Plan von Friedrichstadt. Kolorierter Kupferstich von G. J. E. Coch.
Plan von Friedrichstadt. Kolorierter Kupferstich von G. J. E. Coch.

Fünf Jahre nachdem der dänische König Christian IV. (*1577/1588-1648†) mit Glückstadt die erste Neugründung einer Stadt in den Herzogtümern in der Neuzeit gewagt hatte, folgte ihm 1621 der Gottorfer Herzog Friedrich III. (*1597/1616-1659†). Auch seine neue Stadt am Zusammenfluss von Eider und Treene sollte Hamburg Konkurrenz machen, um damit die Finanzen seines Herzogtums aufzubessern. Dafür erteilte er niederländischen Glaubensflüchtlingen, den so genannten “Remonstranten”, das Privileg zum Bau einer Stadt. Sie hatten sich wegen ihrer abweichenden Auffassung in der Prädestinationslehre (Vorbestimmtheitslehre) von den niederländischen Calvinisten losgesagt. Die Remonstranten mussten darauf 1619 nach der Synode von Dordrecht ihre Heimat verlassen. Der Herzog warb um die als tüchtige Händler bekannten Niederländer, weil er mit ihrer Hilfe von der lukrativen Spanienfahrt profitieren wollte. Ziel war es, die Getreideüberschüsse der Marschen lohnend zu vermarkten. Auf der Rückreise von der iberischen Halbinsel sollte Salz eingeführt werden.

Die Niederländische Karte

Das Haus Laman-Trip, ein Handwerkerhaus aus der Gründungszeit der Stadt
Das Haus Laman-Trip, ein Handwerkerhaus aus der Gründungszeit der Stadt

Remonstranten siedelten sich in Friedrichstadt (und übrigens auch in Glückstadt) an. Sie bestimmten in der Treenestadt das Geschehen im 17. Jahrhundert. Neben Glaubensflüchtlingen kamen auch Kaufleute aus rein wirtschaftlichen Interessen. Als „Seele des Projekts“ in Friedrichstadt galt der Antwerpener Kaufmann Wilhelm van den Hove (*1568-1647†). Die Niederländer planten die neue Stadt auf dem Reißbrett und bauten sie auch weitgehend auf. Streng rechtwinklig angelegt wurde die neue Stadt durch künstlich angelegte Kanäle, die Burggräben, erschlossen. Das Baumaterial für die ersten Häuser kam aus den Niederlanden, darunter auch die dort üblichen kleinformatigen Ziegel oder bunte Hausmarken für die Giebel. Holländisch wurde zur Amtssprache in der Stadt. Ihre Verfassung orientierte sich wesentlich an den Vorbildern Amsterdam und Leiden. „Neptun begünstigt die Stadt durch die Wogen der Eider, auf deren Rücken vom ganzen Erdkreis die Waren herangeführt und die reichen Früchte des Landes verschifft werden.“ – mit solchen Luftschlössern wurde in den Niederlanden um neue Siedler geworben. Aber es zeigte sich, dass die großen Pläne des jungen Fürsten mit den äußerst bescheidenen Machtmitteln des kleinen Herzogtums nicht zusammenpaßten. Als Wilhelm van den Hove 1634 völlig verarmt in die Niederlande zurückkehrte, war sein Ruin gleichbedeutend mit dem Scheitern der großen Ideen, die an die Neugründung geknüpft worden waren.

Ein Plan scheitert

1847 schuf P. J. du Ferrang diese Ansicht vom Markt
1847 schuf P. J. du Ferrang diese Ansicht vom Markt

Die Hoffnungen des Herzogs erfüllten sich so nicht. Die Spanier erschwerten den Handel durch allerlei Auflagen. Auch wurden wenige Jahre nach der Stadtgründung die Remonstranten wieder in ihrer Heimat geduldet. Der gewünschte weitere Zustrom holländischer Siedler blieb deshalb aus. Der Aufbau Friedrichstadts hatte in einer Phase des Friedens und der “Wohlfahrt” (des Wohlstands) in den Territorien Schleswig-Holstein-Gottorfs begonnen. Der 90-jährige Frieden endete jedoch 1626, als Christian IV. den Norden in den Dreißigjährigen Krieg verwickelte. Sehr zum Ärger des dänischen Königs versuchte der Herzog, neutral zu bleiben und Gottorf vor Kriegsfolgen zu schützen. Das gelang nicht, wie auch der Versuch scheiterte, durch eine Expedition von 1633 bis 1639 Persien als östlichen Handelspartner für Kiel und Friedrichstadt zu erschließen.

Die Toleranzstadt

Die neue Remonstrantenkirche wurde 1854 eingeweiht
Die neue Remonstrantenkirche wurde 1854 eingeweiht

Friedrichstadt blieb so eine Kleinstadt, wenn auch eine besondere. Die religiöse Toleranz, die Herzog Friedrich III. aus wirtschaftlichen Gründen den Niederländern bewiesen hatte, wurde auch auf andere Glaubensgemeinschaften ausgedehnt. So lebten hier neben den Remonstranten zeitweise Lutheraner, Mennoniten, Katholiken, Quäker und Angehörige verschiedener kleiner Gruppen friedlich nebeneinander. Friedrich III. hatte auch versucht, die als hochgebildet und weltgewandt geltenden iberischen Juden, die Sepharden, für Friedrichstadt zu gewinnen. Doch die Spanier verhinderten das. So zogen erst 1675 deutsche Juden, Aschkenasen, in die neben Glückstadt einzige „Toleranzstadt“ in den Herzogtümern. Sie bildeten zeitweise die zweitgrößte Glaubensgemeinschaft.

Der Krieg erreicht die Stadt

Die Lithographie von P.J. du Ferrang: Flucht der Bürger aus dem brennenden Friedrichstadt am Abend des 4. Oktober 1850
Die Lithographie von P.J. du Ferrang: Flucht der Bürger aus dem brennenden Friedrichstadt am Abend des 4. Oktober 1850

Heute erinnern vor allem die neun Treppengiebelhäuser am Markt an die Erbauer der Stadt. Sie haben die fast völlige Zerstörung der Stadt im Oktober 1850 überdauert. Während der Erhebung hatten dänische Truppen Friedrichstadt besetzt. In einer ihrer letzten militärischen Aktionen belagerten die schleswig-holsteinischen Truppen die Stadt vergebens. Durch den intensiven Beschuß gingen zahlreiche Zeugnisse der niederländischen Baukultur verloren, darunter auch das Rathaus und die erste Remonstrantenkirche.

Friedrichstadt heute

Friedrichstadt hat heute knapp 2.600 Einwohner. Die Stadt lebt fast ausschließlich vom Tourismus. Im Zuge der Stadtsanierung wurden in den 1970er und 1980er Jahren viele Gebäude aus der Gründungszeit restauriert. Noch feiern hier Remonstranten, Lutheraner, Mennoniten und dänische Lutheraner regelmäßig Gottesdienst. Remonstranten und Mennoniten bilden heute nur noch sehr kleine Gemeinschaften. Gerade noch jeden Monat hält ein niederländischer Pastor in der Remonstranten-Kirche Gottesdienst, seit Mitte des 19. Jahrhunderts in deutscher Sprache. Aber das Vaterunser wird weiterhin auf niederländisch gebetet. Die katholische Kirche wurde im Jahr 2003 profanisiert. Die ehemalige Synagoge, 1941 zu einem Wohnhaus umgebaut, wird heute als Kulturzentrum und Ausstellungsraum zur Geschichte der jüdischen Gemeinde genutzt.

Christiane Thomsen (0304/0904/0721)

Tipp: Mehr zur Geschichte Friedrichstadts unter www.stadtgeschichte-friedrichstadt.de

Literatur: Nils Claussen, Friedrichstadt, 2.Auflage, Heide, 1993, Boyens; Christiane Thomsen, Friedrichstadt – ein historischer Stadtbegleiter, Heide, 2001, Boyens; Vortrag Professor Thomas Steensen, Klein Holland an der Westküste, Nordfriisk Instituut, Bredstedt/Bräist, am 020404 vor dem Nordstrander Heimatverein

Bildquellen: Stadtarchiv Friedrichstadt, Vignette: Martin Reißmann, Die Wappen der Kreise, Ämter, Städte und Gemeinden in Schleswig-Holstein, Veröffentlichungen des Schleswig-Holsteinischen Landesarchivs, 1997, Schleswig, Husum Druck- & Verlagsgesellschaft, ISBN 3-88042-815-8