Brav und ohne Studentenmütze: die ersten Abiturienten des Deutschen Gymnasiums in Apenrade 1962
1964 die Ausnahme: Obwohl noch offiziell verboten, sitzen die Studentenmützen frech auf den Köpfen der Abiturienten

Streit um eine dänische Tradition

1959, 14 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, konnte im dänischen Apenrade erneut ein Gymnasium für die Angehörigen der deutschen Minderheit eröffnet werden. Drei Jahre darauf, 1962, erhielten die ersten Schüler ihren Abschluss am Deutschen Gymnasium für Nordschleswig. Natürlich stand die Freude über den bestandenen Abschluss im Vordergrund. Doch es gab in der Deutschen Minderheit Streit um eine dänische Tradition. Die Abgangsschüler hatten ja das dänische Studentenexamen bestanden und wollten nun aus Freude, wie auch die Abiturienten der dänischen Mehrheit, mit der Studentenmütze (Studenterhue) auf dem Kopf feiern. Und fast alle Abgangsschüler des Jahrgangs 1962 hatten die weiße Mütze mit dem Lackschirm schon gekauft. Zu sehen sind die aber auf dem offiziellen Abschlussfoto nicht (siehe oben links). Grund dafür war die Tatsache, dass die Studentenmützen eine dänische Tradition sind, die Mitte des 19. Jahrhunderts entstand. Das Tragen der Mütze sahen deswegen viele Angehörige der deutschen Minderheit als Gefährdung der eigenen, deutschen Identität. Am 22. Juni 1962 griff „Der Nordschleswiger“, unter dem Titel „Sind Mützen Gesinnungsfrage?“, das Thema auf. Der damalige Schulrat Arthur Lessow vertrat in der Zeitung die Meinung, dass die Abgangsschüler damit nach außen hin nur dokumentieren würden, dass sie ein vollgültiges Studentenexamen abgelegt hätten. Obwohl Lessow und Jörgen H. Jensen, Rektor des Gymnasiums, grundsätzlich nichts gegen die Studentenmützen hatten, brachte die Diskussion doch eine Einschränkung mit sich. So wurden die Mützen auf den offiziellen Abschlussfotos der Abiturienten nicht getragen. Dies wurde, bis auf ein paar Ausnahmen 1963/1964, bis Ende der 1970er Jahre so beibehalten. In einer Übergangsphase wurde dann die Mütze zwar nicht auf dem Kopf getragen, aber sie war schon in der Hand oder auf dem Schoss zu sehen.  Ab Mitte der 1980er Jahre wanderte sie dahin, wo die Studenterhue hingehört, nämlich auf die Köpfe der Abiturienten.  Die dänische Tradition wird inzwischen in der deutschen Minderheit in Dänemark als Ergänzung und Bereicherung verstanden.

Inzwischen stolze Selbstverständlichkeit: die Studenterhue für die Abiturienten des Deutschen Gymnasiums im dänischen Apenrade 1993

Hauke Grella (0522*)

Quellen: Der Nordschleswiger, „Sind Mützen Gesinnungsfrage?“, 22. Juni 1962; Archiv Museum Nordschleswig/Deutsches Archiv Nordschleswig

Bildquelle: Deutsches Archiv Nordschleswig