Zum Umbau Deutschlands vom Agrar- zum Industriestaat gehörte auch ein eindrucksvoller Ausbau der Wasserstraßen. Nachdem der Kaiser-Wilhelm-Kanal mit 99 Kilometer Länge 1895 (Nord-Ostsee-Kanal) und der Elbe-Trave-Kanal mit 59 Kilometern (1900) fertiggestellt waren, gab es in Schleswig-Holstein am Wechsel vom 19. auf das 20. Jahrhundert keine auffällige Lücke. Das sah der Kieler Reeder August Sartori (*1838 – 1903†) anders. 1898 begann er für „Elbe-Kiel-Kanal“ zu werben. Er sollte die Fördestadt über eine Distanz von 75 Kilometer mit dem Elbe-Trave-Kanal verbinden. Der erfolgreiche Geschäftsmann, Konsularagent der Vereinigten Staaten, „Geheime Commerzienrath“ und Präsident der Handelskammer, hatte mit dem mehr als ehrgeizigen Projekt das Wohl des Hafens der Stadt Kiel im Auge. Seit Nord- und Ostsee durch den Kanal verbunden waren, stieg Hamburg zum führenden Hafen im Ostseehandel auf. Obwohl Lübeck damit hinter Königsberg vom zweiten auf den dritten Platz zurückfiel, konnte die Hansestadt zwischen 1889 und 1910 ihren Umschlag fast verdoppeln. In derselben Zeit halbierte sich der Anteil Kiels auf nur drei Prozent. Für die Werften und die Marine wurden zwar Material und vor allem Brennstoff geliefert, doch gab es nichts, was die Schiffe wieder mitnehmen konnten. Sartori wollte deshalb über den Kanal „Rückfracht“ an die Förde bringen. Doch gerade in Kiel fand er damit keine Freunde. Sartori setzte deshalb ganz auf Preußen. Mit dessen Geld und über dessen Gebiet sollte der Kanal mit 12 Schleusen, zwei geneigten Ebenen – um jeweils über zehn Meter Gefälle zu überwinden – sowie die Trave durch eine Brücke für den Kanal in 14 Meter Höhe gequert werden. Während die technischen Pläne präzise waren, scheint Sartoris Kanalrechnung heute unglaubwürdig. Mehr als optimistisch rechnete er mit 1,3 Millionen Tonnen Gütern pro Jahr. Die Baukosten addierten sich in der Rechnung des Kieler Reeders nur auf 10,5 Millionen Mark. Damit sollte der Kanalkilometer 189.000 Mark kosten. Doch schon beim technisch weniger aufwendigen Elbe-Trave-Kanal hatten sie bei 340.000 Mark gelegen. Trotz des „Kanalfiebers“ dieser Zeit blieb  die Vision Sartoris so sein persönlicher Traum. Die Unterlagen verschwanden in den Archiven, der Ostseehandel ließ Kiel weiter links liegen.

-ju- (1102/0821)

Quelle: Christel Happach-Kasan, Der Kieler Geheimrat August Sartori und sein Projekt: der Elbe-Kiel-Kanal, 2000, Rendsburg, Mitteilungen des Canalvereins