1978 war es fast revolutionär: „Junge Wilde“ taten sich in Kiel zusammen, fest entschlossen, die Forschung in Schleswig-Holstein aus dem Ghetto der reinen politischen Landesgeschichte zu befreien und sich um die Menschen zu kümmern. Es war die Geburtsstunde des „Arbeitskreises für Wirtschafts- und Sozialgeschichte Schleswig-Holsteins“. Bei den „jungen Wilden“ handelte es sich um Dagmar Unverhau, Jürgen Brockstedt, Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt und Ingwer E. Momsen. Ingwer E. Mommsen wurde der erste Sprecher des Arbeitskreises. Er begründete auch die Tradition mit, jedes Jahr zu einer für alle Interessierten offenen Tagung auf den Koppelsberg einzuladen. In diesem Jahr begann sie außergewöhnlich. Zu Beginn verlieh Prof. Dr. Detlev Kraack als aktueller Sprecher Dr. Ingwer E. Momsen die Ehrenmitgliedschaft des Arbeitskreises.

Brägenpusten am Koppelsberg: Frische Luft nach vielen Vorträgen und Diskussionen – Foto: Veronica Jansen

Blick in die historischen Werkstätten

Die anschließende Tagung bot wie in jedem Jahr einen Querschnitt durch die aktuellen Forschungs- und Veröffentlichungsvorhaben. Die 22 Tagungsteilnehmer aus Mitgliedern und Interessierten referierten und diskutierten sodann Vorträge aus vielen Bereichen der norddeutschen Geschichtsforschung, geplante Projekte und interessante Quellenfunde. Themen waren die Landesteilung von 1273, Geistliche auf Fehmarn im Mittelalter, eine Kirchspielchronik aus Steinbek aus dem 17. und 18. Jahrhundert und die geplante Ortschronik der Gemeinde Heist. Weitere Vorträge behandelten eine Heirat in Husum 1816, die Stammbücher Göttinger Studenten im Archiv des Gutes Nehmten, die Herkunft von Seefahrtschülern im 19. Jahrhundert sowie die Selbstzeugnisse der Kolonialsiedlerin Ada Cramer (*1874-1961†) und der Heimatforscherin Helene Höhnk (*1859-1944†). Analysiert und anregend diskutiert wurden der Quellenwert einer Fotopostkarte aus dem Kriegsjahr 1915, der ideologische Hintergrund des Heimatforschers Hans Ferdinand Bubbe, Dorflegenden um Heinrich Himmler in Schleswig-Holstein und auch die Stasi-Tätigkeit des Stralsunder Museumsdirektors Sonnfried Streicher. 

Von der Revolution zur Evolution

Die Revolution der Historiker von 1978 führte zu einer Evolution der Landeshistorie und auch der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte (GSHG). Inzwischen fast 60 thematische „Studien zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte“ wurden bis heute vom Arbeitskreis herausgegeben. Neben der Zeitschrift für Schleswig-Holsteinische Geschichte (ZSHG) gehören sie zu den am häufigsten zitierten Werken zur Geschichte des Landes. Mehr zum Arbeitskreis findet sich unter www.arbeitskreis-geschichte.de

Ortwin Pelc/Werner Junge (241124*) Titelfoto: Ortwin Pelc