1899 entstand mit dem in der Nordhusumer Straße wiedererrichteten Ostenfelder Bauernhaus das erste Freilichtmuseum in Deutschland. Der Husumer Gymnasiallehrer Magnus Peter Voß (*1856-1905†) hatte das niederdeutsche Fachhallenhaus der Ostenfelder Familie Heldt in letzter Sekunde gerettet. Das stolze Bauernhaus aus dem 17. Jahrhundert war schon fast an ein dänisches Freilichtmuseum verkauft.
Ein stolzes Haus …
Um 1650 ließ Peter Heldt in Ostenfeld bei Husum das Haus erbauen. Als niederdeutsches Hallenhaus wird es von der „Grootdör“ im Giebel erschlossen. Von dort tritt man auf den gestampften Lehmboden der Dreschdiele. An beiden Seiten liegen geteilt durch die Ständer des Daches die Ställe am Ende in der Mitte um den offenen Herd der gepflasterte Wohn- und Wirtschaftsbereich dahinter offene Wohnabseiten mit Wandbetten (Alkoven). Die Bereiche waren nicht voneinander getrennt, weil damit gegenseitig die Wärme genutzt werden konnte. Die Familie Heldt war wohlhabend, weil die Ostenfelder Geest mit Ackerland, Weide, Wiese, Moor und Wald vielseitig landwirtschaftlich zu nutzen war. 1670 wurde ein Alterteil und ein Pesel (also „eine gute Stube“) angebaut. 1789 entstand schließlich die mit reichen Schnitzarbeiten und Fliesen ausgestattete Döns. An dem Haus lässt sich noch heute die Entwicklung des bäuerlichen Lebens auf der nordfriesischen Geest bis in das 19. Jahrhundert nachvollziehen.
… weckt Begehrlichkeiten
Als das Heldt’sche Haus in Ostenfeld 1898 zum Verkauf stand, reisten im Februar der Direktor des im Jahr zuvor gegründeten Frilandmuseet bei Kopenhagen, Bernhard Ohlsen (*1836-1922†), zusammen mit dem Architekten und bedeutenden Kunstsammler Jacob Vilhelm Frohne (*1832-1909†) an. Sie wollten das Ständerwerk des Heldt’schen Hauses kaufen und boten dafür 2.500 Mark. Das war den Eigentümern zu wenig. Sie forderten 3.000 Mark. In dieser Situation alarmierte Magnus Peter Voß den Landrat des Kreises Husum Friedrich W. Nasse (*1859-1920†) und den Bürgermeister von Husum Adolf Menge (*1856-1917†). Gemeinsam gelang es und Voß schrieb 1899 in den „Schleswiger Nachrichten“ allen Beteiligten „ist es zu danken, daß dies althertümliche und interessante Bauwerk für
unsere Provinz und unser Vaterland gerettet ist.“ Die Kommission für Kunst, Wissenschaft und Denkmalpflege der Provinz Schleswig-Holstein steuerte 2.760 Mark bei, Kreis und Stadt garantierten jeweils bis zu 4.000 Mark für den Kauf und die Umsetzung des Hauses. 1902 berichtete Voß, es sei gelungen, für das drei Jahre zuvor von ihm errichtete „Freilichtmuseum Ostenfelder Haus in Husum“ durch den Erwerb des Abendmahlschrankes der Geschwister Lorenzen auf Rott zu bereichern. Dieser 1642 in Husum von Behrend Cornelissen gefertigte Schrank, ein sogenannter „Schenkschiven“, ist etwas Besonderes. Im Kirchspiel Ostenfeld soll es von diesen Prachtmöbeln einst 70 bis 80 Stück gegeben haben.
Feuer in der Nordhusumer Straße
Am Abend des 17. August 1986 brannte das Ostenfelder Bauernhaus fast komplett nieder. Zum Glück war das Haus leer, weil das Inventar für Baumaßnahmen ausgelagert war. Es wurde diskutiert, die Ruine abzuräumen. Dr. Klaus Petersen (*1922-2013†), erster Landrat des neugeschaffenen Kreises Nordfriesland, war strikt dagegen. Er setzte sich durch, das Haus wurde wieder aufgebaut. In Husum wurde Ende der 1990er Jahre diskutiert, ob ein großes Bauernhaus nicht besser am Rande als in der Mitte einer Stadt stünde. Der nochmalige Umzug des ältesten deutschen Freilichtmuseums wurde jedoch vom damaligen Landesdenkmalpfleger Dr. Michael Paarmann abgelehnt. Das Haus wird seit 1997 vom Museumsverbund Nordfriesland als Freilichtmuseum geführt. 2013 und 2015 wurden die Fachwerkmauern und das Reetdach aufwendig saniert.
-ju- (0224)
Quellen: Werner Stiebeling, Magnus Voß und seine Zeit in Husum, 2006, Husum, Schriften des Nordfriesischen Museums Nissenhaus Nr. 66; Harry Kunz, Erinnerungsorte in Nordfriesland, S.144-145; 2009, Bredstedt/Braist, Verlag Nordfriisk Instituut, ISBN 978-3-88007-355-5; https://www.museumsverbund-nordfriesland.de/ostenfelder-bauernhaus/de/historie.php
Bildnachweise: Vignette/Titel, Döns, Porträt: Museumsverbund Nordfriesland