„Alter“ und „neuer Stil“
Im 17. Jahrhundert tauchen für die gleichen Ereignisse oft verschiedene Daten auf. So wird für die Niederlage Christian IV. in Lutter am Barenberg am Harz (Kaiserlicher Krieg) gegen die kaiserlichen Truppen sowohl der 17. als auch der 26. August 1626 genannt. Beide Daten sind richtig. Allerdings ist der frühe Termin nach dem alten Julianischen Kalender, der späte nach dem von 1582 an eingeführten Gregorianischen Kalender angegeben. Man spricht in der historischen Forschung auch von „altem“ und „neuen“ Stil. Da der neue Stil in den protestantischen Gegenden erst nach 1700 übernommen wurde, gibt es besonders für die Zeit des Dreißigjährigen Krieges verschiedene, nämlich katholische (neuer Stil) und protestantische (alter Stil) Daten.
Elf Minuten und 14 Sekunden
Als in den Zeiten Julius Cäsars (*100-44† vor Chr.) in Rom die Grundlage für unseren Kalender gelegt wurde, ging man davon aus, es dauere 365 Tage und sechs Stunden, bis die Sonne wieder die gleiche Stelle auf ihrer scheinbaren Umlaufbahn um die Erde erreicht hat. Um den Überhang von jährlich sechs Stunden auszugleichen, ließ schon der julianische Kalender auf drei „Gemeinjahre“ ein um einen Tag verlängertes „Schaltjahr“ folgen. Doch die Römer hatten sich geringfügig geirrt. Bezogen auf den Äquator ist das tropische Sonnenjahr um elf Minuten, 14 Sekunden kürzer. Ein kleiner Fehler, der sich jedoch in 128 julianischen Jahren auf einen ganzen Tag addiert. Dieser Fehler war längst erkannt, als Papst Gregor XIII. (*1502-1585†) drei Jahre vor seinem Tod per Bulle die Kalenderverbesserung anordnete. Der Übergang erfolgte vom 4. auf den 15.Oktober 1582 in großen Teilen Italiens, in Spanien und Portugal. Erst im folgenden Jahr begannen auch die katholischen Länder in Deutschland umzustellen. 1612 folgte mit den Herzogtum Preußen der erste protestantisch geprägte Staat. Erst jedoch 1700 folgten die übrigen protestantischen Deutschen Teilstaaten sowie Dänemark und Norwegen. Während der „neue Stil“ nun auch in schwedisch Vorpommern galt, stellte das Königreich Schweden erst 1753 um. Zeitgleich folgte Finnland. Als es 1809 zu einem autonomen Großherzogtum innerhalb Russlands wurde, galt für die finnischen Stellen der neue Stil, während russische weiter nach dem altem arbeiteten. So bürgerte es sich ein, jedes Schriftstück doppelt zu datieren. Russland vollzog die Kalenderreform erst nach dem Frieden von Brest-Litowsk März 1918. Deshalb ist die Oktoberrevolution, die nach altem Stil am 24. Oktober 1917 begann, nach neuer Rechnung eigentlich eine Novemberrevolution, die gregorianisch am 6. November begann. Wie in Russland so wurden auch auf dem Balkan erst in den ersten zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts die Kalender umgestellt. Als letztes großes Land folgte 1926 die Türkei.
-ju- (1104 / 0721)
Quelle: Hermann Grotefend, Taschenbuch der Zeitrechnung, 12. verbesserte Auflage, 1982,Hannover, Hahnsche Buchhandlung
Vignette: Detailsausschnitt aus einem mittelalterlichen Kalender