Die Schriftstellerin Magarete Boie (*22.10.1880-4.2.1946†) zog 1919 mit ihrer Lebensgefährtin Helene Varges (*1877-1946†) nach Sylt. In weniger als zehn Jahren schuf sie dort das umfangreichste und bis heute bekannteste literarische Erbe für die nordfriesische Insel. Als ihr Hauptwerk gilt der 1925 erschienene historische Roman „Der Sylter Hahn“
Ein unstetes Leben
Magarete Ida Boie entstammt einer Offiziersfamilie aus Westpreußen. Die militärische Laufbahn ihres Vaters führte die Familie in ihrer Jugendzeit durch etliche norddeutsche Garnisonsstädte. In Danzig besuchte Magarete Boie die Handelsschule. Nach dem Abschluss wurde sie dort im Naturwissenschaftlichen Museum angestellt. Während des Ersten Weltkriegs arbeitete sie in der Redaktion des „Lüneburgschen Anzeigers“. Schon früh vereinigte sich ihr Lebensweg mit dem der Malerin Helene Varges. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts arbeiteten und lebten sie zusammen in Emden, auf Juist, in Lüneburg und im Sommer immer wieder auf Helgoland. 1908 waren Helene und Magarete erstmals auf Sylt. Beide faszinierte diese Insel. So zogen sie 1919 gemeinsam nach Westerland.
Neun produktive Jahre auf Sylt
Schon ein Jahr bevor Magarete Boie nach Westerland zog kam 1918 mit dem Roman „Das köstliche Leben“ ein erster Syltroman auf den Markt. Ebenfalls 1921 erschien das Buch „Schwestern“, ein Jahresroman in zwölf Monaten. Der historische Roman „Der Sylter Hahn“ machte sie 1925 endgültig zu „der Syltschriftstellerin“. Der Roman zeichnet das Leben der historischen Gestalt des Sylters Lorens Petersen de Hahn nach. Petersen de Hahn (*1668-1747†) ging als Schiffsjunge zur See, stieg zum erfolgreichen Walfänger auf und beendete als energischer Strandinspektor (fast) die Strandräuberei auf Sylt. Ein Jahr nach dem Sylter Hahn steht im Roman „Moiken Peter Ohm“ im Mittelpunkt, wie Frauen um 1800 auf der Insel lebten. „Die letzten Sylter Riesen“ erschien ein Jahr nachdem Magarete Boie Sylt verlassen hatte. Die Geschichte führt in die Jahre zwischen 1830 und 1850 zurück und bietet Lebensbilder der beiden Freunde Uwe Jens Lornsen (*1793-1838†) und Schwen Hans Jensen (*1795-1855†), Seemann, Bürgermeister von Kiel und Landvogt auf Sylt.
Magarete Boie stützte sich für dieses Buch auf die Aufzeichnungen des Keitumer Lehrers Christian Peter Hansen (*1803-1879†). C.P. Hansen gilt als der bedeutendste Syltchronist. In die Gegenwart kehrte die Schriftstellerin zurück, als sie 1930 ihren Roman „Dammbau“ vorlegte, der sich mit dem Bau des Hindenburgdammes befasste.
Schwaches Herz oder Reiselust?
1928 verlies Magarete Boie Sylt. Eine Version besagt, sie sei wegen ihres Herzleidens weggezogen, und habe ein weniger rauhes Klima gesucht. Allerdings ist von ihr auch von 1941 ein Brief überliefert, in dem sie sich zu ihrer Reiselust bekannte und einer Freundin schrieb, „Nein, ich könnte nicht wie Helene (Varges) immer auf einem Fleck sitzen“. Von Sylt ging es für Magarete Boie nach Thüringen, Oldenburg, Erfurt, für einige Jahre nach Berlin, dann in ihre Vaterstadt Danzig, schließlich nach Budweis. 1946 starb sie mit 66 Jahren an einem Herzinfarkt in Lüneburg. Im selben Jahr starb auf Sylt Helene Varges.
Nicht nur Romane
Magarete Boie hinterließ als Schriftstellerin nicht nur Romane. 1925 verfasste sie einen „Führer von Sylt“. In „Ferientage auf Sylt“ setzte sie sich 1928 mit dem Tier- und Pflanzenleben sowie dem Naturschutz auf der Insel auseinander. Viele ihrer Bücher wurden von Helene Varges illustriert. Sie widersprach der von Zeitgenossen geäußerten Ansicht, Magarete Boies Werke würden einmal zu wissenschaftlichen Quellen der Sylter Geschichte. Helene Varges dagegen meinte, die Werke von Magarete Boie seien keine Chroniken, sondern historische Romane. Sie sei deshalb keine Chronistin von Sylt, sondern „eine Dichterin, die den Gestalten der Sylter Chronisten echtes Leben eingehaucht hat“.
Werner Junge (0622*)
Quelle: Manfred Wedemeyer, Boie Magarete Ida, in: Schleswig-Holsteinisches Biographisches Lexikon, Band 3, S. 45-47, 1974, Neumünster, Wachholtz Verlag; Harry Kunz und Thomas Steensen, Das neue Syltlexikon, Neumünster, 2007, Wachholtz Verlag, ISBN 978-3-529-05518-8
Bildquelle: Portrait Magarete Boie – gemeinfrei