Seit 1910 suchte die „Kaiserliche Torpedowerkstatt“ in Kiel Friedrichsort nach einem alternativen Standort. Im Zuge des Wettrüstens des Kaiserreiches mit England reichten in der vielbefahrenen Kieler Förde die Schießstände für die seit 1884 genutzten Torpedos nicht mehr aus, auch durch die immer größeren Reichweiten der Unterwasserwaffe. Deshalb wurde von 1911 an ein hölzerner Torpedoschießstand in Eckernförde erbaut. Die Bucht war groß und es gab dort wenig Schiffsverkehr. Am 5. Juni 1913 nahm der neue Schießstand seinen Betrieb auf. Unterbrochen durch kurze Pausen nach den beiden Weltkriegen werden in Eckernförde bis heute Torpedos entwickelt und getestet. Aus dem Schießstand wurde die „Torpedoversuchsanstalt“, inzwischen ist es die „Wehrtechnische Dienststelle 71″ (WTD 71).
Zwei Weltkriege
Mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges begann der Ausbau der Anlage in Eckernförde. Es entstand unter anderem ein Krafthaus mit Dampfmaschinen, auch, um die fortschreitende Elektrifizierung der Torpedos zu ermöglichen. Am Ende des Ersten Weltkrieges wurde die „Kaiserliche Torpedowerkstatt“ in Friedrichsort geschlossen, in Eckernförde öffnete jedoch bereits 1919 wieder die „Torpedoversuchsanstalt“ (TVA). Obwohl den Deutschen durch den Vertrag von Versailles militärische Forschung verboten war, wurden in der TVA nun Torpedos für ausländische Kunden entwickelt (1920 Schweden, 1923 Spanien). Ungeachtet der Auflagen wurde von 1929 an auch wieder an deutschen Torpedos geforscht. Im Rahmen der erneuten Aufrüstung durch die Nationalsozialisten kam es zu einem erheblichen Ausbau der TVA. Schon 1935 folgte auf den hölzernen Schießstand ein Betonbau und es wurden Außenstellen in der Eckernförder Bucht geschaffen. Die Zahl der Mitarbeiter der TVA lag 1939 bei 3.200, stieg bis 1940 auf 6.4000 und hatte zum Ende des Zweiten Weltkrieges 24.000 erreicht, darunter auch viele Zwangsarbeiter. Obwohl die Alliierten die Lage der TVA in der Eckernförder Bucht genau kannten, wurde sie nie bombardiert.
Demontage und Neustart
Die britischen Besatzungstruppen übernahmen nach der Kapitulation 1945 die vollständige Kontrolle über die TVA. Zunächst wurde noch versucht, auf Friedensproduktion umzustellen und es wurden zum Beispiel Pfannen produziert. Auch aufgrund der Wohnraumnot für die Flüchtlinge war die Sprengung der Anlagen hoch umstritten. Trotzdem wurde die TVA zwischen 1948 und 1950 zerstört. Im Zuge der Wiederbewaffnung übernahm dann die Bundeswehr 1957 das Gelände. Der Neuaufbau begann 1962 mit einem neuen Schießstand in Eckernförde, drei Jahre später folgte ein Seesteg vor Schwedeneck. 1969 beschäftigte die TVA wieder 950 Mitarbeiter an zehn Standorten. Im gleichen Jahr wird die „Torpedoversuchsanstalt“ in „Erprobungsstelle 71“ und dann 1987 in „Wehrtechnische Dienststelle 71“ (WTD 71) umbenannt. Heute gibt es noch acht Liegenschaften und 610 Mitarbeiter.
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Quellen: Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt und Ortwin Pelc (Hgg.), Schleswig-Holstein Lexikon, 2. erweiterte und verbesserte Auflage, 2006, Neumünster, Wachholtz-Verlag, ISBN 13: 9-783529-02441-2; Online 100 Jahre GWU Eckernförde, Die Marine, Torpedos und immer mehr Wohnungen; online – Tauchspots-Kiel.de, TVA Eckernförde
Bildquellen: Alle mit freundlicher Genehmigung des Stadtarchivs Eckernförde: Vignette/ 100. Torpedo STAE 0160; Torpedoschiessstand 1913 STAE 1018; TVA-Gelände 1939 STAE 1072