Bei der Jahresversammlung der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte (GSHG) am 21. September, 17 Uhr, im Landesarchiv in Schleswig stehen auch Vorstandswahlen an. Einmal schlägt der Vorstand Dr. Maike Manske vor. Die Historikerin betreut in der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek nicht nur die Handschriftensammlung. Dr. Stefan Magnussen von der CAU ist der andere Vorschlag des Vorstandes. Magnussen will sich in Zukunft für die GSHG im Bereich Social Media engagieren. Wir stellen den 1984 geborenen und in Viöl aufgewachsenen zweifachen Vater auf <www.geschichte-s-h.de> vor.

Wer mit Stefan Magnussen redet, muss auch über Burgen reden, über Burgen im Norden. So – in An- und Abführung – „richtige Burgen“ sind ja allgemein nicht bekannt. War der Norden trotzdem ein „Burgenland“?

In jedem Fall, und ich werde auch nicht müde zu betonen, dass es sogar eines ist, dass sich hinter dem Mittelrhein, dem Harz oder Tirol nicht zu verstecken braucht – was natürlich für reichlich schmunzeln sorgt, wenn man so etwas in Tübingen erzählt. Aber man kann ja nicht einmal trockenen Fußes das Land betreten, ohne eine „Burg“ zu passieren: Flensburg im Norden, Hamburg im Süden und auch aus Mecklenburg-Vorpommern kommend betritt man ja erst einmal den Kreis Herzogtum Lauenburg. Schon daran lässt sich erkennen, dass Burgen auch in Schleswig-Holstein eine wichtige Rolle gespielt haben. Dass das „Burgenland Schleswig-Holstein“ über die Jahrhunderte ein wenig aus dem Blick geraten ist, hängt vor allem damit zusammen, dass das allgemeine Bild der Burg vor allem von den prächtigen Höhenburgen des Südens geprägt wurde. Die gibt es hier so natürlich nicht (mehr) – schon Plön gilt hier ja bekanntlich als ‚Höhenburg‘. Hier lagen die Burgen vor allem in Niederungen und in Städten und fielen fast vollständig der Landwirtschaft, dem Städte- und Schlossbau zum Opfer. Aber natürlich waren diese Burgen nicht weniger Burg als die Burgen des Südens und Schleswig-Holstein nicht weniger Burgenland als der Mittelrhein.

Die Frage nach den Burgen kommt natürlich mit etwas Achtersinn, denn nach Studium in Kiel bei Professor Oliver Auge, Promotion 2019 und vier Jahren in Leipzig, ist Stefan Magnussen heute wieder in Kiel Koordinator des Projektes „Burgenland Waterkant“. Erste Frage: Wie kommt man auf das Thema Burgen?

Man hört ja oft von geraden Linien, die von der eigenen Kindheit direkt zur Forscherkarriere geführt haben sollen. Mit solchen Geschichten kann ich aber überhaupt nicht dienen, denn als kleiner Junge aus Nordfriesland ist es mir nie in den Sinn gekommen, dass es hier mal Burgen gab. Dass wir uns in Kiel so intensiv mit den Burgen beschäftigen, ist vor allem das Verdienst eines früheren Kollegen, der das Thema aus seinem Studium in Freiburg mit an die Förde gebracht hat. Er selbst stieg jedoch frühzeitig aus der Wissenschaft aus und konnte es nicht mehr selbst bearbeiten. Da Professor Oliver Auge, der ja selbst am Fuße des Hohenstaufen aufgewachsen ist, die Idee jedoch so gut fand und ich nach dem Studium ein Thema suchte, kam das eine zum anderen: Er hat es mir Ende 2013 zugetragen und seither hat es mich nicht mehr losgelassen!

Zweite Frage: Das deutet etwas darauf hin, dass es bei dem Projekt auch stark um den heute sogenannten „Dritten Bereich“ – also der breiten Vermittlung von historischem Wissen geht – ist das so?

Als Wissenschaftler*in steht man immer vor dem Problem, dass man viel zu Papier bringt, es aber eigentlich kaum jemand liest – das ist leider die traurige Realität. Auch wir haben über die Jahre viel publiziert, sind, was das öffentliche Bewusstsein angeht, aber eigentlich kaum weiter als 2013. Weiterhin erscheint die Vorstellung eines „Burgenlandes Schleswig-Holstein“ den meisten Schleswig-Holsteiner*innen eher absurd. Aus gutem Grund legen Politik und Wissenschaft daher immer mehr Wert auf die sogenannte „dritte Mission“, womit man im Grunde Öffentlichkeitsarbeit meint. Denn was bringt all die öffentlich finanzierte Forschung, wenn deren Ergebnisse in der Öffentlichkeit keine Rolle spielen – es gibt hier ja auch einen gewissen Legitimationsdruck. Mit unserem aus Bundesmitteln finanzierten Projekt „Burgenland Waterkant“ erfüllen wir diesen Auftrag. Gemeinsam mit unseren Partnern, dem Archäologischen Landesamt in Schleswig und dem Museum Turmhügelburg Lütjenburg, entwickeln wir derzeit ein modernes Angebot, das die Burgen des Landes stärker ins Bewusstsein rücken soll. 

Ist das Vermitteln für Sie auch ein Thema, mit dem Sie sich künftig im GSHG Vorstand einbringen wollen wenn Sie am 21. September gewählt werden?

Das wird sicherlich meine Kernaufgabe sein, wobei ich ja nicht die einzige Person im Vorstand sein werde, die schon jetzt in den sozialen Medien aktiv ist. Ich halte den verstärkten Einsatz von sozialen Medien aber auch für eine enorm wichtige Aufgabe, nicht nur für den Verein und die Landesgeschichte, sondern auch gesellschaftlich. Und das sage ich nicht nur, weil ich ja als Jahrgang 84 selbst ein Kind digitaler Plattformen bin. Mit unserem Podcast „Küstory“ haben wir schon einen ersten Schritt in diese Richtung getan und es bereitet uns sehr viel Freude.

Freuen wir uns also darauf, dass die GSHG ihren Modernisierungsprozess fortsetzt. Wenn Stefan Magnussen kein Wissen über das Burgenland vermittelt und nicht auf Äckern nach Resten alter Burgen sucht, was tut er dann?

Er kümmert sich vor allem um seine Kinder und hört zwischendurch auch ein wenig Musik und Podcasts.

Die Fragen stellte Werner Junge (150922*)