Laudator Detlev Kraack, der Preisträger und der GSHG-Vorsitzende Friedrich Rantzau. Foto: Junge

Ein Preis für das Eutiner Stadtbuch

Laudatio von Professor Dr. Detlev Kraack anlässlich der Verleihung des Preises der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte (GSHG) 2024 am 16.November 2024 in der Landesbibliothek Eutin.  Der Preis wird seit 2009 vergeben und ist Dank der großzügigen Unterstützung der Brunswiker Stiftung mit 5.000 € dotiert.

Auch in diesem Jahr hatten die Jurorinnen und Juroren der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte wieder aus einem hochkarätig besetzten Feld von Bewerbungen auszuwählen. Die Wahl fiel auf Dr. Alexander Schwerdtfeger-Klaus. Dass die Kunde über unseren Preis sich inzwischen auch überregional verbreitet hat, werten wir als ein gutes Zeichen dafür, dass dieser Preis damit auch unsere Gesellschaft und ihre Aktivitäten sichtbar in die öffentliche Wahrnehmung trägt.

Prof. Dr. Detlev Kraack hob in seiner Laudatio heraus, dass unter den Wettbewerbsbeiträgen, die zum Teil durchaus bild-, auf jeden Fall aber sprachgewaltig daherkamen, sich die Jury für das bemerkenswerte Buch von Dr. Alexander Schwerdtfeger-Klaus entschieden hat. Es beschäftige sich mit dem älteren Eutiner Stadtbuch. In diesem sind Stadtrechtsprivilegien festgehalten, vor allem aber Rechts-, Finanz- und Immobiliengeschäfte der Jahre 1469 bis1564 dokumentiert. Es handele sich bei der Veröffentlichung um eine mit weitem Horizont angefertigte, der Anlage nach überregional vergleichende Untersuchung aus dem Kernbereich einer im klassischen Sinne regionalhistorisch ausgerichteten Geschichtswissenschaft; sie ist grundsolide gearbeitet und werde gerade durch die beigegebene Edition der insgesamt 494 Einträge des älteren Eutiner Stadtbuches über den Tag hinaus Bestand haben. Sie eröffnet in der Summe tiefe Einblicke in die Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Stadt Eutin, wie sie in dieser Art noch nirgends nachzulesen sind. Dass bei Rechtsgeschäften ab einem bestimmten Zeitpunkt eben nicht mehr nur das gesprochene Wort zählte, sondern all das auch schriftlich festgehalten wurde, was über den Augenblick hinaus Bestand haben sollte, ließ im Spätmittelalter – in Anlehnung an italienische Vorbilder und inspiriert durch geistliche Einrichtungen auch in Mittel- und Nordeuropa – mit den Stadtbüchern ein ganz neues Genre von Schriftlichkeit entstehen. 

Der aus Bad Arolsen im nordhessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg gebürtige Alexander Schwerdtfeger-Klaus, der an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg Geschichte und Soziologie studierte, hat sein Dissertationsprojekt im Rahmen eines Hallenser Forschungsschwerpunktes zur vergleichenden Stadtbuchforschung vorangetrieben. Dass damit im Hintergrund die Namen der uns in Schleswig-Holstein eng verbundenen, vormaligen Kieler Gelehrten Stephan Selzer (Hamburg) und Andreas Ranft (Halle) aufleuchten, sei an dieser Stelle für alle, die um diese Dinge nicht wissen, besonders herausgestrichen. Die Wege auf den kleinen Olymp unserer regionalen Geschichtsforschung, den unsere Prämierung ja in gewisser Weise darstellt, laufen in diesem Fall von Hamburg über Halle und auch den Koppelsberg bei Plön nach Eutin; das sei allen Nachwuchskräften, die heute in die Eutiner Landesbibliothek gekommen sind, noch einmal nachdrücklich ins Stammbuch geschrieben. Aber die, die heute anwesend sind und dem Preisträger die Ehre erweisen, wissen das ja bereits.

Als relativ kleine Residenz- und Landstadt im Einflussbereich des überregionalen hansischen Handels und der bis ins Baltikum ausstrahlenden Lübschen Stadtrechtsfamilie dürfte Eutin durch die vorgelegte Untersuchung ein umso interessanteres Vergleichsbeispiel für die Entwicklung manch anderer Stadt bieten. Dies verdeutlicht sehr schön, welche Rolle Beiträge wie die solide aus den Quellen heraus gearbeitete Dissertation von Dr. Alexander Schwerdtfeger-Klaus spielen, wenn es darum geht, die Forschung konkret voranzutreiben und ihr neue Wege zu weisen. All dies hat die GSHG dazu bewogen, den mit 5.000 € dotierten Preis 2024 an ihn zu vergeben – er hat mit seiner Edition und seinen auf dieser fußenden Forschungen zum älteren Eutiner Stadtbuch ein ebenso profundes wie wichtiges Buch vorgelegt. Wir wünschen uns, dass er, der inzwischen als Warburger Stadtarchivar und Museumsleiter in seine Waldecksche Heimat ins nördliche Hessen zurückgekehrt ist, uns in Schleswig-Holstein auch zukünftig im Blick behält und Eutin, der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte und dem „echten Norden“ verbunden bleibt, schloss Detlev Kraack sein Laudatio.

Die Laudatio von Prof. Dr. Detlev Kraack wurde für www.geschichte-s-h.de gekürzt

 

Detlev Kraack/Werner Junge (161124*) Fotos: Werner Junge

Die Daten zur Arbeit: Alexander Schwerdtfeger-Klaus, Das ältere Eutiner Stadtbuch (1469-1564). Quelle der administrativen Schriftlichkeit, der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte einer  spätmittelalterlichen Kleinstadt, Berlin 2022, Edition und Forschungen (Hallesche Beiträge zur Geschichte des Mittelalters und der frühen Neuzeit 15).