Die Zeit der Frachtsegler dauerte bis in das 20. Jahrhundert. Viele Schiffe strandeten in unmittelbarer Küstennähe. Neben dem aus Blech gefertigtem „Deutschen Normal-Rettungsboot“ setzte die 1865 in Kiel gegründete Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) bald Hosenbojen ein. Mit ihnen konnten über eine zwischen Strand und Schiff gespannte Leine die Havarierten abgeborgen werden. Das funktionierte erst einigermaßen zuverlässig, als die Techniker der DGzRS einen Raketenapparat entwickelt hatten, um die Leine an Bord zu schießen.
Vom Mörser zur Rakete
Die Idee kam – wie vieles im Seenotrettungswesen – aus England. 1807 schon hatte George William Manby (*1765-1854†) die Grundtechnik entwickelt. Sein Apparat schoss die Leine mit einem Mörser im hohen Bogen über das gestrandete Schiff. 1866 wurde ein solches Gerät auf Sylt stationiert. Doch es bewährte sich nicht. Oft riss die Mörsergranate das Seil einfach durch. Deshalb machten sich die Techniker der DGzRS daran, eine Alternative zu entwickeln. Die war schließlich mit dem Raketenapparat gefunden. Er schoss eine Leine auf das Schiff. Dort befestigt wurde eine Hosenboje zum Schiff gezogen. Der darin sitzende Schiffbrüchige konnte dann mit einem Jolltau an Land geholt werden. Der Raketenapparat und die Hosenboje erforderten jedoch Mitarbeit auf dem in Seenot geratenen Schiff. Deshalb verteilte die DGzRS in allen deutschen Häfen Handzettel auf denen das Verfahren erklärt wurde.
Harter Job mit großem Erfolg
Besonders im Winter waren die Raketenapparate wegen der steiffrierenden Leinen und damit auch das Jolltau zum Bewegen der Hosenboje schwer zu handhaben. Auch ließen die zum Teil in der Brandung noch sich heftig bewegenden Schiffe viele Leinen reißen. Trotzdem konnten an deutschen Küsten zwischen 1865 bis 1915 rund 600 Menschen mit Hosenbojen aus Seenot gerettet werden.
-ju- (0202/0515/0721)
Literatur und Quellen: Hans Berber-Credner ,Hrsg. DGzRS „Vom Ruderboot zum Rettungskreuzer – Die Geschichte der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger“, Bremen, 1990; DGzRS, Jahrbuch 2015; Harry Kunz, Thomas Steensen, Das neue Sylt Lexikon, 2. Erweiterte Auflage, 2007, Neumünster, Wachholtz Verlag, ISBN 978-3-529-05518-8; Angaben zu Manby: Wikipedia
Abbildungen: Archiv DGzRS