissen bedeutete das, er konnte nicht nach Berlin reisen, um im dortigen Zoo Studien an einem lebenden Tier zu betreiben. Deshalb machte er sich im Sommer 1859 nach Paris auf. Dort entstand aus Wachs das erste Modell für den Löwen.

Der Löwe wächst bis zum Zusammenbruch

Orla Lehmanns Spendenaufruf mobilisierte die Dänen. Immer mehr Geld kam zusammen. Mit jedem Rigsdaler wuchs auch der Löwe. 21.000 waren es am Ende 1859. Bissen stand unter Zeitdruck. Der 25. Juli 1860 – der 10.Jahrestag der Schlacht bei Idstedt – war gesetzt. Doch in der Nacht vom 19. auf den 20. Oktober 1859 brach das nun gewaltige Modell des Löwen in der Werkstatt Bissens am Materialgaard in Kopenhagen zusammen. Das innere Stützgerüst aus Eisen war zu schwach für die Tonmenge. Schon am 1. Februar 1860 war das zweite Modell fertig. Doch der Termin war nicht zu halten. Es fehlten noch die Medaillons und auch in Flensburg gab es Probleme. Die Arbeiten um den 3,75 Meter hohen Löwen – mit Sockel immerhin so hoch wie ein Einfamilienhaus – aufzustellen, gestalteten sich schwieriger und vor allem langwieriger als erwartet. Am Ende stand die neue Anlage auf dem alten Friedhof und der erste Streit war da. Um Platz für den Löwen zu schaffen war ein Feld mit Bürgergräbern geräumt worden.

Eine dänische Feier

Erst am zwölften Jahrestag, erst am 25. Juli 1862, nach Investitionen von am Ende über 25.000 Rigsdalern (Reichstalern), wurde das gewaltige Denkmal flankiert von dänischen Soldaten, unter Salutschüssen enthüllt. Es sollte nach damaliger dänischer Lesart sowohl Grabmal als auch Siegesmal sein. Und es war ein dänisches Denkmal. Die dänische Hauptinschrift übersetzt:

TREUE KÄMPFER IN DER STUNDE DER GEFAHR
MANNHAFT HABEN SIE UNSEREN ERBGRUND BESCHÜTZT
TREUE SOLL BEIM GRABE WACHEN
MANNHAFTIGKEIT SOLL ERBE UND EHRE BEWAHREN.

Die Feiern endeten mit einem Volksfest mit 12.000 Teilnehmern in der Marienhölzung. Dieses letzte große dänische Volksfest vor dem zweiten Schleswigschen Krieg wurde nicht nur in Flensburg sondern auch in vielen deutschen Zeitungen als Provokation empfunden. Zwei Tage später kam es auf einem Sängerfest in Husum zu antidänischen Demonstrationen. Zeuge der Feier in Flensburg war der Märchendichter Hans Christian Andersen (*1805-1875†). Er notierte besorgt: „Was wird nur geschehen, wenn einst ein Feind uns hier besiegen wird?“

Vom Siegesmal zur Kriegstrophäe

In deutschen Blättern wurde der Versuch der Demontage gefeiert
In deutschen Blättern wurde der Versuch der Demontage gefeiert

Orla Lehmann, seit 1861 dänischer Innenminister, schreibt zu dieser Zeit entscheidend mit an der neuen Novemberverfassung. Sie legt fest, das Herzogtum Schleswig zum Teil des dänischen Staatsgebietes zu machen. Damit brach Kopenhagen bewusst mit den Londoner Protokollen. Deren Garantiemächte Österreich und Preußen – allen voran der preußische Kanzler Otto von Bismarck (*1815-1898†) – reagierten hart und unerwartet schnell. Schon kurz nachdem die Dänen nicht auf ein Ultimatum reagiert hatten, marschierten am 1. Februar 1864 Truppen ein. Die Herzogtümer waren schon im Februar besetzt, die Preußen gruben sich vor Düppel ein. Am Abend des 22. Februar wollten „schleswig-holsteinische Aktivisten“ den verhassten Löwen unter großer Anteilnahme vieler Flensburger vom Sockel kippen. Als die Polizei eintraf und alles stoppte, war der Schwanz des Löwen schon entfernt, das gewaltige Monument mit Wagenheber und Tauen bereits sechs Zoll (gut 15 Zentimeter) angehoben und auf dem Sockel gedreht. Die Täter flüchteten, nur vier Männer aus Altona wurden festgenommen. Am nächsten Tag bat der noch in Flensburg residierende dänische Oberpräsident Carl von Rosen (*1819- 1891†) das Denkmal wieder herzustellen. Der preußische Zivilkommissar Freiherr Constantin von Zedlitz (*1813-1889†) teilte von Rosen mit, man sei im Begriff, das Denkmal zu entfernen. Als Bismarck von dem Demontageversuch aus der Zeitung erfuhr, protestierte er scharf. Es sei ein unwürdiger Gedanke, die Denkmale früherer feindliche Siege zu vernichten oder zu entfernen. Solche Monumente müssten unverletzt erhalten bleiben. Doch der Abbau des Löwen lief schon. Jetzt damit begründet, der Löwe solle vor dem Volkszorn geschützt werden. Nach der Annexion der Herzogtümer als preußische Provinz ging der Löwe 1867 auf seine zweite Reise. Er wurde nach Berlin gebracht, restauriert und 1868 dort als Siegesstrophäe vor dem Zeughaus aufgestellt. Zehn Jahre später zog er in den Kasernenhof der neuen Kadettenanstalt in Lichterfelde um – seine dritte Reise.

Vom Denkmal zum nationalen Symbol

Zu den Löwenspöttern in Deutschland gehörte auch Wilhelm Busch, der den Löwen aus deutscher Sicht karikierte
Zu den Löwenspöttern in Deutschland gehörte auch Wilhelm Busch, der den Löwen aus deutscher Sicht karikierte

Zu den Löwenspöttern in Deutschland gehörte auch Wilhelm Busch, der den Löwen aus deutscher Sicht karikierte. Der Löwe war aus nationaler deutscher Sicht eine Episode. Angesichts der Reichsgründung, dem Aufstieg des kaiserlichen Deutschland und dessen Fall im Ersten Weltkrieg war die Bronze Bissens hierzulande kein Thema. Anders in Dänemark und in Flensburg. Im Königreich wurde er zum nationalen Symbol für den Verlust Schleswigs, auch der Niederlage und etwas auch trotziges Zeichen gegen die Angst vor dem übermächtigen Nachbarn. Tausendfach entstanden kleine Kopien, die in dänischen Häusern standen. Schon 1874 gab es den ersten Versuch, den Löwen einzusetzen, um im Grenzland zu versöhnen. Ein dänischgesinnter Reichtagsabgeordneter schlug vor, den Löwen zurück nach Flensburg zu bringen. Bismarck hatte daran seine Zweifel. In Flensburg wurde der Plan abgelehnt, das Denkmal blieb in Lichterfelde.

Von Berlin nach Kopenhagen

Amerikanische Soldaten übergeben am 20. Oktober 1945 den Idstedt Löwen beim Zeughausmuseum in Kopenhagen  offiziell an Konig Christian X.
Amerikanische Soldaten übergeben am 20. Oktober 1945 den Idstedt Löwen beim Zeughausmuseum in Kopenhagen offiziell an Konig Christian X.

Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Idstedt-Löwe erneut Thema. Schon im Mai 1945 hatten dänische Zeitungen gefordert, der Löwe müsse Berlin verlassen. Schließlich überzeugte der dänische Journalist Henrik V. Ringsted (*1907- 1993†), Kriegskorrespondent von „Politiken“, die amerikanischen Besatzer, den wie durch ein Wunder unversehrt im zerstörten Berlin stehenden Löwen nach Kopenhagen zu überführen. Mit seiner vierten Reise wurde der Löwe nun von einer preußischen Kriegstrophäe zu einer amerikanisch-dänischen Kriegsbeute. Am 5. Oktober 1945 erreichte der Löwe die dänische Hauptstadt, am 20. Oktober wurde er von den Amerikanern im Hof des Zeughauses feierlich an König Christian X. (*1870/1912-1947†) übergeben. In seiner Dankrede an das US-Militär sagte Christian: „Wenn man zurückdenkt an König Frederik VII. und seine Zeit , als man der Stadt Flensburg dieses Geschenk machte, da meine ich, wir sollten dieser Tradition treu bleiben. Wenn die Verhältnisse es zulassen, sollte der Löwe nach Flensburg zurückkehren zur Erinnerung an die vergangenen Zeiten und zum Gedenken an alle, die ihr Leben im Dreijährigen Krieg geopfert haben.“

„Ein Provokationsdenkmal ersten Ranges“

Beginnend mit dem Jahr 1874 blieb der Löwe in Flensburg Thema. 1913 fragte der freisinnige Landtagsabgeordnete Dr. Duus beim Kriegsministerium in Berlin an, ob der Löwe zurückkehren könnte. Das Ministerium lehnte ab, die Rückkehr könne zu politischen und dänisch-nationalen Kundgebungen und Erregungen führen, die in gemischten Landesteilen im Interesse des Deutschtums unbedingt verhindert werden müssten. 1920 – die Grenze war neu gezogen und Flensburg hatte sich für den Verbleib im Deutschen Reich entschieden – erfolgte der nächste Vorstoß. Der Löwe sollte zurückkehren, wenn Dänemark zusagte, die deutschen Siegesmale auf seinem Territorium zu schützen. Im Außenministerium fand man die Idee nicht schlecht. Vor Ort wurde sie strikt abgelehnt. Oberbürgermeister Dr. Hermann B. Todsen (*1864-1946†) schrieb an den Regierungspräsidenten in Schleswig, für die Deutschen im Grenzland sei die Rückkehr völlig inakzeptabel, der Löwe sei ein „Provokationsdenkmal ersten Ranges“. 1928 kam dann der erneute Vorschlag, den Löwen zurückzuholen. Dieses Mal mit dem Ziel „goldene Brücken“ nach Dänemark zu bauen. Wieder lehnte der Magistrat strikt ab. 1937 schrieb Stadtarchivar Prof. Fritz Graef in der Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte (ZSHG 65, 1937, Seite 255) einen grundlegenden Aufsatz. Die Kernpunkte: der Löwe sei ein dänisches Siegesdenkmal, um ihn aufzustellen wurde das Denkmal für die gefallenen Schleswig-Holsteiner zerstört. Graefs Text lieferte für Jahrzehnte die Argumente, um eine Rückkehr des Löwen abzulehnen.

Vom Nein zum Jein

Als durch die Bonn-Kopenhagener-Erklärungen am 28. März 1955 die Minderheitenfrage im Grenzland auf eine neue und in Europa bis heute vorbildliche Basis gestellt war, kam aus Dänemark der Vorschlag, den Löwen wieder nach Flensburg zu bringen. Dort reagierten die Verantwortlichen verunsichert. Der Löwe blieb in Kopenhagen. 1962 – 100 Jahre nachdem der Löwe erstmals aufgestellt wurde – schien erneut ein guter Anlass. Sowohl der Stadtpräsident, Landespolitiker, Historiker und der Grenzfriedensbund waren dafür. Doch die Kritiker setzen sich schließlich in der öffentlichen Debatte durch. Der nächste Anlauf scheiterte im Vorfeld des 700-jährigen Stadtjubiläums 1984. Nachdem Deutschland wiedervereinigt war, kam 1992 erneut vom Grenzfriedensbund der Vorschlag, den Löwen zurückzuholen. Vorsitzender Artur Thomsen meinte, die Zeit sei reif. Schien sie jedoch nicht. Als am 15. September 1992 Siegfried Matlok, Chefredakteur der Zeitung der deutschen Minderheit in Dänemark „Der Nordschleswiger“, in einem Vortrag für die Rückkehr des Löwen plädierte, kam es im Deutschen Haus zu einer emotionalen Debatte mit zum Teil unangenehmen Beiträgen. Am Ende war der alte Streit wiederbelebt worden. Der Löwe blieb in Kopenhagen. Doch als Folge gab es 1993/94 eine gemeinsame Löwenausstellung in Sonderburg und Flensburg.

Die Wende im Löwenstreit

In Dänemark warb ein Verein dafür, den Löwen zum 150. Idstedttag im Jahr 2000 von Kopenhagen nach Frederica zu versetzen, wo schon der Landsoldat an die Opfer der Erhebung, in Dänemark „Oprør“ (also Aufruhr) genannt, erinnern. Auf eine Anfrage der Dansk Folkeparti stellte die Kulturministerin Elsebeth Gerner Nielsen im Folketing jedoch klar: der Löwe bleibt in Kopenhagen. Wenn es jedoch die dänische Minderheit und die deutsche Mehrheit südlich der Grenze wünschten, könnte der Löwe wieder nach Flensburg umziehen. 2000 bekam der Löwe in Kopenhagen einen neuen Sockel aus Egernsunder Ziegeln und wartete weiter. Mit den Kommunalwahlen vom 25. Mai 2008 änderte sich der bis dahin von SPD, CDU und SSW dominierte Rat in Flensburg grundlegend. Nun waren neun Fraktionen vertreten. Darunter auch die drei Abgeordnete der Partei DIE LINKE. Ihr Vorsitzender Heinz-Werner Jezewski brachte die Löwen-Debatte wieder in Gang. Er wollte den Löwen als Anti-Kriegs-Zeichen nach Flensburg zurückholen. Die Idee war, den Löwen in Flensburg in einen neuen Zusammenhang zu stellen, damit aus dem Kriegsdenkmal ein Mahnmal des Friedens, ein Denkmal des überwundenen Denkens werden könne. Oberbürgermeister Klaus Tscheuschner griff die Idee sofort auf. Er hoffte damit rund um das 725-jährige Stadtjubiläum 2009 ein Zeichen setzen zu können.

Deutsch-dänische Geheimdiplomatie

Sollte der Coup gelingen, brauchte das Projekt alles nur keine neue Diskussion in Flensburg mit den altbekannten Argumenten. Der OB schwor deshalb alle Fraktionen auf strengste Geheimhaltung ein. Als erstes bedurfte es nun eines Signals aus Kopenhagen. Als Mittler wurde der dänische Generalkonsul in Flensburg Dr. Henrik Becker-Christensen gewonnen. Er sondierte Anfang 2009 in Flensburg, bei Regierung und Königshaus in Kopenhagen sowie bei der Landesregierung in Kiel. Alles wollte mit Bedacht betrieben sein. Der Plan, die Rückkehr des Löwen anlässlich des Besuchs des dänischen Kronprinzen Frederik am 6. Mai 2009 während des Stadtjubiläums öffentlich zu machen, klappte nicht, denn noch wurde verhandelt. Die Dansk Folkeparti machte die Sache am 26. Mai 2009 über den „Nordschleswiger“ öffentlich. Nun überschlugen sich die Ereignisse. Am gleichen Tag traf nämlich informell aus Kopenhagen die Botschaft ein, die dänische Regierung sei bereit, eine offizielle Anfrage des Flensburger Rates zur Rückkehr des Löwen entgegenzunehmen und dieser auch zu entsprechen.

Alles überschlägt sich…..

Lange dauerte, bis der Löwe endlich in Flensburg ankam
Lange dauerte es, bis der Löwe endlich in Flensburg ankam

Am 6. und 7. Juni 2009 stand das dänische Jahrestreffen im Landesteil Schleswig an. Das war der Tag, um die Rückkehr des Löwen zu verkünden. Am 27. Mai schon entstand eine Beschlussvorlage für den Rat. Besonders in der CDU waren die Vorbehalte groß. Deshalb wurde der Antrag umformuliert, statt von einer Rückkehr auf seinen alten Platz in Flensburg war nur noch von Flensburg die Rede. Bei einer Enthaltung nahm der Rat den Antrag mit 30 Ja und fünf Nein-Stimmen an. Damit war nicht die von Kopenhagen erhoffte Einmütigkeit erreicht. Trotzdem kam dann am 6. Juni die Mitteilung der dänischen Kulturministerin Carina Christensen, der Löwe könne zurückkehren … und: der alte Friedhof sei der Platz für ihn. Am 26. Juni 2009 erfolgte die offizielle Bestätigung aus Kopenhagen.

… alles verzögert sich

Die Position Dänemarks war klar. Der Löwe musste wieder auf den alten Friedhof. Im Laufe der nun beginnenden Detaildiskussion wurde auch klar: die Dänen wünschten keine Neuinterpretation etwa durch einen andersartig gestalteten Sockel. Damit erledigten sich auch die Ideen des Initiators Hans-Werner Jezewski, den Löwen zu einem Antikriegsdenkmal umzugestalten. Die Heimkehr des Löwen war nicht länger Sache der Politik, sondern nun eine der Fachbeamten. Ein deutsch-dänisches Expertengremium war nun am Werk. Bald war klar, die Flensburger Vorschläge für einen neuen Sockel stießen in Kopenhagen auf wenig Gegenliebe. Am Ende verständigten alle sich auf eine weitgehende Rekonstruktion des ursprünglichen Sockels aus schwedischem Granit mit den originalen Platten und Medaillons, die allerdings inhaltlich aktualisiert werden sollten. Am 18. Februar 2010 tagte der Stadtrat erneut. Mit 37 Ja- zu drei Nein-Stimmen beschloss der Rat, den Löwen am alten Platz, mit rekonstruiertem Sockel und aktualisierten Gedenkplatten aufzustellen. Ziel war es nun, dass der Löwe am Tag des offenen Denkmals, am 12.September 2010 neu am alten Standort eingeweiht werden sollte.

Alter Rost gegen neuen Ehrgeiz

Der Zeitplan schien beschlossen. Er kippte mit dem Blick der Experten des dänischen Nationalmuseums durch das Endoskop in das Innere des Löwen. Sie hatten noch viel Arbeit zu verrichten, bevor der Löwe seine vierte Reise antreten konnte. Zwei Probleme wurden ausgemacht. Einmal waren die Eisenbolzen mit denen die Teile des Löwen verschraubt waren, weggerostet. Zum anderen war die ganze Skulptur nicht mehr transportfähig, weil seit den Berliner Zeiten die stabilisierende Grundplatte – die so genannte Plinthe – fehlte. Eine neue Plinthe wurde gegossen, korrodiertes Eisen durch Edelstahl ersetzt, der Löwe gewaschen und neu patiniert. Zu spät, erst knapp einen Monat nach dem Denkmaltag am 5. Oktober 2010, war das alles geschafft. Und noch gab es keinen Sockel.

Dänemark zahlt alles

Die Kosten für die Rückkehr des Löwen Konnten nicht aus der Flensburger Stadtkasse bestritten werden. Angesichts der Schuldenlast der Stadt war dieser Grundsatz Basis für den Beschluss des Rates. Nicht nur der Oberbürgermeister hatte gehofft, Deutschland würde die Sache als nationales Projekt annehmen und zusammen mit dem Land Kosten übernehmen. Beides traf nicht ein. So drohte das gesamte Projekt im Herbst 2010 zu scheitern. Erst im Dezember 2010 konnten die notwendigen 406.000 € finanziert werden. Der Anteil des dänischen Staates und Stiftungen lag bei zusammen 95 Prozent. Blieb die Frage des Materials für den Sockel. Schließlich stellte sich heraus, dass es historisch korrekt allein Granit aus dem schwedischen Uddevalla sein konnte. Bei Odense wurden die Blöcke aus Schweden schließlich zugeschnitten. Zur gleichen Zeit liefen in Flensburg die Vorarbeiten für den Aufbau. Mit Betonkern, Granit und Löwen musste die ganze Konstruktion für ein Endgewicht von 70 Tonnen ausgelegt werden.

Details zum Abschluss

Während die Steinmetze den neuen/alten Sockel schnitten und schliffen, arbeiten auch dänische Handwerker an der Plinthe und den Inschrifttafeln. An den Stirnseiten hatte man sich auf neue Inhalte geeinigt. Dort wo ursprünglich der „Treuen dänischen Kämpfer“ gedacht wurde sollte nun ein Bronzeplatte die Stationen des Löwen verzeichnen. In Blickrichtung des Löwen nach Süden und zur Eider, blieb von der ursprünglichen Platte nur das „Rejst“ also errichtet „1862“. Darunter dann der neue Text: 2011 wieder errichtet als Zeichen von Freundschaft und Vertrauen zwischen Dänen und Deutschen“. Am 15. August 2011 ging der Löwe auf seine vierte Reise – wieder von Kopenhagen nach Flensburg.

Eine familiäre Löwenfeier

Der Löwe heute wieder in Flensburg
Der Löwe heute wieder in Flensburg

Die Hoffnungen der Flensburger, die Rückkehr des Löwen würden auch von der Bundesrepublik als ein nationales deutsch-dänisches Ereignis eingestuft, erfüllten sich nicht. Am Sonnabend den 10. September 2011 wurde das Löwen-Denkmal neu auf dem alten Platz als Feier der Grenzregion eingeweiht. Für Flensburg sprach dessen neuer Oberbürgermeister Simon Faber, Prinz Joachim vertrat das dänische Königshaus. Nach seiner dänisch-deutschen Rede enthüllte er die neue Fronttafel. Alle Redner betonten, der Löwe sei nun ein Symbol der Freundschaft und des Vertrauens zwischen Deutschen und Dänen. Deutsch-dänisch ging die Feier weiter. Seit der Löwe wieder in Flensburg steht, zieht er vor allem auch viele Besucher aus Dänemark an.

Werner Junge (TdM 0513/0721)

Quellen: Lars N. Henningsen/ Broder Schwensen, In Freundschaft und Vertrauen – die Rückkehr des Idstedt Löwen nach Flensburg 2011, Gesellschaft für flensburger Stadtgeschichte und Studieafdelingen ved Dansk Centralbibliotek for Sydslesvig, Flensburg/Flensborg, 2012, ISBN 978-3-925856-68-6; Bjørn Paulsen und Ulrich Schulte-Wülwer (Redaktion), Der Idstedt-Löwe – Ein nationales Denkmal und sein Schicksal, Verlag Poul Kristensen, Herning, 1993, #ISBN 87-7468-381-0

Bildquellen: Museumsberg Flensburg: Vignette, Übermut, Froschlöwe, Transport; Archiv Dansk Centralbibliotek for Sydslesvig: Löwe auf dem Alten Friedhof; Ny Carlsberg Glyptoteket: Wachsmodell; Dieter Nickel: der Löwe heute