Die „Erhebung“ der Schleswig-Holsteinischer 1848 gegen den dänischen Gesamtstaat war Teil des europäischen Revolutionsgeschehens. Zum globalen Ereignis wurde sie vor allem dadurch, dass nach ihrem Scheitern 1851/52 zahlreiche Schleswig-Holsteiner ihre angestammte Heimat aus politischen Gründen verließen oder als Ausgewiesene verlassen mussten und nach Übersee, vor allem in die Vereinigten Staaten auswanderten. Diese Migranten, deren Größenordnung für ganz Deutschland auf drei- bis viertausend Köpfe geschätzt wird, sind in den USA als „Forty-Eighter“ bekannt geworden. Das lag daran, dass die Revolutionen südlich der Elbe noch im Ausbruchsjahr 1848 niedergeschlagen wurden und zum ersten (und großen) Schub politischer Flüchtlinge führte. Sie schlossen sich in ihrer neuen, überseeischen Heimat vielfach in Veteranenvereinen zusammen, die sich revolutionär-demokratischen Traditionen verpflichtet fühlten und sich zugleich karitativ um die Unterstützung kranker oder verarmter Vereinskameraden bemühten.
Zu den Prominentesten unter den Auswanderern aus Schleswig-Holstein nach 1851 zählte der Kieler Rechtsanwalt Theodor Olshausen (*1802-1869†), der Mitglied der Provisorischen Regierung war. Um seiner Verhaftung als ein Haupträdelsführer durch die Behörden des Gesamtstaates zu entgehen, zog er nach St. Louis und dann weiter nach Davenport im US-Staat Iowa. Dort trafen seinerzeit viele Einwanderer aus Deutschland und Schleswig-Holstein zusammen. „Ein Drittel der Bevölkerung in der Stadt und ungefähr die Hälfte auf dem Lande ist deutsch“, erklärte ein Zeitgenosse. „Man meint nicht in Amerika zu sein, denn überall hört man deutsch.“
Mancher dieser vertriebenen Schleswig-Holsteiner machte in den Vereinigten Staaten Karriere. So brachte es der politische Weggefährte Olshausens Friedrich Hedde (*1818-1908†) 1858 zum Parlamentsabgeordneten von Nebraska. Und der schleswig-holsteinische Demokrat Hans R. Claussen (*1804-1894†) wurde 1858 Friedensrichter und 1869 Senator von Iowa. Ihre Beispiele zeigen, dass sie in den Vereinigten Staaten offenbar das fanden, was sie zuvor in Schleswig-Holstein gesucht hatten: eine freie und demokratische Gesellschaft, in die sie sich selbst engagiert einbrachten.
Dies erklärt auch, warum viele von ihnen zwar ihre alte Heimat nochmals besuchten, als sie nach der Annexion 1867 zur preußischen Provinz geworden war, dass sie sich dort aber nur in wenigen Fällen wieder auf Dauer niederließen. Der Unterschied zwischen der ‚Neuen Welt‘ und den politischen Verhältnissen der ‚Alten Welt‘ im kaiserlichen Deutschland wurde von den meisten Rückkehrern als zu groß empfunden. Olshausen kam zwar zurück nach Europa, zog aber zunächst die republikanische Schweiz dem monarchistischen Deutschland vor. Erst kurz vor seinem Tod kehrte er 1868 nach Hamburg und damit in die Nähe der Herzogtümer zurück.
Prof. Dr. Oliver Auge (0423*)
Bildquellen: Einnahme Rendsburgs 25.März 1848/ Olshausen: Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek; Friedrich Hedde aus: Martin Rackwitz Märzrevolution in Kiel, 2011