Mit der Jahreshauptversammlung am Ende des „Tages der Schleswig-Holsteinischen Geschichte“ am 2. September in Reinbek endet auch die Amtszeit von Dr. Melanie Greinert als Schriftführerin. Nach vier Jahren fordern sie Beruf und Familie. Als Nachfolgerin schlägt der Vorstand die Doktorandin Vivien Specht vor. Sie wurde 1995 in Kiel geboren und ist seit 2021 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Historischen Seminar der Christian-Albrechts-Universität. Wir stellen sie mit einem Interview vor.
Wer in der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte in den Vorstand gewählt wird, muss arbeiten. Wer das Amt der Schriftführung übernimmt, muss richtig viel arbeiten – wurde Vivien Specht gewarnt?
Ja, ich wurde gewarnt, dass da einiges auf mich zu kommt. Ich habe mich trotzdem sehr gefreut über das Angebot und habe auch zugesagt.
Warum ist der „Job“ interessant?
Für mich macht den „Job“ so spannend, dass ich unglaublich tief in die GSHG eintauchen kann. Die GSHG ist die Geschichtsgesellschaft in Schleswig-Holstein. Sie bietet einiges an Veranstaltungen und gestaltet die Forschung zu Schleswig-Holstein mit. Als Schriftführerin kann ich dies alles aktiv mitgestalten.
Stimmt es, dass Vivien Spechts Herz schon seit längerem für das Ehrenamt schlägt?
Als Kind habe ich von ehrenamtlichen Angeboten profitiert und so ist es mir seit meiner Jugend eine Herzensangelegenheit, mich selbst ehrenamtlich zu engagieren, wie beispielsweise im Jugendverband des Schleswig-Holsteinischen Heimatbundes. Diese Freude am ehrenamtlichen Engagement möchte ich jetzt in der Gesellschaft einbringen
Ihr Thema für die Promotion ist die Heide- und Moorkolonisation auf der jütischen Halbinsel im 18. Jahrhundert. Das Projekt war unterm Strich ein Desaster, es ist trotzdem spannend, weil …
….Migration und Moore bis heute aktuelle Themen sind. Die Siedlungsmigranten und -migrantinnen – der Begriff Kolonisation wird heute ja anders gebraucht – wurden damals vom dänischen König angeworben. Sie sollten die als karg und öde angesehenen Moor- und Heideflächen besiedeln. Sie verließen ihre Heimat und kamen in ein Land, dessen Sprache sie nicht verstanden und wo die Böden schlecht waren. Trotz all dieser Probleme haben sie angefangen, die Flächen zu bewirtschaften und sich in Schleswig-Holstein und Dänemark ein neues Leben aufzubauen. Beides ist ihnen so gut geglückt, dass wir uns heute Gedanken machen, wie wir den Urzustand dieser Flächen wieder herstellen – da sagt man ja renaturieren – kann.
Das Scheitern des Siedlungsprojektes und der Beginn des Dänischen Gesamtstaates liegen nur ein paar Jahre auseinander. Vivien Specht interessiert die Gesamtstaatszeit. Heißt das auch, das Sie die regionale Geschichte gerne auch über Schleswig und Holstein hinaus betrachten wollen?
Ja. Von Haus aus bin ich eher in der nordeuropäischen Geschichte zuhause, auch wenn ich gerne meine Fühler bis nach Schleswig-Holstein austrecken, was an meinem Promotionsprojekt zu sehen ist. Denn das Siedlungsgebiet erstreckt sich vom Limfjord in Dänemark bis zu uns nach Rendsburg.
Zur Schriftführung der GSHG gehört einmal eine umfangreiche Routine. Die Gesellschaft ist aber auch im Wandel. Wie soll die Taktik aussehen, um in dem neuen Ehrenamt anzukommen?
Mein Plan ist es, erst einmal den Vorstand kennenzulernen und zuzuhören, wie die Arbeit funktioniert und welche Wünsche da sind. Daneben aber auch mit dem Vorstand gemeinsam denken und – in Tüdelchen – „brainstormen“, wie die GSHG sich weiter entwickeln kann.
Nu‘ wird das etwas dauern und es muss sich auch einiges erst wieder einlaufen, weil ja auch der Vorsitz wechselt. Trotzdem: Fährt Vivien Specht mit Freude nach Reinbek?
Ich freue mich schon sehr auf Reinbek. Zum einen, da das Team um Melanie Greinert, Karen Bruhn und Swantje Piotrowski ein wirklich spannendes und vielfältiges Programm zu einem auch für mich wichtigen Thema „(Un)Sichtbar – Frauen in der Geschichte Schleswig-Holsteins“ auf die Beine gestellt hat. Zum anderen bin ich gespannt, die Mitglieder der GSHG kennenzulernen.
Weil da ja doch einiges dazukommt: Wozu hat Vivien Specht in Zukunft weniger Zeit?
Ich fürchte, statt des einen oder anderen Krimis muss nicht nur eine E-Mail mehr gelesen und auch beantwortet werden.
Die Fragen stellte Werner Junge / Foto: privat