Der Glücksburger Propst Philipp Ernst Lüders (*1702-1786†) gilt als der bedeutendste Reformer der Landwirtschaft in den Herzogtümern in der Zeit der Aufklärung. Mit zahlreichen Schriften, praktischen Versuchen und der „Königlich dänischen Ackerakademie“ leitete er einen Umbruch auf dem Land ein, der mit der „Verkoppelung“ das Wirtschaften der Bauern grundlegend veränderte. Lüders setzte sich auch dafür ein, die damals noch exotische Kartoffel zum Volksnahrungsmittel zu machen.
Der „Kartoffelpropst“
Philipp Ernst Lüders stammte aus Freienwill in der Nähe Flensburgs. Der Sohn eines Oberförsters studierte von 1721 bis 1724 in Jena und Wittenberg und ging 1728 als Diakon nach Munkbrarup. Schon zwei Jahre danach wurde er von Herzog Friedrich (siehe: Abgeteilte Herren) von Schleswig-Holstein-Glücksburg-Sonderburg (*1701/1729-1766†) als Hofprediger nach Glücksburg berufen. 1755 wurde Lüders Propst. Ihn interessierte neben dem Predigeramt vor allem der Ackerbau. Seit 1757 veröffentlichte er ständig Aufsätze in Fachzeitschriften und Magazinen. Er ließ Versuchsfelder anlegen, auf denen er Rotklee, Hopfen, Korbweiden und 42.000 Maulbeersträucher setzen ließ. Letztere sollten Nahrung für Seidenraupen liefern. Darüber hinaus setzte er sich für den verstärkten Anbau von Kartoffeln ein. Dem Einsatz von Philipp Ernst Lüders wird es zugeschrieben, dass die Kartoffel im schleswigschen Raum aus den Ziergärten der Fürsten auf die Felder der Bauern kam und damit zum Grundnahrungsmittel aufstieg. Das trug Lüders den Ökelnamen „Kartoffelprobst“ ein.
Die „Königlich Dänische Ackerakademie“
In 52 Flugschriften und Sonderdrucken aus Zeitungen, die Lüders meist kostenlos verteilte, vermittelte er den Bauern die von ihm in Versuchen und durch Beobachtungen gemachten Erfahrungen. Angeregt durch eine französische Abhandlung gründete er 1762 in Glücksburg die „Königlich dänische Ackerakademie“. Sie war keine Akademie im Sinne einer Schule mit Haus und Lehrern, sondern ein loser Zusammenschluss von Bauern, Lehrern und Pastoren. „Wohl dem Staate, in dem die erfolgreichen Ackerschulen blühen“, sagte Lüders. Ihre Aufgabe sollte es sein, Wissen zu vermitteln, um durch gleichmäßiges Pflügen, sorgfältiges Eggen und regelmäßiges Düngen gute Ernten zu erreichen. Die Akademie bestand nur vier Jahre. 1767 ließ der Generalsuperintendent für die Herzogtümer Adam Struensee*) (*1708-1791†) als erklärter Gegner der Aufklärung die „Ackerakademie“ verbieten. Dies auch, weil ihm die Beschäftigung mit der Landwirtschaft für Pastoren als zu „weltlich“ galt.
Kampf gegen Flurzwang und Allmende
Viele Amtsbrüder und vornehmlich sein Schwiegersohn Nikolaus Oest (*1719-1789†) unterstützten die von Lüders geforderten Agrarreformen. Besonders das zersplitterte Eigentum, der Flurzwang und die gemeinsame Nutzung der „gemeinen Weide“ – der Allmende – durch Dörfer, die eine Art Genossenschaft bildeten, sahen die Reformer als Haupthindernisse für eine moderne einträgliche Landwirtschaft. Im „höllischen Joch der Feldgemeinschaft“ erkannten Lüders und seine Mitstreiter den größten Hemmschuh für den Fortschritt. Sie forderten das Eigentum der Bauern in arrondierten Flächen zusammenzulegen, auch Höfe aus den Dörfern in der Mitte des eigenen Landes auszusiedeln. Der Schlüssel zu dieser im heutigen Sinne „Flurbereinigung“ war die „Verkoppelung“, also das Abteilen von Weiden und Äckern, die dann nicht mehr im Wechsel von der Dorfgemeinschaft sondern von einem Bauern genutzt wurden. 1766 legte Nikolaus Oest eine „Oeconomisch-practische Anweisung zur Einfriedigung der Ländereien“ vor. 1770/71 folgten die Herzogtümer und es wurde die „Verkoppelungsverordnung“ verfügt. Mit ihr entstand die für Schleswig-Holstein typische Knicklandschaft. Die von Propst Lüders angeregten Reformen führten zu einem gewaltigen Aufschwung der Landwirtschaft. Lüders gilt als einer der bedeutendsten Agrarreformer des Landes. Sein Porträt hing in vielen Bauernstuben.
*) Adam Struensee war Vater von Johann Friedrich Struensee (*1737-1772†) der als der Leibarzt und Vertrauter des dänischen Königs und aufklärerischer Radikalreformer 1772 hingerichtet wurde
-ju- (0322*)
Quellen: Christian Degn, Schleswig-Holstein eine Landesgeschichte / Historischer Atlas, 2. Auflage 1995, Neumünster, Wachholtz-Verlag, ISBN 3 529 05215 9. S. 164,165; Gustav Weinreich, Philipp Ernst Lüders, in: Schleswig-Holsteinisches Biographisches Lexikon, Band 4, 1976, Neumünster, Wachholtz-Verlag, S. 145 f.
Bildquellen: Vignette/Porträt und Schrift 1776: Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek, Kiel