„Polizei“ bezeichnete während der Frühen Neuzeit zunächst die gesamten Belange der öffentlichen Sicherheit und der inneren Verwaltung. Komplexe Verhaltensregeln, die durch die Obrigkeit erlassen wurden, hießen Polizeiordnungen. Erhalten hat sich das lange in Institutionen wie der Bau- oder der Gewerbepolizei. Erst nach dem Ende der Napoleonischen Kriege und dem Wiener Kongress verengte sich der Begriff auf die mit dem Gewaltmonopol ausgestattete Ordnungsmacht des Staates. Nach 1815 entstanden in Deutschland erste noch durchweg militärisch organisierte Polizeieinheiten. Sie lösten nach und nach das bisher rein örtlich organisierte System der Nachwächter, Gassen- und Armenvögte sowie Büttel ab. In Schleswig-Holstein setzte sich der Begriff Polizei erst sehr spät durch. 1839/51 entstanden in den Herzogtümern militärisch organisierte Gendarmeriekorps. In Lübeck besorgte die Polizeigeschäfte ein Bruchvogt mit bis zu 17 Polizeidienern. In den Landgebieten Lübecks gab es Polizeivögte. Seit 1857 taucht im Gebiet Lübecks die Bezeichnung „Landjäger“ auf.
Gendarmen und Landjäger
Eine grundlegende Neuorganisation erfolgte nach der Annexion Schleswig-Holsteins durch Preußen 1867. Durch das nun geltende Preußische Allgemeine Landrecht von 1794 wurde auch der Begriff „Polizei“ im heutigen Sinne geprägt. Im Paragraph 10 II 17 hieß es: „Die nötigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung, und zur Abwendung der dem Publico, oder einzelnen Mitgliedern derselben bevorstehenden Gefahr zu treffen, ist das Amt der Policey.“ Polizeiaufgaben waren also fortan Sache des Staates. Unterschieden wurde in Landgendarmerie, Schutz- und Kommunalpolizei. Das Corps der Landgendarmerie wurde am 23. 5. 1867 von König Wilhelm I. (*1797/1861König/1871Kaiser-1888†) „verordnet“ und als 9. Gendarmerie-Brigade dem Kriegsministerium unterstellt. Im oldenburgischen Fürstentum Lübeck versahen großherzoglich-oldenburgische Gendarmen den Dienst. Schutzmann konnte damals werden, wer beim Militär gedient, das „Handwerk“ beherrschte sowie Disziplin und Gehorsam kannte.
Polizei nicht länger Militär
Nach dem Ersten Weltkrieg verlor das Kriegsministerium die Zuständigkeit für die Polizei an das Ministerium des Inneren des Staates Preußen. Fast gleichzeitig wurde der Begriff der Landjägerei in den ländlichen Gebieten der gesamten Provinz eingeführt. In den Städten sprach man nun von Schutzpolizei (in Lübeck von Ordnungspolizei). Landjäger und „Schupos“ hatten jeweils eigene Uniformen und Verwaltung. Die Landräte und nachgeordnet die Bürgermeister wurden Polizeichefs. 1936 erhielten die Polizei und die Gendarmerie neue Uniformen mit Hakenkreuzen. Zeitgleich wurde die Polizei dem Reichsinnenministerium unterstellt. 1937 begann im Land der Aufbau einer motorisierten Gendarmerie. In Folge des Groß-Hamburg-Gesetzes wurden im selben Jahr auch die Zuständigkeiten für das Polizeiwesen angepasst. 1945 übernahm die britische Militärregierung die Polizeihoheit. Sie wurde nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland wieder zurück auf Länder übertragen. Am 22. 12. 1952 erfolgte in Schleswig-Holstein die Gründung der Landespolizei. Erstmals wurden alle Polizeidienste – Schutz-, Kriminal-, Wasserschutz-, Bereitschaftspolizei sowie die Polizeischule vom Innenministerium des Landes geleitet. Neben Hunden gehörten seit 1945 Pferde zur Landespolizei. Bis 1957 gab es zwei Reiterstaffeln. Die in Kiel wurde dann aufgelöst und in Lübeck blieb die Reiterstaffel bis 1995. Bei einem Volksbegehren kamen nicht genügend Stimmen zusammen. Heute hat die Polizei Schleswig-Holstein rund 6.500 Beamte.
Wolfgang G.J. Kroker (0701 / 0721)
Quellen: Polizei Schleswig-Holstein ab Heft 3/1988; Gerd Stolz, Geschichte der Polizei in Schleswig-Holstein, Heide 1978; SHLEXWolfgang Kroker, Polizeigeschichte in Schleswig-Holstein. Herausgegeben und bearbeitet von Carsten Fleischhauer und Guntram Turkowski, Heide 2010, ISBN 978-3-8042-1312-8; Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt und Ortwin Pelc (Herausgeber), Schleswig-Holstein Lexikon, 2. erweiterte und verbesserte Auflage, 2006, Neumünster, Wachholtz-Verlag, ISBN 13: 9-783529-02441-2
Vignette: Tschako der Schleswig-Holsteinischen Landespolizei 1955
Bildquellen: Polizei-Museum Nord e.V., Beseler Allee 12, 25548 Kellinghusen