Die Baugeschichte
Beim Aufbau von Kiel in den 1230er Jahren ließ Stadtgründer Graf Adolf IV. von Schauenburg (*vor 1205-1261†)auf der in der Förde gelegenen Halbinsel auch eine Schutzburg für den Handelsplatz „tom Kyle“ anlegen. Nach 1502 ließ Herzog Friedrich I. von Holstein-Gottorf (*1471/1533 Herzog/ 1523 König-1533†)diese mittelalterliche Burg niederlegen und durch einen ersten Schlossbau, das „Neue Haus“, ersetzen. Es wurde 1512 vollendet und 1558 bis 1568 durch den prächtigen Renaissancebau Herzog Adolfs ergänzt. Außen durch einen Kranz von zwölf aufwändigen Ziergiebeln und zwei hochragende Treppentürme geprägt, barg das Innere zahlreiche gewölbte Säle und Kabinette sowie die überaus kostbar ausgestattete Schlosskapelle. 1695 bis 97 wird der eingestürzte Friedrichsbau ersetzt. Es entsteht ein äußerlich etwas nüchterner Neubau, der heute falsch als „Rantzaubau“ bezeichnet wird. 1763 beseitigte Ernst Georg Sonnin (*1713-1795†), der Baumeister der Hamburger Michaeliskirche, die inzwischen baufälligen Giebel und ersetzte sie durch ein gewaltiges Mansarddach. Daraus schlugen dann in der Nacht vom 15. auf den 16. März 1838 Flammen hoch in den Himmel. Doch das Schloss wurde hier aufgebaut. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Schloss bei mehreren Bombenangriffen bis auf die Außenmauern zerstört. Nach einem Bombenangriff vom 4.1.1944 brennt es komplett aus.
Wiederaufbau nach 1945
Der Wiederaufbau Kiels als Großstadt wurde durch Stadtbaurat Herbert Jensen (*1900-1968†) geprägt. Er sah für die Altstadt die Erhaltung des mittelalterlichen Stadtgrundrisses und somit auch des Schlossstandortes vor. Der Wiederaufbau des Schlosses sollte zunächst umfangreiche Teile der historischen Mauern mit einbeziehen. Am Ende blieb nur der so genannte Rantzaubau, also der Westflügel der barocken Schlosserweiterung von 1697, übrig. Den bundesweiten Architektenwettbewerb zum Neubau des Schlosses gewannen 1957 die Hamburger Architekten Sprotte und Neve. Sie ließen sich bei ihrer Planung vom historischen Gebäude inspirieren und schufen in den Jahren 1961 bis 1963 einen strengen Backsteinkubus mit knapper Dachzone und angesetztem Turm. Haupthaus und historischer Westflügel wurden durch einen auf Stützen gestellten, mit weißem Marmor verkleideten Riegel verbunden, der die Stelle des alten Südflügels einnimmt.
Politisches Zentrum
Noch auf der alten Burg huldigte am 4. 4.1460 der holsteinische Adel dem dänischen König Christian I. In einer „Tapferen Verbesserung“ präzisierte der König das kurz zuvor ausgestellte Privileg von Ripen. Das neue Schloss des 16. Jahrhunderts wurde überwiegend als Witwensitz, später auch als Verwaltungssitz genutzt. 1665 feierte man dort die Gründung der Christian-Albrechts-Universität. Im Nordischen Krieg verloren die Gottorfer Herzöge den Schleswiger Anteil ihres Herrschaftsgebietes, und Kiel wurde in der Folge anstelle von Schleswig Residenzstadt. 1725 heiratete Herzog Carl Friedrich (*1700-1739†) in Petersburg Anna Petrowna, die älteste Tochter Zar Peters des Großen. Am 26. August 1727 hielt das Herzogspaar unter großem Jubel der Bevölkerung einen glanzvollen Einzug in die Stadt und das Schloss Kiel. Der einzige Sohn aus dieser Ehe, Carl Peter Ulrich (*1728-1762†), wuchs nach dem frühen Tod seiner Eltern in Russland auf und gelangte als Peter III. für kurze Zeit auf den Zarenthron. Seine Ermordung machte den Weg frei für seine Gemahlin, die spätere Zarin Katharina die Große (*1729/1762-1796†). Sie rettete das inzwischen marode Schloss vor dem Verfall.
Gesamtstaat und Preußenzeit
1773 wurde dort der Gottorfer Reststaat an den dänischen König übertragen und damit der dänische Gesamtstaat vollendet. Zu Beginn der schleswig-holsteinischen Erhebung 1848 konstituierte sich im Schloss die Landesversammlung. Ein Jahr nach der Annexion der Herzogtümer Schleswig und Holstein nahm der preußische König dort seine neue Provinz Schleswig-Holstein förmlich in Besitz. Von 1888 bis 1918 hatte Prinz Heinrich von Preußen, der Bruder des letzten deutschen Kaisers, seinen Dienstwohnsitz als Großadmiral und zeitweiliger Chef der Hochseeflotte auf dem Schloss.
„Haus der Landeskultur“
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde eine Idee aus den 1930er Jahren wieder aufgegriffen, das Schloss zu einem „Haus der Landeskultur“ zu machen. Bis zum Frühjahr 2002 waren im Neubau unter anderem die Landesbibliothek und das Landesamt für Denkmalpflege untergebracht. Sie mussten in den umgebauten Sartori & Berger-Speicher an der Förde umziehen. Das Land versucht derzeit, das Schloss zu verkaufen. Sein künftiger Zweck ist umstritten. Nachdem der Plan, dort ein Spielcasino anzusiedeln, fehlgeschlagen war, stand der Hauptbau des Schlosses zur Disposition, um Platz für eine Seniorenresidenz zu schaffen. Auch dieses Projekt ist inzwischen gescheitert. Die Debatte um die Zukunft des Schlosses dauert an. Nach Ansicht der Kritiker ist es schwer zu ertragen, wenn das Schloss nach fast 700 Jahren seine zentrale Funktion für das Land verlieren sollte, nachdem es wie eine beliebige Landesimmobilie verramscht worden ist.
Deert Lafrenz/-ju- (0902 / 0721/ 0722)
Quellen: Deert Lafrenz, Statement Denkmalpflege, in Workshop zum Kieler Schloß, 1/2001; Johannes Habich, Ein geschichtsschwerer Ort, in Wege ins Land, Kulturmagazin der Kieler Nachrichten, 1/2002
Bildquellen: Landesamt für Denkmalpflege