Auf den Tag fünf Jahre nach dem Tod ihres Stifters in San Remo wurden am 10. November 1901 zum ersten Mal die Nobelpreise verliehen. Der schwedische Industrielle und Chemiker Alfred Bernhard Nobel (*1833-1896†) hatte sich zeitlebens nicht öffentlich zu den Gefahren, dem Missbrauch und dem militärischen Nutzen seiner Erfindungen geäußert. Nobel hatte nicht nur an der Elbe im Herzogtum Lauenburg das Dynamit entwickelt, sein „rauchfreies“ Pulver machte erst das Maschinengewehr und damit „moderne“ Kriege möglich. Nobel bot seine Produkte allen Staaten an, er soll geglaubt haben, damit ein Gleichgewicht der Kräfte aufbauen zu können. 20 Jahre korrespondierte er mit der österreichischen Pazifistin Bertha von Suttner (*1843-1914†). Doch während sie in ihrem bekanntesten Buch forderte „Waffen nieder!“, glaubte Nobel, nur eine „unvorstellbar starke Vernichtungswaffe“ könne die Menschen vom Krieg abschrecken. Nobel hinterließ 355 Patente, 90 Fabriken in 20 Ländern und ein Vermögen von 33 Millionen Schwedenkronen. In seinem Testament hatte er am 27.11.1897 bestimmt, das Geld sicher in einer Stiftung anzulegen. Jedes Jahr sollten aus dem Erlös ohne Ansehen der Nation zu gleichen Teilen die besten Leistungen in den Bereichen Physik, Chemie, Medizin, Literatur sowie für den Frieden ausgezeichnet werden. Die Auswahl sollte die Königlich Schwedische Akademie vornehmen, die seinem Vater und ihm 1868 für die Erfindung des Dynamits den „Letterstedt-Preis“ verliehen hatte. Da Nobel sein Testament ohne juristischen Beistand aufgesetzt hatte, waren erst 1900 alle Unstimmigkeiten ausgeräumt. Zehn Nobelpreise gingen bisher an Schleswig-Holsteiner und Lübecker sowie Wissenschaftler, die in Kiel an der Christian-Albrechts-Universität tätig waren.
Theodor Momsen
Der erste Schleswig-Holsteiner und der bisher einzige Historiker, der je den Literaturnobelpreis bekommen hat, war der in Garding geborene Theodor Mommsen (*1817-1903†). Ein Jahr vor seinem Tod erhielt 1902 der inzwischen in Berlin wirkende Mommsen den Nobelpreis für seine „Römische Geschichte“.
Thomas Mann und Günter Grass
Thomas Mann (*1875-1955†) bekam den Literaturnobelpreis 1929 für seine 1901 veröffentlichten „Buddenbrooks“ zuerkannt. Das Prosawerk erzählt die Geschichte einer Kaufmannsfamilie in seiner Heimatstadt Lübeck. Dort wohnt seit 1995 auch Günter Grass (*1927-2015†). Der gebürtige Danziger erhielt den Literaturnobelpreis 1999 vor allem für seine seit 1959 veröffentlichte Danziger Trilogie („Die Blechtrommel“, „Katz und Maus“, „Hundejahre“).
Der Naturwissenschaftler Max Planck
Der einzige in Schleswig-Holtein geborene Naturwissenschaftler, der bisher einen Nobelpreis erhielt, war Max Planck (*1858-1947†). Er gilt als einer der größten Deutschen Gelehrten überhaupt. 1885 bis 1889 lehrte er als außerordentlicher Professor an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Danach ging er nach Berlin, später nach Göttingen. 1918 erhielt er den Nobelpreis für seine Arbeiten zur theoretischen Physik, die vor allem durch seine Quantenlehre ein neues physikalisches Weltbild begründet haben. Fünf weitere Professoren, die den Nobelpreis erhielten, haben auch an der Universität in Kiel geforscht und gelehrt. 1905 erhielt Philipp Lennard (*1862-1947†) den Preis für seine bahnbrechenden Arbeiten über Kathodenstrahlen. Er war von 1898 bis 1903 in Kiel tätig. Durch sein Eintreten für eine „deutsche Physik“ im Gegensatz zu Einsteins „jüdischen“ Lehren in der Zeit des Nationalsozialismus verspielte er seinen internationalen Ruf. Eduard Buchner (*1860-1917†) hatte seine erste Professur in Kiel und bekam 1907 den Nobelpreis für seine Arbeit über die Gärvorgänge im Zucker. 1913 bis 1924 wirkte der Mediziner Otto Meyerhof (*1884-1951†) in Kiel. Er gilt als einer der Pioniere der Biochemie und wurde 1922 mit dem Nobelpreis geehrt. Meyerhof musste 1938 aus Berlin emigrieren und starb in den USA. Der gebürtige Hamburger Otto Diels (*1876-1954†) war von 1916 bis zu seiner Emeritierung 1945 Professor und Direktor des Chemischen Institutes in Kiel. Er entwickelte Verfahren für komplizierte chemische Synthesen, die nach ihm als „Dielssynthese“ genannt werden. 1950 wurde er zusammen mit seinem Schüler und späteren Professorenkollegen Kurt Alder (*1902-1958†) mit dem Nobelpreis geehrt. Alder war von 1934 bis 1936 Professor an der Kieler Universität, bevor er Forschungsleiter der I.G. Farben wurde.
Friedensnobelpreis für Willy Brandt
Neben Thomas Mann ist Willy Brandt (*1913-1992†) der zweite gebürtige Lübecker, der einen Nobelpreis erhielt. 1971 wurde ihm als Bundeskanzler für seine Verdienste um die Entspannung zwischen Ost und West der Friedensnobelpreis verliehen.
-ju- (1102/1202/0721)
Quellen: Munzinger; Areion Online; SH Journal, Schleswig-Holstein 50 Jahre Land, Kiel, 1996, i.de Stampe, ISBN 3-98044765-0-2; Pressearchiv NDR; Jörg Schumacher, Geschichtliche Entwicklung der Explosivstoffe, Ochtrup
Bildquellen: Vignette: Büste Alfred Nobel, Archiv Karl Gruber, Geesthacht; Mommsen: Schiller Nationalmuseum/Deutsches Literaturarchiv, Marbach; Max Planck: Archiv zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft, Berlin-Dahlem; Thomas Mann: Heinrich-und-Thomas-Mann-Zentrum, Lübeck; Willy Brandt: Willy-Brandt-Archiv der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn;