Die Geschichte der Meereskunde in Kiel begann 1697, 32 Jahre nachdem die Christian-Albrechts-Universität gegründet worden war. Der Kieler Professor Samuel Reyher (*1635-1714†) bestimmte den Salzgehalt der Kieler Förde. 1830 entstand eine Schrift über „das Leuchten des Meeres bei Kiel“, 1847 wurde die physikalische Ozeanographie von C.G. Carsten (*1820-1900†) begründet. Aus Kiel kamen bis Ende des 19. Jahrhunderts nur Mosaiksteine des Wissens über die Meere, den Teil des blauen Planeten, der damals noch weitgehend unerforscht war. Der in Schleswig geborene Victor Hensen (*1835 -1924†) leitete eine neue Epoche der Meereskunde ein. Der Mediziner engagierte sich politisch und zog 1867 in den Preußischen Landtag ein.
Das „Plankton“ wird entdeckt
Ein Problem, das ihn bewegte, war der mit den neuen technischen Möglichkeiten der Industrialisierung einsetzende Raubbau an den Fischbeständen. Hensen war zwar nur kurz im preußischen Landtag, doch gelang es ihm 1870, die „Königlich Preußische Kommission zur Erforschung der Meere“ ins Leben zu rufen. Er erkannte die Notwendigkeit, sich damit zu beschäftigen, was Fische fressen, um sich dem Problem wissenschaftlich zu nähern. Deshalb begann er zu untersuchen, was im Wasser schwebte, den damals sogenannten „pelagischen Auftrieb“. Für ihn prägte er 1887 den Begriff „Plankton“ und leitete damit eine neue Ära der Meereskunde ein.
Das Werkzeug der Meereskunde
Zweiter bedeutender „Kieler“ der Pioniere der Ozeanographie war Otto Krümmel (*1854 -1912†). Er widmete sich zahlreichen Einzelproblemen und entwickelte die weitgehend bis heute noch gebräuchlichen Grundwerkzeuge der Meereskunde. 1902 wurde der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) gegründet. Im gleichen Jahr wurde Kiel Sitz des „Laboratoriums für internationale Meereskunde“, dem Vorläufer des heutigen Kieler Instituts für Meereskunde (IfM). Sein Leiter wurde Otto Krümmel. Das erste deutsche Institut für Meereskunde wurde jedoch nach langen Diskussionen 1906 in Berlin gegründet. Mit dem Ersten Weltkrieg kam die Ozeanographie zum Erliegen. Danach dauerte es lange, bis Deutschland wieder in die internationale Forschungsgemeinschaft aufgenommen wurden. So gingen Herrmann Wattenberg (*1901-1944†) und Georg Wüst (*1890-1977†) erst 1925 wieder mit dem Vermessungsschiff „Meteor“ auf große Fahrt.
Das IFM entsteht
1937 schließlich wurde das „Institut für Meereskunde“ (IfM) in Kiel gegründet. Es wurde 1944 bei einem Bombenangriff zerstört. Unter den Opfern war auch Institutsdirektor Wattenberg. Sein Kollege Wüst übernahm von 1946 an den Wiederaufbau. 1968 einigten sich Bund und Land, das IfM gemeinsam zu finanzieren. Im Jahr der Olympiade 1972 bezog das IfM seinen Institutsneubau an der Kieler Förde. Dessen Aquarium und seine Seehundsanlage sind seitdem ein Publikumsmagnet an der „Kiellinie“. 1987 wurde auf dem Kieler Ostufer auf dem Gelände des ehemaligen Seefischmarktes ein zweites Forschungsinstitut gegründet. Beschäftigt sich das IfM mit seinen 250 Mitarbeitern und fünf Forschungsschiffen mit dem Meer und dem Leben darin, so ist es das Ziel von GEOMAR, den Meeresboden und was darunter liegt, zu erforschen. Seit 2001 kooperieren beide Institute und haben im „Zentrum für Angewandte Meereswissenschaften“ (ZAM) eine gemeinsame organisatorische Klammer. Am 1. Januar 2004 wurden beide Institute als „Leibniz-Institut für Meereswissenschaften an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel“ vereinigt. Sie verfügen dann über 375 Mitarbeiter und einen Grundetat von 20 Millionen EURO pro Jahr, der durch Drittmittel in ähnlichem Umfang aufgestockt wird.
-ju- (0602/0403/0721)
Tipp: Mehr zum Institut für Meereskunde und zum Aquarium unter http://www.geomar.de
Quelle: Gerhard Kortum, Boris Culik, IfM; Zeittafel zum 100jährigen Bestehen der Meeresforschung in Kiel; Ina Schmiedebarg, Victor Hensen – Der Vater der Meeresforschung, 11.5.2002, Kieler Nachrichten; Presseinformation des Kultusministeriums SH vom 24.2.2003
Bildquellen: Archiv Institut für Meereskunde, Kiel