Kogge nach dem Elbinger Siegel von 1350, Rekonstruktion Theodor Macklin
Kogge nach dem Elbinger Siegel von 1350, eine Rekonstruktion von Theodor Macklin

Die Wurzeln der Hanse liegen in den Fahrgemeinschaften der deutschen Kaufleute im Ausland, die spätestens seit dem 12. Jahrhundert in immer größerer Zahl in England, aber auch in den Ostseeraum Handel trieben. Entsprechend bedeutete das Wort ‚Hanse‘ in seinem Ursprung eine ‚Schar‘ von Kaufleuten. Die hansischen Kaufleute begleiteten in der Frühzeit ihre Waren selbst bis an den Bestimmungsort im Ausland. Mit dem Aufkommen der Schriftlichkeit jedoch wurde der Handel zunehmend von den heimischen Kontoren aus gesteuert. Der Kaufmann wurde damit zum Unternehmer. Dadurch änderte sich auch die Struktur der Hanse. War sie anfangs eine Vereinigung der Kaufleute, wurde sie später von den durch die Kaufleuten beherrschten Städten gelenkt. 1161 ist erstmals die Rede von einer Gruppe deutscher Kaufleute in Visby auf Gotland, die eine eigene Organisation, die „Gemeinschaft der Deutschen Kaufleute, Gotland besuchend“ bildete. Diese Gemeinschaft ist die erste greifbare feste Organisation deutscher Kaufleute im Ausland. 1191/92 konnten sie ihre Stellung ausbauen, als sie das Recht erhielten, in Novgorod ein eigenes Kontor zu unterhalten. Aus diesen Anfängen bildete sich langsam eine Organisation heraus, die ab 1282 vor allem von Außenstehenden als ‚Hanse‘ bezeichnet wurde. Die sich langsam entwickelnde Vormachtstellung der niederdeutsch sprechenden Kaufleute im Handel gründete sich im Anfang auf die Koggen, die sich preiswerter als Wikingerschiffe bauen ließen und über mehr Laderaum verfügten. Im Ostseeraum bildete seit der Mitte des 12. Jahrhunderts Lübeck das Zentrum des Handels. Die Stadt entwickelte sich dazu fast natürlich, weil sie an der wichtigsten Fernhandelsroute von Westfalen in die Ostsee lag und zum anderen den Handel mit dem lebenswichtigen Lüneburger Salz regulieren konnte. Die Hanse handelte vor allem mit Rohstoffen aus dem Osten, Wachs, Eisen und Getreide, und Fertig- und Luxuswaren aus dem Westen, vorrangig vor allem mit Tuchen aus Flandern, aber auch mit Reis, Gewürzen und anderen hochwertigen Waren. Sie gründete sich einerseits auf Privilegien im Ausland (z.B. Nowgorod, Bergen, London und Brügge) und funktionierte andererseits durch ein innerhanseatisches Präferenzsystem. Dabei wurden, soweit möglich, Warenkreisläufe organisiert, die der Hanse in mehreren Stufen Gewinne einbrachten. Beispiel dafür ist die Ausfuhr von Lüneburger Salinensalz über Lübeck nach Schonen (bis 1658 dänisch), wo das Salz zur Konservierung von Heringen genutzt wurde, die dann durch die hansischen Kaufleute wieder als begehrtes Lebensmittel in deutsche und flandrische Gebiete importiert wurden. In Flandern wurden für den Gewinn Laken gekauft. Hamburg und vor allem Lübeck, das als „Haupt der Hanse“ eine herausragende Rolle spielte, waren vom 13. bis zum 15. Jahrhundert fest in das Handelsgeflecht eingebunden. Die innerhansischen Angelegenheiten wurden auf Hansetagen verhandelt, die meist in Lübeck abgehalten wurden (letzter Hansetag 1669). Seit dem Ende des 15. Jahrhunderts verlagerte sich der Handelsschwerpunkt Nordeuropas langsam vom Ostsee- in den Nordseeraum. Lübeck versuchte daraufhin, lästige Konkurrenten aus dem Westen vom Handel auszuschließen, Hamburg dagegen orientierte sich verstärkt nach Westen und auf sein Hinterland an der Elbe. In den Herzogtümern war nur Kiel (bis 1518) Mitglied der Hanse. Seine Bedeutung war gering und sank ab dem 14. Jahrhundert weiter. Mit der Verlagerung von Handelswegen und der Konsolidierung der deutschen Territorialherrscher begann der Niedergang der Hanse. Die „Grafenfehde“ von 1533 bis 1536 versuchte Lübeck erfolglos die immer mehr erstarkende  Konkurrenz der Niederländer im Nord-Ostsee-Handel auszuschalten. Der Versuch scheiterte. Mit dem Aufkommen des transatlantischen Handels wurde die Ostsee wirtschaftlich ein Nebenmeer. Hamburg dagegen hatte über die Nordsee direkten Zugang zum Atlantik  und überholte seit der Wende zum 16. Jahrhundert Lübeck als wichtigste Hansestadt.

-ju-, Carsten Jahnke (0601 / 0721)

Quelle: Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt und Ortwin Pelc (Herausgeber), Schleswig-Holstein Lexikon, 2. erweiterte und verbesserte Auflage, 2006, Neumünster, Wachholtz-Verlag, ISBN 13: 9-783529-02441-2

Tipp: „Die Hanse“, Rolf Hamel-Kiesow, 127 Seiten. Paperback, C.H.Beck-Verlag, München, 2000, ISBN 3406447317