Mit seiner „kollektivbiografischen Untersuchung der schleswig-holsteinischen Pastorenschaft“ hat Dr. Helge Fabien Hertz Neuland betreten. Der diesjährige Preisträger der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte (GSHG) untersucht erstmals in Deutschland das Verhältnis der Pastoren einer ganzen Landeskirche zum Nationalsozialismus. Ein zusätzliches großes Verdienst hat er sich nach Ansicht des GSHG-Vorsitzenden Prof. Dr. Thomas Steensen mit seinem im Internet für jeden Interessierten zugänglichen Pastoren-Verzeichnis erworben. „Zu hoffen ist, dass sich viele Kirchengemeinden in Schleswig-Holstein dadurch mit ihrer eigenen Vergangenheit befassen. Und vielleicht kann diese wegweisende Studie auch ein Vorbild für andere Landeskirchen in Deutschland sein“ hob der GSHG-Vorsitzender bei der Jahresversammlung im Landesarchiv im Prinzenpalais in Schleswig hervor.
Ein monumentales Werk
Die prämierte Doktorarbeit ist am Historischen Seminar der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel bei seinen „Doktorvätern“, den Professoren Manfred Hanisch und Rainer Hering entstanden. Sie bewerteten diese Arbeit als „opus eximium“. Es ist ein monumentales Werk, drei Bände mit 1778 Seiten. Helge Fabien Hertz hat untersucht, ob die Pastoren Mitglieder in der NSDAP waren oder Ämter in NS-Organisationen bekleideten. Beschlossen sie Briefe mit dem Hitler-Gruß? Nahmen sie an Reichsparteitagen teil? Oder aber gerieten sie in Konflikt mit NS-Organisationen, traten sogar aus ihnen aus? Helge-Fabien Hertz hat 36 solcher Indikatoren festgelegt, mit denen er Aussagen über die „innere Einstellung“ der Pastoren ableiten kann. Nur vier der 729 Pastoren können tatsächlich dem Widerstand zugerechnet werden, und oftmals predigten sie dann vor fast leeren Kirchenbänken.
Brunswiker Stiftung ermöglicht den Preis
Die Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte verleiht seit 2008 jährlich einen Preis, seit 2015 auch einen Nachwuchspreis. Mit diesen Auszeichnungen werden besondere Leistungen in der Erforschung oder Vermittlung der schleswig-holsteinischen Geschichte gewürdigt. Die Preisträgerin oder den Preisträger auszuwählen gehört zu den schönsten Aufgaben in der Vorstandsarbeit. Dass wir diese Preise Jahr für Jahr vergeben können, verdanken wir der Brunswiker Stiftung in Kiel. Sie bewahrt das Vermächtnis des Ehepaars Ernst Georg und Marion Jarchow, das unserer Gesellschaft sehr verbunden war. Für dieses großartige Mäzenatentum ist die GSHG dem Ehepaar Jarchow und der Brunswiker Stiftung, an deren Spitze Herr Klaus Ripken steht, zu großem Dank verpflichtet. Dieser Dank vergrößert sich sogar noch, weil Herr Ripken die Preisgelder von diesem Jahr an deutlich erhöht hat.
Dr. Helge-Fabien Hertz war leider kurzfristig erkrankt und konnte seine Arbeit nicht im Anschluss an die Jahresversammlung der GSHG im Landesarchiv vorstellen. GSHG-Vorsitzender Prof. Dr. Thomas Steensen würdige ihn mit einer ausführlichen Laudatio. Helge Fabien Hertz soll bei der kommenden Vorstandssitzung den erstmals mit 5.000 € dotierten Preis überreicht bekommen.
-ju- (20.09.22/22.09.22*)