Der Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes startete nach dem Zweiten Weltkrieg in Flensburg. Eigentlich hatte das Rote Kreuz schon im Deutsch-Französischen Krieg 1870 damit begonnen, systematisch das Schicksal vermisster und gefangener Soldaten zu klären. Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Arbeit des Deutschen Roten Kreuzes immer schwerer. Sie brach am Ende zusammen. Sie scheiterte einerseits daran, dass die notwendigen internationalen Postkontakte von den Nationalsozialisten erschwert oder verboten wurden. Zum anderen war die Sowjetunion 1929 nicht dem internationalen Abkommen zum Austausch der Daten gefallener, vermisster und inhaftierter Soldaten beigetreten.
In dem von Flüchtlingen überfüllten Flensburg ergriffen unmittelbar nach Kriegsende noch im Mai 1945 der Soziologe Professor Helmut Schelsky (*1912- 1984†) und der Mathematiker Dr. Kurt Wagner (*1911-2006†) die Initiative. Beide waren NSDAP-Mitglieder und hatten im Sinne des NS-System gelehrt und geforscht. Die ehemaligen Wehrmachtsoffiziere konnten jedoch Joachim Leusch und zwei Mitarbeiter der ehemaligen „Flüchtlingsleitstelle Kiel“ als Mitstreiter gewinnen und eröffneten in der Großen Straße ein „DRK, Flüchtlingshilfswerk, Ermittlungsdienst, Zentral Suchkartei“ genanntes provisorisches Büro. Die Arbeit begann zuerst auf Zetteln dann mit gestifteten Karteikarten. Vor dem Büro standen die Menschen Schlange, bald wurde aus den großen Internierungsgebieten für die Reste der Wehrmacht auf Fehmarn und Ostholstein sowie Eiderstedt und Norderditmarschen Kartonweise Karten angeliefert. Schelsky und Wagner entschlossen sich das bereits im Ersten Weltkrieg verwendete „Begegnungsverfahren“ anzuwenden. Jeder schrieb auf eine Stammkarte seine persönlichen Daten und wo er sich aufhielt, auf einer Suchkarte wurde dagegen notiert, wer vermisst war. Beide Kartenarten wurden nach Alphabet zusammen sortiert. Gab es über eine Person eine Such- und eine Stammkarte mussten sie sich in der Kartei begegnen. Der Datenbestand wuchs schnell und bald musste der neue Suchdienst in Flensburg in die Papierfabrik Feldmühle umziehen. Täglich konnten hunderte Schicksale geklärt werden, täglich kamen tausende neue Karten dazu. Im September 1945 wurde das Büro aus Flensburg mit dem in Hamburg zusammengelegt. Dort entstand der Zonensuchdienst für die britische Besatzungszone. Im Juni 1945 war für die amerikanische Besatzungszone einen Zonensuchdienst in München entstanden. Beide wurden 1950 im DRK-Suchdienst für die Bundesrepublik zusammengeführt. Schon 1948 hatte der Suchdienst in Hamburg elf Millionen Such- und Stammkarten. Zweieinhalb Millionen Menschen waren schon wieder zusammengeführt, doch warteten noch 3,4 Millionen Anfragen darauf geklärt zu werden.
-ju- (0815/0621)
Mehr zur Geschichte des Suchdienstes unter www.drk-suchdienst.de
Quellen: Kurt W. Böhme, „Gesucht wird … die dramatische Geschichte des Suchdienstes“, München 1965, Süddeutscher Verlag; Dietrich Mohaupt, „DRK-Suchdienst wird 70 Jahre alt: 50 Millionen Schicksale in einer Datei“, 02045, 13:07 h, Deutschlandradio Kultur, Länderreport
Bildquelle: Deutsches Rotes Kreuz