Das Landesverfassungsgericht in seiner Urbesetzung von 2008: Dr. Klaus Brock, Maren Thomsen, Vizepräsident Hans-Joachim Schmalz, Präsident Dr. Bernhard Flor, Prof. Dr. Erich Samson, Ulrike Hillmann und Prof. Dr. Felix Welti (v.l.n.R.)

Als letztes der 16 Bundesländer bekam Schleswig-Holstein am 1. Mai 2008 sein eigenes Landesverfassungsgericht. Bis dahin waren landesverfassungsrechtliche Streitigkeiten durch das Bundesverfassungsgericht geklärt worden. Das dauerte zum Teil sehr lange. Im Landtag kam der Ruf nach einem eigenen Verfassungsgericht erstmals im Zuge der Barschel-Pfeiffer-Affäre auf und wurde nach 2004 intensiver. Dies vor allem, weil zum Beispiel in Karlsruhe erst Jahre nach der Abstimmung im Landtag über die Zulässigkeit von Volksinitiativen entschieden werden konnte. Vor diesem Hintergrund wurde am 27. Oktober 2007 die Landesverfassung geändert. Das neue LVerfG bekam seinen Sitz in Schleswig. Zum ersten Präsidenten wurde Dr. Bernhard Flor (*1957) vom Landgericht Itzehoe berufen. Seit März 2021 hat Prof. Dr. Christoph Brüning (*1967) von der Christian-Albrechts-Universität dieses Amt inne. 

Inmitten von Grün liegt das Oberverwaltungsgericht in Schleswig hinter dem Prinzenpalais, das seit 2008 auch das Landesverfassungsgericht beherbergt

Zwei wichtige Urteile

Die sieben nebenamtlichen Richter haben vom Gesetzgeber im Vergleich mit anderen Bundesländern einen sehr knapp gehaltenen Aufgabenkatalog. Normenkontrolle, Organstreitigkeiten und Wahlprüfung stehen im Zentrum. Anders als die ebenfalls noch jungen Landesverfassungsgerichte in den neuen Bundesländern ist in Schleswig-Holstein die Individualverfassungsbeschwerde nicht zugelassen. Bisher stand in Schleswig vor allem das Landeswahlgesetz im Mittelpunkt. Als am 27. September 2009 gewählt wurde, sorgten die Überhangmandate der CDU dafür, dass sie zusammen mit der FDP eine Mehrheit der Sitze hatte. Wäre der Überhang komplett durch Ausgleichsmandate aufgefangen worden, hätten jedoch SPD, Grüne, Linke und SSW eine Mehrheit gehabt. Das führte zu einer Verfassungsklage in Schleswig. Das LVerfG entschied, das Wahlgesetz sei zu ändern und eine vorgezogene Neuwahl nötig. Diese fiel auf den 6. Mai 2012 und führte zur „Dänen-Ampel“. Die Junge Union zweifelte darauf den Sonderstatus des Südschleswigschen Wählerverbandes als Partei der dänischen Minderheit und der friesischen Volksgruppe an. Das Landesverfassungsgericht bestätigte jedoch, dass die Befreiung des SSW von der Fünf-Prozent-Klausel rechtens sei und die Minderheitenpartei mitregieren dürfe. 

-rgsh- (0422*) 

Quellen: Birgit Voß-Güntge, PI SH Landesverfassungsgericht – Festveranstaltung zum 10-jährigen Bestehen des SH Landesverfassungsgericht, 2. Mai 2018; Landtagswahl 2012 – Wahlprüfungsbeschwerden wegen Befreiung des SSW von der 5%-KlauselLandtagswahl 2009 – Wahlprüfungsbeschwerden; Landeswahlgesetz – Begrenzung des Sitzausgleichs

Bildquellen: Vignette/Kammer Gerichtssaal: Fotos: Christine Nordmann; Gebäude OVG/LVG Schleswig: Foto: Oberverwaltungsgericht